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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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schrille Schmerzensschreie aus, daß es im ganzen Palast zu hören war. Tränen<br />

überströmten ihr Gesicht und durchtränkten ihre Kleider. Rasch sollte der<br />

Vorfall den Ärzten gemeldet werden, die sich noch im Quartier Tirants<br />

befanden. Ein Ritter, der dort eintraf, flüsterte verhohlen <strong>einem</strong> der<br />

Heilkünstler zu:<br />

»Beeilt Euch, ihr Herren, denn die gnädige Prinzessin ist derart dran, daß ihr<br />

euch sehr sputen müßt, wenn ihr sie noch lebend vorfinden wollt!«<br />

Die Ärzte verließen den Abendtisch Tirants und begaben sich hastigen<br />

Schrittes <strong>zur</strong> Kammer der Prinzessin. Das empfindsame Herz des Bretonen<br />

erahnte schnell, daß der Prinzessin etwas zugestoßen sein müsse, <strong>nach</strong> den<br />

lauten Jammerschreien von Männern und Frauen zu schließen, die von<br />

überallher zu hören waren. Er war fest davon überzeugt, daß Schlimmes ihr<br />

widerfahren sei.<br />

Angeschlagen, wie er war, richtete er sich eilig auf, humpelte überstürzt<br />

hinüber zum Gemach der Prinzessin und fand sie dort vor als<br />

Wiedererwachte, in ihrem Bette liegend. Und er erfuhr, wie sehr sich die<br />

Ärzte unter Aufbietung all ihrer Kunst darum bemüht hatten, sie ins Leben<br />

<strong>zur</strong>ück<strong>zur</strong>ufen. Als der Kaiser sah, daß seine Tochter wieder heil und ganz<br />

bei Sinnen war, zog er sich mit der Kaiserin in seinen eigenen Wohnbereich<br />

<strong>zur</strong>ück, und die Ärzte begleiteten ihn, weil sie gewahrten, wie sehr ihn die<br />

Angst um seine Tochter mitgenommen hatte. Und Tirant, der wie ein<br />

Verzweifelter hereingestürzt war und nun die Prinzessin im Bette liegen sah,<br />

näherte sich ihr mit tief verstörtem Gesicht und sprach sie an mit scheuer,<br />

zögernder Stimme.<br />

KAPITEL CLXXIV<br />

Wie Tirant die Prinzessin<br />

<strong>nach</strong> der Ursache ihres Unwohlseins fragte<br />

och nie hat mich etwas mehr geschmerzt als das Leid, das meine<br />

unglückliche Person verspürte und noch immer verspürt bei dem<br />

Gedanken, ich hätte das höchste Gut verloren, das es für mich<br />

auf Erden geben kann und das dereinst zu besitzen meine feste<br />

Hoffnung ist. Und ich kann es kaum erwarten zu erfahren, welche<br />

Widrigkeit es war, die Eurem erlauchten Wesen so viel Qual bereitete. Wenn<br />

dieses Übel zu den Waffen greifen könnte – ich würde, das schwöre ich bei<br />

der Taufe, die ich empfangen habe, mich mit ihm schlagen und es mit einer<br />

solchen Züchtigung strafen, daß es nie wieder wagen würde, Eurer Majestät<br />

ein Weh anzutun. Die unermeßliche Güte Gottes hat Mitleid und Erbarmen<br />

mit mir gehabt und mein begründetes Flehen erhört, obwohl ich ein großer<br />

Sünder bin. Er hat angesichts der Drangsale, die mein Leben beschweren, es<br />

gewährt, daß Ihr der Lohn meines Sieges sein sollt; denn schlimmer als der<br />

Tod ist mir das Leben, wenn ich sehe, daß Eure Hoheit an jenen Punkt<br />

gelangt ist, wo ich Euch eben noch wähnte. Ich hörte Schreie und wußte<br />

nicht, warum mir so traurig zumute wurde, und plötzlich dachte ich an Eure<br />

Majestät; aber ich sagte mir: ›Wenn ihr etwas fehlt, wird sie jemanden schikken<br />

und es mich wissen lassen.‹ Ich blieb jedoch angewiesen auf die Ahnung, die<br />

mich überfallen hatte, auf das unheimliche Gefühl, daß Eurer Durchlaucht ein<br />

Unheil widerfahren sei. Und mir wird klar, daß Eure Hoheit mich im Stich<br />

gelassen hat. Sollte dies jemals wirklich geschehen, so bitte ich die<br />

unermeßliche Güte Jesu Christi, mich dies nicht erleben, mich lieber vorher<br />

sterben zu lassen, damit es mir erspart bleibt, an mir selbst eine Untat zu<br />

begehen, die Leib und Seele ins Verderben stürzt. Die Tatsache, daß Eure<br />

Durchlaucht sich in so beängstigendem Zustand befindet, verwehrt es meinen<br />

Augen, die Seligkeit zu empfinden, die der Anblick Eurer Person für mich<br />

bedeutet. Auf dieses Glück aber habe ich ein Anrecht; und ich werde nicht<br />

eher mich jemals wieder meines Lebens freuen können, bevor ich nicht sicher<br />

bin, daß es darüber keinen Zweifel gibt.«<br />

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