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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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will, so werde ich ihm den verschaffen. Er besitzt das Königreich zu Unrecht<br />

und regiert es als Usurpator, als Tyrann. Die Krone Siziliens gebührt nämlich<br />

dem Herzog von Messina; denn k<strong>einem</strong> Bastard darf jemals die Berechtigung<br />

oder Ermächtigung erteilt werden, über irgendein Königreich zu herrschen.<br />

Das lehrt die Heilige Schrift, indem sie sagt: Jeder wild entsprossene, aus der<br />

Art geschlagene Baum, muß als unnützer Sproß abgehauen und ins Feuer<br />

geworfen werden. «<br />

Als die Schergen derartige Worte aus dem Mund des Philosophen<br />

vernahmen, eilten sie zum König, um es ihm zu melden. Auf diese Nachricht<br />

hin sagte der König:<br />

»Um mich nicht unnötig auf<strong>zur</strong>egen, will ich der Sache <strong>nach</strong>gehen. Es ist ja<br />

schon dunkel – bringt ihn mir also heimlich her.« Als dann der Philosoph<br />

dem König gegenüberstand, in <strong>einem</strong> Nebengemach, wo kein Dritter Zutritt<br />

hatte, fragte ihn der König, ob es wahr sei, was einer der Schergen ihm<br />

berichtet habe. Und mit ungerührter Miene antwortete der Philosoph ihm<br />

kühn:<br />

»Herr, jedes Wort von mir, das Euch berichtet wurde, ist gewißlich wahr.«<br />

»Aber sag«, fragte der König, »wie kommst du zu der Behauptung, daß ich<br />

kein Sohn von König Robert sei?«<br />

»Herr«, antwortete der Philosoph, »die Logik der Naturgesetze reicht aus, um<br />

einen hinterm Stammbaum stehenden Esel zu erkennen. Dieser Logik<br />

entsprechen auch die Schlußfolgerungen, die ich aus verschiedenen<br />

Beobachtungen gezogen habe. Ich will Euch den Verlauf meiner<br />

Überlegungen erläutern. Als ich Eurer Hoheit die Herkunft der Hängeohren<br />

jenes Pferdes erklärte, weil an Eurem Hof kein Mensch zu finden war, der<br />

die dazu erforderlichen Kenntnisse oder auch nur die nötige Verstandeskraft<br />

besaß, da habt Ihr mir die Gnade einer Brotzulage von <strong>einem</strong> Viertelpfund<br />

gewährt. Da<strong>nach</strong>, Herr, kam die Geschichte mit dem rosaroten Rubin. Ich<br />

verpfändete mein Leben und das bißchen Geld, das ich besitze; her<strong>nach</strong><br />

schenkte ich Euch den Rubin, der Rechtens mir zustand; und ich tat dies,<br />

obwohl mir bewußt war, daß Ihr eine gewaltige Menge Geldes eingebüßt<br />

hättet, wenn ich nicht gewesen wäre. Jeder dieser beiden Fälle hätte Euch<br />

dazu bewegen müssen, mich aus der<br />

Haft zu entlassen und mir irgendeine Dankesgabe zu schenken. Aber ich<br />

habe von Euch nichts weiter bekommen als eine Brotzulage. Dadurch kam<br />

ich zwangsläufig, mit ganz natürlicher Logik, zu der Feststellung, daß Eure<br />

Hoheit der Sproß eines Bäckers ist –und nicht ein Sohn jenes ruhmreichen,<br />

ewig denkwürdigen Königs Robert.«<br />

»Wenn du hierbleiben und in meinen Dienst treten willst«, sagte der König,<br />

»werde ich meine üble Niedrigkeit überwinden und dich zu m<strong>einem</strong> Ratgeber<br />

machen. Trotz alledem aber möchte ich noch Genaueres über meine wahre<br />

Herkunft in Erfahrung bringen.«<br />

»Herr, verzichtet darauf, sagte der Philosoph. »Fragt nicht weiter, denn<br />

manchmal haben die Wände Ohren. Laßt keinen Menschen etwas davon<br />

hören. Nicht zu Unrecht sagt man ja in Kalabrien: Viel Reden tut selten gut,<br />

und viel Kratzen kostet Blut.«<br />

Trotzdem ließ der beschämte König, ohne jede bängliche Rücksicht auf die<br />

Gefahr, die daraus für ihn erwachsen konnte, seine Mutter kommen; und mit<br />

Bitten und Drohungen nötigte er sie dazu, ihm die Wahrheit zu sagen.<br />

Schließlich gestand sie, daß sie dem Gelüst des Bäckers in der Stadt Reggio<br />

<strong>nach</strong>gegeben habe und ihm zu Willen gewesen sei.<br />

Sobald der Philosoph wieder auf freiem Fuß war, ließ die Infantin ihn zu sich<br />

kommen, um mit ihm zu reden. Sie fragte ihn, was für eine Meinung er von<br />

Philipp habe.<br />

»Es wäre mir lieb«, sagte der Philosoph, »wenn ich Philipp sehen könnte,<br />

bevor ich Eurer Hoheit irgend etwas über ihn sage.« »Er wird gleich hier<br />

sein«, sagte die Infantin.<br />

Sogleich schickte sie dem Prinzen einen Boten, der ihn unter dem Vorwand,<br />

sie wolle mit ihm tanzen, herlocken sollte.<br />

»Und Ihr achtet genau auf sein Benehmen und seine Wesensart.« Nachdem<br />

der Philosoph den Jüngling, der nicht lange auf sich warten ließ, eine ganze<br />

Weile beobachtet hatte, sagte er zu der Infantin, die ihren Tänzer wieder<br />

abzuschieben verstand:<br />

»Wertes Fräulein, dem Galan, den Eure Hoheit mir vorgeführt hat, steht es<br />

auf der Stirn geschrieben, daß er ein sehr unwissender und kleinlicher,<br />

knauseriger Mensch ist. Er wird Euch gewiß viel Kummer bereiten. Man sieht<br />

es ihm zwar an, daß er ein mutiger Mensch<br />

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