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Steckbrief zur Fahndung nach einem tatverdächtigen ... - Ivitra

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KAPITEL CCCXL<br />

Die Rede, welche Tirant an die Gewappneten richtete, bevor sie auszogen, um die Schlacht<br />

zu schlagen<br />

h, edle Barone und Ritter, morgen wird der Tag sein, an dem wir<br />

alle hohe Ehre und großen Ruhm erringen können. Deshalb bitte<br />

und ermahne ich Euch, Hoheit, sowie alle anderen, daß ein jeder<br />

mit Liebe und Willenskraft alles in seinen Kräften Stehende tue,<br />

um mannhaft zu kämpfen und überragende Rittertaten zu<br />

vollbringen, wie dies von ehrbewußten und geachteten Männern zu erwarten<br />

ist. Denn wenn Gott uns so viel Gnade gewährt, daß wir die Fähigkeit haben,<br />

uns ein wenig wackerer zu zeigen als die Feinde, dann werden wir ihrer Herr,<br />

und das ganze Lager ist unser. Oh, welch ein Jubelschrei wird durch die<br />

Christenheit gehen, wenn die Kunde kommt, daß es uns mit so wenigen<br />

Mannen gelungen ist, so viele Könige zu besiegen und eine solch riesige<br />

Streitmacht von Muslimen zu zerschlagen! Wegen des Fußvolkes braucht ihr<br />

euch keine großen Sorgen zu machen; denn ich glaube, daß diese<br />

Kriegsknechte keineswegs freiwillig hierhergekommen sind. Getrost sollten<br />

wir vor allem darauf vertrauen, daß unser Herr im Himmel stets all denen<br />

beisteht, die den heiligen Bund des christlichen Glaubens bewahren und<br />

verteidigen; und dies gilt ganz besonders dann, wenn das Recht und die<br />

Gerechtigkeit auf ihrer Seite sind. Und deshalb bitte ich euch: Wahrt in der<br />

Stunde, da die Schlacht zu schlagen ist, eure Ritterehre so unerschütterlich,<br />

daß keiner aus Furcht vor dem Tod das Feld verläßt; denn bei der Verteidigung<br />

eures Ruhmes und eurer Ehre als Christen zu sterben ist besser, als<br />

weiterzuleben in Gefangenschaft und Schande, überdrüssig der eigenen<br />

Erbärmlichkeit. Werft also alle Sterbensangst von euch und trachtet da<strong>nach</strong>,<br />

Gutes zu tun und tapfer zu kämpfen; denn wenn ihr standhaft dieses<br />

Martyrium auf euch nehmt, getreu dem Schutz des heiligen Glaubens dient,<br />

so werdet ihr von unserem Herrn droben gekrönt, in der himmlischen<br />

Herrlichkeit des Paradieses, umringt von der Schar seiner heiligen Engel.«<br />

122<br />

Als die Christen diese Worte aus dem Munde Tirants vernahmen, rannen<br />

dem König und allen anderen Tränen aus den Augen, vor lauter Freude und<br />

Rührung. Und es erfüllte sie nur noch die eine Hoffnung: sich mit Anstand<br />

zu schlagen und als gute katholische Christen zu sterben.<br />

Um Mitter<strong>nach</strong>t dann brach der König auf und bezog Stellung im besagten<br />

Wald, ohne daß irgendein Maure etwas davon merkte. Und noch vor<br />

Tagesanbruch nahm Almedíxer die mit s<strong>einem</strong> Spezialschmer gefüllten<br />

Pfannen und trug sie im Morgengrauen hinaus, vor die Burg. Dort stellte er<br />

sie in langer Reihe auf, eine neben der anderen, und zündete ihren Inhalt an.<br />

Als schließlich alle Tiegel glosten, zeigte sich, was sein Plan war: Der Wind<br />

trieb den Qualm hinüber zu den Rindern, und als der Gestank ihnen in die<br />

Nüstern stieg, gerieten sie in wilden Aufruhr, rannten wütend davon, stürmten<br />

mitten durchs Feldlager, rissen Zelte um, rammten Männer und Rosse, so<br />

daß man den Eindruck hatte, sämtliche Teufel, die in der Hölle hausen, seien<br />

als Hetzhunde hinter ihnen her. Sämtliches Vieh stob in wildem<br />

Durcheinander davon, und die Tiere stürzten derart übereinander, daß es ein<br />

Wunder gewesen wäre, wenn man einen Ochsen oder ein Kamel gefunden<br />

hätte, das heil geblieben war. Zu Fuß und zu Pferde jagten viele Mauren den<br />

Tieren <strong>nach</strong>, um sie <strong>zur</strong> Umkehr zu bewegen; und all die Muslime fragten<br />

sich verwundert, was wohl die Ursache dieses Tumults gewesen sein mochte.<br />

Glaubt aber ja nicht, daß Tirant und die Seinigen weniger gestaunt hätten;<br />

denn so etwas hatten sie noch nie erlebt, hatten nie auch nur vom<br />

Hörensagen dergleichen erfahren. Das Unheil, das die verstörten Tiere auf<br />

ihrer Flucht durchs Lager anrichteten, war verheerend; hinzu kam jedoch,<br />

daß sie als Lastenträger und Karrengespanne ausfielen, die man doch so<br />

dringend brauchte zum Transport der Unmenge von Proviant, welche für die<br />

Verpflegung des Heeres vorgesehen war. Insgesamt waren es mehr als<br />

hundertfünfzigtausend Ochsen, Büffel und Kamele, die man auf den Feldzug<br />

mitgenommen hatte.<br />

Als die Tiere das Lager hinter sich gelassen hatten, ließ Tirant die Fahne<br />

hissen, eine weiß-grüne Flagge. Und kaum sah der König das vereinbarte<br />

Zeichen, brach er aus dem Wald hervor mit lautem Feldgeschrei:

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