Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
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Inklusivität <strong>oder</strong> wer überhaupt zu Wort kommt<br />
Exkurs: Inklusivität nach Geschlecht<br />
Die erhobenen Daten zur Akteursstruktur können Aufschluss darüber geben, wie sich das<br />
Verhältnis von Akteuren zu Akteurinnen in den verschiedenen Mediengattungen gestaltet.<br />
Zwar wurden im Rahmen der vorliegenden Untersuchung keine Hypothesen aufgestellt, ob<br />
und inwiefern sich die Kategorie „Geschlecht“ auf die Diskursqualität auswirken könnte.<br />
Diese Frage hätte eine weitere Untersuchungsebene eröffnet, die eine darauf zugeschnittene<br />
konzeptionelle Ausrichtung erfordert hätte, was hier weder intendiert noch zu leisten<br />
war. Dennoch lassen sich auf der Basis der erhobenen Daten Aussagen zur Inklusivität der<br />
AkteurInnen entlang der Dichotomie „männlich – weiblich“ treffen.<br />
Ein wesentlicher Unterschied zwischen den klassischen Medien und dem Internet besteht<br />
darin, dass die DiskursteilnehmerInnen in den Online-Foren nicht zwangsläufig identifizierbar<br />
sind, was sowohl für den Namen als auch das Geschlecht gilt. 97 In sämtlichen untersuchten<br />
Online-Foren waren 42.6% der Teilnehmenden nicht nach Geschlecht identifizierbar.<br />
Vergleicht man nun den prozentualen Frauenanteil unter den identifizierbaren UserInnen,<br />
ergibt sich folgendes Bild:<br />
Geschlecht Klassische Medien<br />
absolut<br />
Klassische Medien prozentual<br />
Online<br />
absolut<br />
Männer 279 83.5% 366 96.3%<br />
Frauen 55 16.5% 14 3.7%<br />
Tabelle 8: Anzahl Teilnehmende in den Mediengattungen nach Geschlecht<br />
Online prozentual<br />
Sowohl in den klassischen Medien als auch im Internet ist der Frauenanteil unter den Diskursteilnehmenden<br />
verhältnismässig gering. Mit 3.7% ist der Anteil an Akteurinnen in den<br />
Online-Foren jedoch wesentlich geringer als im Fernsehen und Radio, wo er mit 16.5%<br />
immerhin rund 4.5-Mal höher liegt. Von Interesse ist diesbezüglich vor allem der Umstand,<br />
dass Online-Foren keine Zugangskriterien kennen – Jeder und Jede kann an der Diskussion<br />
teilnehmen. Offensichtlich werden Internet-Foren von Frauen für den politischen<br />
Meinungsaustausch jedoch kaum genutzt (bei den google.groups sind es gerade mal 0.4%),<br />
ein Ergebnis, dessen nähere Untersuchung durchaus lohnenswert erscheint. Während eine<br />
Begründung für die geschlechtsspezifisch unterschiedliche Nutzung der Online-Foren hier<br />
rein spekulativ ausfallen müsste, können für die klassischen Medien folgende Annahmen<br />
getroffen werden: Bei dialogischen Formaten zu Abstimmungsvorlagen sind Fernsehen<br />
und Radio bei der Auswahl ihrer GesprächsteilnehmerInnen vermutlich darum bemüht,<br />
Personen einzuladen, die einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht haben, sei es in der<br />
Politik <strong>oder</strong> als VertreterInnen von bestimmten Interessensgruppen. Die untersuchten Sendungen<br />
berühren wirtschaftspolitische Themen, daher erscheint es plausibel, dass die geschlechtsspezifische<br />
Verteilung bis zu einem gewissen Masse die Verhältnisse in Politik<br />
und Wirtschaft widerspiegelt. Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass insbesondere NationalrätInnen<br />
im medialen Diskurs der klassischen Medien regelmässig als AkteurInnen in<br />
Erscheinung treten. Gemessen am Frauenanteil im Nationalrat (aktuell bei 25%) sind Frauen<br />
in den klassischen Medien mit 16.5% jedoch deutlicher unterrepräsentiert als dies in der<br />
nationalen Politik der Fall ist.<br />
97 Bei der Datenerhebung wurden detaillierte Kategorien aufgestellt, um Unterschiede bezüglich der Identifikation<br />
der Teilnehmenden feststellen zu können. Vgl. dazu Kapitel 3.1 und 3.2 im Anhang.<br />
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