Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
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Inklusivität <strong>oder</strong> wer überhaupt zu Wort kommt<br />
5.2 Gesprächsanteile einzelner Akteursgruppen<br />
Für die Diskursqualität entscheidend ist nicht nur, wer als AkteurIn am Diskurs beteiligt<br />
ist, sondern auch, inwiefern eine Person überhaupt zu Wort kommt. Aus diesem Grund<br />
interessiert, wie hoch der Redeanteil für die jeweiligen Akteursgruppen ausfällt.<br />
Aufgrund der homogenen Akteursstruktur bei den Online-Foren, ist eine nähere Untersuchung<br />
nach Akteursgruppen für diese Mediengattung hinfällig. Allerdings sei an dieser<br />
Stelle auf einen wesentlichen Unterschied zwischen den klassischen Medien und den Online-Foren<br />
verwiesen, dem für die Diskursqualität entscheidende Bedeutung zukommt.<br />
In den dialogischen Formaten von Radio und Fernsehen besteht durch die jeweils gegebene<br />
Sendezeit eine klare zeitliche Beschränkung der Diskussion, wodurch die Redezeit der<br />
einzelnen AkteurInnen entsprechend begrenzt ist bzw. wird. Je nach Diskussionsklima<br />
wird das Rederecht daher hart umkämpft. Demgegenüber können sich Diskussionen in<br />
Online-Foren über einen sehr langen Zeitraum erstrecken. 98 In der Regel werden die Foren<br />
geschlossen, wenn die Beteiligung stark nachlässt, d.h. wenn ein Thema aus Sicht der<br />
Teilnehmenden erschöpfend behandelt wurde <strong>oder</strong> nicht mehr von Interesse ist. Online-<br />
Foren sind, die Beteiligungsmöglichkeit betreffend, zudem egalitär ausgerichtet. Während<br />
in den klassischen Medien die Redezeit beschränkt ist, können die TeilnehmerInnen in<br />
Online-Foren beliebig viele Posts platzieren, deren Länge zumindest in den untersuchten<br />
Foren nicht beschränkt wird.<br />
Nichts desto trotz kann das „Rederecht“ auch in Online-Foren umkämpft werden. Wenngleich<br />
es nicht möglich ist, andere Teilnehmende zu unterbrechen <strong>oder</strong> an der Wortergreifung<br />
zu hindern, so können in den Online-Foren andere Ausschlussmechanismen festgestellt<br />
werden. Über die Beurteilung des Geschriebenen <strong>oder</strong> der Person können einzelne<br />
UserInnen dazu bewegt werden, sich nicht mehr weiter an der Diskussion zu beteiligen. Es<br />
könnte durchaus vorkommen, dass einzelne DiskursteilnehmerInnen solange beleidigt<br />
werden, bis sie ihr Recht auf eine Diskussionsbeteiligung aufgeben. 99<br />
Im Folgenden wird für die klassischen Medien analysiert, mit wie vielen Redebeiträgen<br />
sich die verschiedenen AkteurInnen in die Diskussion einbringen können. Dabei gilt es zu<br />
beachten, dass ein Redebeitrag auch aus wenigen Worten bestehen kann, indem etwa lediglich<br />
eine Zwischenbemerkung eingebracht <strong>oder</strong> dem Vorangegangenen widersprochen<br />
wird. Um die eigene Argumentation entwickeln zu können, muss jedoch genügend Redezeit<br />
zur Verfügung stehen. Die Redezeit wird daher ebenfalls einer näheren Betrachtung<br />
unterzogen, um festzustellen, ob der Diskurs von bestimmten Akteursgruppen dominiert<br />
wird. Um eine Vergleichbarkeit mit den klassischen Medien herstellen zu können, wird die<br />
Frage nach der Dominanz für die Online-Foren auf der personellen Ebene bestimmt, indem<br />
ermittelt wird, wie viele Personen sich wie stark am Diskurs beteiligen.<br />
Klassische Medien und Online-Foren<br />
Die Dominanz einzelner Akteursgruppen kann bei den Online-Foren aufgrund mangelnder<br />
Disparität nicht bestimmt werden. Dennoch interessiert, ob bei diesem – was den Diskussionszugang<br />
angeht – grundsätzlich egalitären Medium, eine Ausgewogenheit in der Diskussionsteilnahme<br />
besteht <strong>oder</strong> ob der Diskurs von einzelnen Personen dominiert wird und<br />
inwiefern sich die Online-Foren in diesem Punkt von den klassischen Medien unterscheiden.<br />
Von einer Dominanz kann dann gesprochen werden, wenn einzelne AkteurInnen<br />
98 Vgl. Das Kapitel 4.3.2.<br />
99 Ob dies in den untersuchten Online-Foren der Fall, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Aus<br />
forschungsökonomischen Gründen wurde darauf verzichtet, den Verlauf der Diskussion einer eingehenden<br />
Analyse zu unterziehen. Respektverletzendes Verhalten, das zu einem Verzicht an der Diskussionsbeteiligung<br />
führen kann, wurde hingegen auf der quantitativen Dimension erfasst. Vgl. Kapitel 8.2.<br />
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