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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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Abendessen ihrer harrte, das auf kaiserliche Weisung für sie zubereitet<br />

worden war.<br />

Kaum hatten die beiden Herren sich entfernt, da sagte der Kaiser zu allen,<br />

die um ihn waren:<br />

»Habt ihr jemals gehört oder in irgendeiner Chronik gelesen, daß <strong>einem</strong><br />

Feldherrn, der im Dienst eines fremden Herrn stand, von seinen<br />

Verwandten oder Freunden Hilfstruppen gesandt worden wären? Das ist<br />

doch ein höchst erstaunlicher Vorgang, und ich schulde Tirant großen Dank<br />

dafür, daß nun zehntausend Mann, die ich nicht zu besolden habe, mir<br />

dienen wollen, ihm zuliebe. Ich meine die eben angekommenen sowie die<br />

Streiter, die der Großmeister von Rhodos geschickt hat. Die Erfahrung solch<br />

ungewöhnlicher Freundschaftsbeweise hat mich zu dem Entschluß gebracht,<br />

selbst zum Feldlager zu reisen, um dort den Herzog von Makedonien und<br />

Tirant miteinander zu versöhnen; sonst könnte es eines Tages passieren, daß<br />

sie einander totschlagen. Da sie schon zweimal hart aneinandergeraten sind,<br />

empfiehlt es sich, einen dritten Zwist zu verhüten. Wäre ich noch imstand,<br />

eigenhändig mit dem Makedonier ab<strong>zur</strong>echnen, könnte er freilich sicher sein,<br />

daß ich ihm den Kopf vor die Füße lege.«<br />

Dann befahl der Kaiser all seinen Dienstleuten, sich reisefertig zu machen.<br />

»Wie, Herr?« fragte die Kaiserin. »Mit so wenigen Leuten wollt Ihr<br />

losziehen?«<br />

Der Kaiser antwortete:<br />

»Jene Barone aus Sizilien sind ja nun hier, und die werden mich begleiten. «<br />

In aller Eile machte sich also die gesamte Mannschaft der Kaisergarde bereit<br />

zum Aufbruch.<br />

In der folgenden Nacht, als die Prinzessin schlafend in ihrem Bett lag,<br />

näherte sich Stephania der Schlummernden, weckte sie und sagte:<br />

»Herrin, mir war auf einmal, als stünde Diafebus leibhaftig mir vor Augen<br />

und sagte zu mir: ›Stephania, mein Leben, welch unschätzbares Geschenk ist<br />

Euer Kommen für Tirant und mich! Denn allein aus Eurem erquickenden<br />

Anblick erwächst uns die Kraft, an unseren<br />

622<br />

Sieg in der Türkenschlacht zu glauben.‹ Darum, Herrin, bin ich, sobald ich<br />

erwachte, hierher gekommen, um Eurer Hoheit zu sagen, daß wir, falls Ihr<br />

wollt, binnen kurzem unsere innigsten Wünsche befriedigen und erleichtert<br />

seufzen könnten: ›Die Trennung hat nun ein Ende, es trösten des Liebsten<br />

Hände.‹ Unsere Freunde würden, wenn wir ihnen <strong>nach</strong>folgen wollten, jetzt,<br />

wo es ihnen verwehrt ist, zu uns zu kommen, auf diese Weise endlich<br />

handgreiflich erfahren, wie sehr wir sie lieben.«<br />

Die Prinzessin sagte:<br />

»Gib mir mein Hemd und spar dir deine Worte.«<br />

Schon <strong>nach</strong> wenigen Augenblicken war sie angekleidet und frisiert.<br />

Ungesäumt ging sie ins Schlafgemach des Kaisers, der sich noch nicht<br />

erhoben hatte, und sagte zu ihm:<br />

»Herr, Furcht überkommt die Mädchen, wenn sie bloß das Wort Krieg hören,<br />

und noch mehr, wenn von Schlachten die Rede ist. Aber ich bitte Euch,<br />

verweigert mir deshalb nicht eine Gunst, um die ich Euch anflehe – eine<br />

Gunst, die mir aus zweierlei Gründen bewilligt werden müßte. Der erste ist,<br />

daß Eure Majestät nirgendwohin gehen sollte ohne mich, eingedenk Eures<br />

Alters und der Tatsache, daß es niemanden gibt, der soviel Liebe für Euch<br />

hegt und, falls Eure Majestät erkrankt, Euch so behilflich sein könnte,<br />

getreulich wachend neben Eurem Kopfkissen; denn kein Mensch kennt<br />

Euren Zustand und Eure Eigenheiten so gut wie ich. Der zweite Grund aber<br />

ist, daß gemeinhin, <strong>nach</strong> dem gesetzmäßigen Lauf der Natur, derjenige, der<br />

früher geboren ist, auch früher stirbt als der später Geborene, obwohl hin<br />

und wieder das Gegenteil geschieht; und wenn ich nun mit Euch ziehen<br />

dürfte, hätte ich die Gelegenheit, mich durch eigenen Augenschein mit Praxis<br />

und Theorie der Kriegskunst vertraut zu machen, was mir, falls ich in der<br />

Zukunft solcher Kenntnisse bedürfen sollte, eine große Hilfe in der Not sein<br />

könnte und mir die Fähigkeit gäbe, alle Furcht von mir abzuwerfen.«<br />

»Meine Tochter«, antwortete der Kaiser, »ich weiß ja, wie sehr Ihr mich liebt<br />

und wie gut Ihr es mit mir meint; aber es ist weder üblich noch schicklich, daß<br />

Jungfrauen in den Krieg ziehen; denn das Leben im Feld ist höchst gefährlich.<br />

Das ist wahrlich nichts für Mädchen, und schon gar nicht für ein so blutjunges<br />

Ding, wie Ihr es seid. Weil

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