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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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kehren, vor Seiner Allerheiligsten Majestät wohlbegründete Rechenschaft<br />

ablegen können über die Güter, die uns anvertraut sind, so will ich, Tirant lo<br />

Blanc vom bretonischen Stamme derer vom Salzfelsen, Sproß des Hauses<br />

Britannien, Ritter des Hosenbandordens, Kronprinz und Cäsar des<br />

Griechischen Reiches, aufs Krankenlager gebannt durch ein Leiden, an dem<br />

ich zu sterben fürchte, jedoch voll bei Verstand und befähigt, mich klar und<br />

deutlich auszudrücken, hiermit aus Liebe und Fürsorge in Gegenwart meiner<br />

Herren und Waffenbrüder, des Königs Escariano und des Königs von Sizilien<br />

sowie meines Vetters, des Königs von Fez, und vieler anderer Könige,<br />

Herzöge, Grafen und Markgrafen, im Namen meines Herrn Jesus Christus<br />

dieses mein Testament verfassen und verfügen, was als mein Letzter Wille zu<br />

gelten hat. Als Testamentsvollstrecker erwähle und bestimme ich die<br />

tugendreiche und durchlauchtige Karmesina, Prinzessin des Griechischen<br />

Reiches und meine Gemahlin, sowie den edlen und mir teuren Diafebus, Herzog<br />

von Makedonien, der mein Vetter ist; und ich bitte beide herzlich, meiner<br />

Seele fürbittend zu gedenken.<br />

Für das Heil meiner Seele sollen hunderttausend Dukaten aus m<strong>einem</strong><br />

Vermögen abgezweigt und verteilt eingesetzt werden, gemäß der Meinung und<br />

dem Willen meiner soeben ernannten Testamentsvollstrecker. Außerdem bitte<br />

und beauftrage ich die obgenannten Testamentsvollstrecker, meinen Leichnam<br />

in die Bretagne bringen zu lassen, in die Kirche Unserer Lieben Frau, wo alle<br />

Mitglieder meiner Familie, alle, die <strong>zur</strong> Sippe derer vom Salzfelsen gehören,<br />

ihre letzte Ruhestatt haben; denn dies ist mein Wunsch und Wille.<br />

Ferner wünsche und gebiete ich, daß <strong>einem</strong> jeden von m<strong>einem</strong> Stamme, der<br />

bei m<strong>einem</strong> Ableben zugegen ist, hunderttausend Dukaten aus m<strong>einem</strong> Besitz<br />

vermacht werden. Und <strong>einem</strong> jeden der Knechte und Diener meines Hauses<br />

hinterlasse ich fünfzigtausend Dukaten. Und zum Universalerben all meiner<br />

sonstigen Güter und Rechte, die ich mit der Hilfe Gottes zu erwerben wußte<br />

oder der Gunst Seiner Majestät des Herrn Kaiser zu verdanken habe, mache<br />

ich meinen Diener und Neffen Hippolyt vom Salzfelsen, auf daß er meine<br />

Stelle einnehme, mein Nachfolger sei und an meiner Statt frei über alles<br />

verfüge, ganz <strong>nach</strong> eigenem Belieben.«<br />

Nachdem er diesen seinen Letzten Willen diktiert hatte, sagte er zu<br />

420<br />

dem Sekretär, jetzt solle er noch ein paar Zeilen an die Prinzessin schreiben,<br />

ein Brieflein folgenden Wortlauts.<br />

KAPITEL CDLXX<br />

Das Abschiedsbrieflein, das Tirant an seine Prinzessin schickte<br />

a der Tod mir so nahe ist, daß ich nicht länger säumen kann, habe<br />

ich, um meine Reise zu vollenden, nur noch eines zu tun, nämlich<br />

von Euch, strahlende Herrin, so reich an jeder Tugend, meinen<br />

letzten, traurigen und schmerzlichen Abschied zu nehmen.<br />

Fortuna ist unwillig, sie hat es nicht zulassen wollen, daß es mir, unwürdig, wie<br />

ich bin, gelinge, Euch zu erlangen – Euch, die Ihr der Lohn meiner Mühen<br />

sein solltet. Der Tod wäre für mich nicht so bitter, wenn ich mein trauriges<br />

und schmerzvolles Leben in Euren Armen hätte beschließen können. Aber ich<br />

flehe Euch an: Gebt Euch nicht auf, Hoheit, haltet fest am Leben, damit Ihr,<br />

<strong>zur</strong> Belohnung der vielen Liebe, die ich Euch entgegenbrachte, meiner auch<br />

künftig gedenkt und die Fürsprache Eurer Gebete rneiner sündigen Seele nicht<br />

mangelt – einer Seele, die jetzt mit großem Schmerz <strong>zur</strong>ückkehrt zu ihrem<br />

Schöpfer, der sie mir anvertraut hat.<br />

Und da mein Schicksal es mir verwehrt, mit Euch zu reden oder Euch zu<br />

sehen – Euch, die Ihr, wie ich glaube, das rechte Heilmittel für mich gewesen<br />

wäret, die Rettung meines Lebens –, so habe ich beschlossen, Euch ein paar<br />

Zeilen zu schreiben, weil der Tod mir keinen Aufschub mehr gewährt, damit<br />

Ihr wenigstens Bescheid wißt und Euch klar ist, daß ich qualvoll die letzten<br />

Atemzüge tue und am Endpunkt meines Lebens angelangt bin. Mehr kann ich<br />

Euch nicht mehr sagen, weil der heftige Schmerz, der mir zusetzt, dies nicht<br />

erlaubt. Ich bitte Euch nur noch, seid so gut und gönnt, mir zuliebe, meinen<br />

Stammesgenossen und meinen Dienern weiterhin Eure Gunst.<br />

Euer Tirant, der Euch Hände und Füße küßt und seine Seele Eurer Fürsorge<br />

anvertraut.«

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