Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
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Reziprozität <strong>oder</strong> ob die AkteurInnen wirklich miteinander sprechen<br />
Kurzzusammenfassung: Der Diskurs läuft in beiden Landesteilen vor allem über den/die<br />
M<strong>oder</strong>atorIn. Er/sie ist Dreh- und Angelpunkt des Diskurses, ist aber selbst wenig in das<br />
Gespräch eingebunden und nimmt vor allem die Rolle als GesprächsleiterIn war, die das<br />
Rederecht verteilt. Die M<strong>oder</strong>ation des Diskurses ist augenscheinlich mit einer Art Übernahme-Privileg<br />
beim Sprecherwechsel verknüpft. In dieser Funktion sind die M<strong>oder</strong>atorInnen<br />
nämlich jeweils der/die potentiell nächste Sprecher/In, sei es, um das Wort lediglich<br />
weiterzugeben, Stimmen zusammenzufassen <strong>oder</strong> einen Themenwechsel vorzunehmen.<br />
Die Teilnehmenden in der Deutschschweiz erhalten das Rederecht in knapp der Hälfte aller<br />
Sprecherwechsel von der M<strong>oder</strong>ation, in der Romandie gar in drei Fünfteln. In der<br />
Deutschschweiz übernehmen sie das Gespräch in knapp der Hälfte der Sprecherwechsel<br />
eigeninitiativ, in der Romandie in knapp zwei Fünfteln. Gegenseitig fordern sie sich in<br />
beiden Sprachregionen selten zum Sprechen auf. Für die Diskursqualität bedeutet das, dass<br />
die Teilnehmenden in der Tendenz keine vertiefte Auseinandersetzung lancieren. Die stärkere<br />
Einflussnahme durch die M<strong>oder</strong>ation in der Westschweiz kann durch das unterschiedliche<br />
Verhältnis von Interviews und Debatten in den beiden Sprachregionen sowie die personell<br />
stärkere Präsenz der M<strong>oder</strong>ation in der Romandie erklärt werden. Auf Ebene des<br />
<strong>Dialog</strong>formats sind die Hauptunterschiede hinsichtlich des Sprecherwechsels wie folgt<br />
feststellbar. Bei den Interviews ist die M<strong>oder</strong>ation stärker präsent als in den Debatten, in<br />
denen die Teilnehmenden das Gespräch öfter eigeninitiativ übernehmen. Diese Unterschiede<br />
haben sowohl Auswirkungen auf die Untersuchungsebene der Sprachregionen als<br />
auch auf die Ebene der ökonomischen Stellung der Anbieter.<br />
Online-Foren: Sprachregionen / Anbieter<br />
In den Online-Foren beschränkt sich der Sprecherwechsel auf die Selbst- und Fremdwahl<br />
(TeilnehmerInnenwahl). Bei der Selbstwahl hat der/die vorhergehende AutorIn im eigenen<br />
Post niemand anderen dazu aufgefordert, eine Replik zu verfassen. Die Person, die nun als<br />
nächste postet, hat eigeninitiativ entschieden, auf einen Beitrag zu antworten. Bei der<br />
Fremdwahl wurde der/die gegenwärtige AutorIn hingegen zum Verfassen eines Beitrags<br />
aufgefordert. Insgesamt liegt der Anteil der Selbstwahl bei 92.0%, die Fremdwahl bei<br />
8.0%.<br />
In der folgenden Tabelle ist die prozentuale Häufigkeitsverteilung der Sprecherwechsel in<br />
den beiden Landesteilen ersichtlich, jener Ebene, auf welcher die grössten Unterschiede<br />
auszumachen sind.<br />
Sprecherwechsel Online gesamt<br />
(n = 2350)<br />
Deutschschweiz<br />
(n = 2028)<br />
Selbstwahl 92.0% 92.4% 89.8%<br />
durch TeilnehmerIn 8.0% 7.6% 10.2%<br />
aufgefordert<br />
Tabelle 13: Sprecherwechsel in den Online-Foren nach Sprachregion<br />
Westschweiz<br />
(n = 322)<br />
Der Anteil der Fremdwahl ist in der Romandie mit 10.2% etwas höher als in der Deutschschweiz<br />
mit 7.6%. Dieses Ergebnis lässt den Rückschluss zu, dass die Forumsstruktur einen<br />
Einfluss auf den Sprecherwechsel hat. Da die Foren in der Westschweiz keine automatisierte<br />
Antwortmöglichkeit kennen und damit einen chronologischen Aufbau aufweisen,<br />
ist die Notwendigkeit der Fremdwahl eher gegeben: Für andere NutzerInnen ist lediglich<br />
über den Inhalt erkennbar, dass andere Teilnehmende mit Ihnen in den <strong>Dialog</strong> treten.<br />
Durch eine Baumstruktur ist für die UserInnen hingegen sofort ersichtlich, wer sich auf das<br />
eigene Post bezieht. Eine Erwiderung darauf ist durch die Möglichkeit auf ausgewählte<br />
Posts zu antworten sehr einfach. Fehlt diese Struktur jedoch, muss der andere Teilnehmende<br />
„fremd-gewählt“ werden, um mit ihm in einen <strong>Dialog</strong> zu treten. Hinsichtlich des Ver-<br />
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