Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
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Methodische Umsetzung der Analyse<br />
3.2.1 Mediengattungen: Klassische Medien und Online-Foren<br />
Eine Hauptebene der vorliegenden Untersuchung bildet der Vergleich zwischen den klassischen<br />
Medien und den Online-Foren. 48<br />
Die „digitale Revolution“ und der zeitweilig damit verknüpfte Enthusiasmus über neue<br />
Partizipationsformen und das demokratische Potential des Internets sind in erster Linie auf<br />
die grundsätzlich andere Kommunikationsstruktur von Online-Angeboten – und hier insbesondere<br />
Online-Foren – gegenüber den traditionellen elektronischen Medien zurückführen.<br />
Wenngleich die Befunde bezüglich des Internets nach wie vor ambivalent sind, so entspricht<br />
die elementare Struktur von Online-Foren allein schon wegen des ungehinderten<br />
Zugangs eher dem deliberativen Ideal des herrschaftsfreien Diskurses als dies bei Radio<br />
und Fernsehen der Fall ist. Besonders der Inklusivität von unterschiedlichen Sichtweisen<br />
und Argumenten scheint das Internet eine grössere Chance einzuräumen als die anderen<br />
elektronischen Medien. Allerdings steht dem höheren Partizipations- und Freiheitsgrad<br />
eine verminderte Organisation des Diskurses insgesamt gegenüber: Ohne M<strong>oder</strong>ation, die<br />
die einzelnen „diskursiven Fäden“ in der Hand hält, droht der Meinungsaustausch in viele<br />
kleine Teildiskussionen zu zerfallen. Zudem hat die Argumentationsfreiheit auch ihre<br />
Kehrseite, denn die fehlenden Sanktionsmöglichkeiten können zu sehr hitzigen Diskussionen<br />
führen, in denen verbale Angriffe auf die Person die sachliche Auseinandersetzung in<br />
den Hintergrund drängen. Aufgrund dieser grundsätzlichen Überlegungen werden folgende<br />
Hypothesen aufgestellt:<br />
Hypothese 1:<br />
In Online-Foren werden Geltungsansprüche und Argumente präsentiert, die in Radio und<br />
Fernsehen nicht vorkommen.<br />
Hypothese 2:<br />
Der Diskursverlauf in Online-Foren ist gegenüber Radio und Fernsehen weniger reziprok,<br />
d.h. die einzelnen AkteurInnen gehen weniger auf die Argumente der anderen TeilnehmerInnen<br />
ein.<br />
Hypothese 3:<br />
Gegenargumente in Online-Foren zielen häufiger als bei Radio und Fernsehen auf den/die<br />
UrheberIn des Arguments als auf das Argument selbst; der Diskurs ist weniger respektvoll<br />
als in den klassischen Medien.<br />
3.2.2 Sender und Foren: Marktstellung der Anbieter<br />
Bei der Analyse auf Ebene der Sender und Online-Foren stehen die mittelbaren Auswirkungen<br />
der ökonomischen Stellung der Sender und Foren im Markt auf die Diskursqualität<br />
im Fokus des Interesses. Öffentliche Anbieter – bspw. SF DRS und Radio DRS – stehen<br />
zwar etwas weniger unter Druck, sich den Marktbedürfnissen anzupassen als die privaten<br />
Radio- und Fernsehstationen, sie haben aber auch grössere Auflagen, ein dem Service Public<br />
entsprechend ausgewogenes Programm zu präsentieren. Demgegenüber müssen sich<br />
private Anbieter von den öffentlichen und von der Konkurrenz der anderen privaten Anbieter<br />
abheben. Dies hat bereits in den 1990er Jahren zu einer verstärkten Dramatisierung –<br />
Stichwort „Infotainment“ – und Personalisierung der Themen im privaten Rundfunk geführt<br />
(vgl. Wegener 2001a). So liegt die Vermutung nahe, dass sich der Trend bislang ungebrochen<br />
fortsetzt, wenngleich mancherorts eine Annäherung der öffentlichen an die privaten<br />
Anbieter zu beobachten ist (vgl. Wegener 2001b). Die vorliegende Untersuchung<br />
setzt indes nicht bei der Gestaltung des Programms an, sondern auf der Ebene der dialogi-<br />
48 Durch die Analyse, die sich auf die Medieninhalte, die AkteurInnen und die Kommunikationsstruktur konzentriert,<br />
wird dieser bislang unterrepräsentierten intermediär vergleichenden Forschung begegnet.<br />
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