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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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Sultan jedoch hatte sich, wie bald gemeldet wurde, mit einigen seiner Leute<br />

<strong>zur</strong> Wehr gesetzt und war in ein Kampfgetümmel verstrickt. Da zog der<br />

Großtürke, verwundet wie er war, rasch ein Kettenhemd an und kehrte,<br />

begleitet von den Leuten, die gerade in seiner Nähe waren, <strong>zur</strong>ück ins Lager,<br />

um dem Sultan zu Hilfe zu eilen, der sich in arger Bedrängnis befand, zum<br />

Glück aber nicht erkannt worden war. Noch eben rechtzeitig wurde er von<br />

dem Großtürken gerettet, der als todesmutiger Ritter so trefflich und tüchtig<br />

dreinschlug, daß es ihm gelang, den Sultan aus dem dichtesten Kampfgewühl<br />

herauszuhauen und ins Freie zu bringen. Da die beiden Fürsten sahen, daß<br />

ihre Krieger in Massen ums Leben gekommen waren und kein einziges Zelt<br />

ihres Lagers mehr stand, beschlossen sie, sich mit all den Leuten, die noch bei<br />

ihnen waren, <strong>zur</strong>ückzuziehen, weil es offenkundig unmöglich war, der Wucht<br />

des siegreichen Angreifers zu widerstehen. Nie zuvor hatte es in griechischen<br />

Landen eine Schlacht gegeben, die so blutig gewesen wäre wie diese.<br />

Der Sultan und der Großtürke machten sich also mit den Mannen, die um sie<br />

waren, auf den Weg ins nahe Bergland; die sonstigen Reste ihrer versprengten<br />

Armee flohen ins Flachland. Diesen blieb Tirant ständig auf den Fersen, und<br />

all die Flüchtenden, die er und die Seinigen zu fassen bekamen, wurden<br />

erschlagen, nicht ein einziger wurde verschont. Die bergwärts geflohen waren,<br />

kamen alle mit dem Leben davon.<br />

Drei Meilen weit zog sich die Verfolgungsjagd in der Ebene hin. Die ins<br />

Gebirge Entrinnenden aber, deren Fluchtweg kürzer war, hatten einen großen<br />

Fluß zu überqueren und mußten deshalb zu einer bestimmten Stelle gelangen,<br />

wo eine hölzerne Brücke ihnen die Möglichkeit bot, gefahrlos ans andere Ufer<br />

zu kommen. Als der Sultan mit seinen Leuten eben diesen Steg passiert hatte,<br />

sah er, daß die Christen heranpreschten, und befahl, das Mittelstück der<br />

Brücke augenblicklich zu kappen. Die übrigen Sarazenen, die sich nicht mehr<br />

herüberretten konnten, waren verloren. Wer den Strom schon überquert<br />

hatte, war noch eben mit heiler Haut davongekommen.<br />

Tirant lieferte an diesem Tag den schlagenden Beweis, daß es durchaus<br />

möglich war, die siegesgewohnten Eindringlinge zu besiegen. Er<br />

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selbst und die Seinigen priesen sich selig ob dieses Erfolgs, der mehr ein<br />

Werk der göttlichen Gnade als des menschlichen Bemühens war, obschon<br />

die List des findigen Bretonen einiges dazu beigetragen hatte. Als die<br />

Christen sich nun jener Brücke näherten, befanden sich am diesseitigen Ufer<br />

noch fast viertausend Türken. Manche von denen, die keinen Übergang<br />

mehr fanden, suchten schwimmend den Fluß zu überqueren – ein Wagnis,<br />

bei dem nicht wenige ertranken. Die Masse derer aber, denen der Ausweg<br />

abgeschnitten worden war, erklomm kurz entschlossen eine steile Anhöhe,<br />

um sich droben zu verschanzen. Als der von der Ebene heranreitende Feldherr<br />

Tirant das Gewimmel der Ungläubigen an der Bergwand sah,<br />

galoppierte er mit seinen Mannen auf sie zu, beschloß jedoch, sie dort nicht<br />

zu attackieren, sondern zu belagern. Er ließ all seine Leute absitzen und<br />

befahl ihnen, den ganzen Berg zu umzingeln, während er und die Herzöge<br />

samt allen sonstigen großen Herren unweit dieses Berges ihre Zelte<br />

aufschlugen, weil das dichte Gras, das dort wuchs, und viele<br />

schattenspendende Bäume einen guten Rastplatz boten.<br />

In der Zwischenzeit hatte sich am Ort der nächtlichen Katastrophe etwas<br />

Unvermutetes begeben. Als der Herzog von Makedonien, den die Sarazenen<br />

in dem besagten Marktflecken belagerten, das entsetzliche Kampfgeschrei<br />

hörte, mit dem die Ritter Tirants in das von den Stuten zum Chaos<br />

verwandelte Feldlager der Moslems einbrachen, rief er alle Mann zu den<br />

Waffen, da er meinte, daß seine Feinde jetzt den Sturmangriff unternähmen,<br />

um in <strong>einem</strong> Kampf auf Leben und Tod die Entscheidung zu erzwingen und<br />

allen Verteidigern der Ortschaft den Garaus zu machen. Die Belagerten<br />

hatten längst alle Hoffnung auf Entsatz aufgegeben, weil sie dachten, daß<br />

ihnen niemand mehr <strong>zur</strong> Hilfe kommen könne und es vielleicht noch das<br />

beste wäre, in Gefangenschaft zu geraten und den Ungläubigen als Sklaven<br />

zu dienen. Jeder war überzeugt, daß ihm die letzte Stunde geschlagen habe,<br />

und keiner wußte mit Gewißheit, ob er sich nun den Tod wünschen sollte<br />

oder das Leben. Als sie aber merkten, daß die schrecklichen Schreie kein<br />

Ende nahmen, die Ortschaft jedoch nicht angegriffen wurde, wunderten sie<br />

sich über alle Maßen. Erst bei Tageslicht, <strong>nach</strong>dem die Sonne aufgegangen<br />

war,

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