Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
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Thematisierung von Geltungsansprüchen <strong>oder</strong> wie begründet und worüber die AkteurInnen sprechen<br />
Während in den klassischen Medien eine Korrelation zwischen dem Anteil an Interviews<br />
und sprachregionalen Unterschieden festgestellt werden konnte und die Ergebnisse somit<br />
keine klaren Rückschlüsse über unterschiedliche Diskurskulturen in den untersuchten<br />
Sprachregionen zulassen (s.o.), gilt diese Einschränkung bei den Online-Foren nicht. Die<br />
Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Diskurs in der Romandie begründeter geführt wird.<br />
Eine eingehendere Untersuchung zum Einfluss der Struktur der jeweiligen Foren auf die<br />
Diskursqualität könnte dazu beitragen, dieses Ergebnis zu validieren.<br />
Kurzzusammenfassung: Auf der Ebene der Anbieter zeigt sich, dass die Teilnehmenden in<br />
den Foren der google.groups gegenüber derjenigen der Medienverlagshäuser ihr Aussagen<br />
erstens mehrheitlich nicht begründen und zweitens, dass diese v.a. darauf abzielen andere<br />
zu kritisieren. Bei Google wird zwar leicht mehr begründete Kritik geäussert als bei den<br />
Medienverlagshäusern, was auf eine reflektierte Auseinandersetzung schliessen liesse. Der<br />
begründeten Kritik steht jedoch ein deutlich höherer Wert an unbegründeter Kritik gegenüber.<br />
Das Verhältnis spricht dafür, dass ein konstruktiver Meinungsaustausch bei den<br />
google.groups nur sehr eingeschränkt erreicht werden kann. Die UserInnen in den Foren<br />
der Medienverlagshäuser stellen in erster Linie Behauptungen, also unbegründete Aussagen<br />
in den Raum. Dabei ist die unbegründete Kritik jedoch nicht dominierend, weshalb<br />
diese Foren insgesamt eine höhere Diskursqualität aufweisen.<br />
Auf der Ebene der Sprachregionen konnte bei den Online-Foren ein deutlicher Unterschied<br />
festgestellt werden. In diesem Zusammenhang muss beachtet werden, dass sich die Ergebnisse<br />
der google.groups lediglich in denjenigen der Deutschschweiz niederschlagen. Allerdings<br />
sind dadurch nicht alle Differenzen erklärbar, weshalb ein Unterschied in der Kommunikationskultur<br />
angenommen werden muss. Insgesamt kann festgestellt werden, dass<br />
der Diskurs in den Westschweizer Foren konstruktiver geführt wird als in denjenigen der<br />
Deutschschweiz, da insgesamt mehr begründet und verhältnismässig wenig unbegründete<br />
Kritik geäussert wird. Allerdings findet hier weniger oft eine kritische Auseinandersetzung<br />
mit anderen Positionen statt.<br />
7.3 Inhaltliche Ausrichtung der Geltungsansprüche<br />
Bislang wurde ausgeführt, inwiefern sich die einzelnen Mediengattungen, Anbieter und<br />
Sprachregionen mit Blick auf die thematische Relevanz und die Rationalität des Diskurses<br />
unterscheiden. In diesem Kapitel soll der Fokus vermehrt auf die inhaltliche Ausrichtung<br />
des Diskurses gerichtet werden. Zunächst wird anhand der Klassifizierung der Geltungsansprüche<br />
nach Habermas (1981) untersucht, ob sich die Diskursteilnehmenden eher über<br />
Sachfragen, d.h. über objektive Tatsachen und Vorgänge, die wahr <strong>oder</strong> unwahr sind, verständigen,<br />
ob im Meinungsaustausch eher normative Fragen zur Diskussion gestellt werden<br />
<strong>oder</strong> ob vielmehr die subjektive Welt der AkteurInnen bzw. deren Glaubwürdigkeit im<br />
Zentrum steht. Zum einen interessiert, ob gewisse Argumentationsformen den Diskurs dominieren,<br />
zum anderen interessiert insbesondere, ob die Debatte je nach Mediengattung<br />
und Anbieter eher auf eine Personalisierung der Argumentation ausgerichtet ist.<br />
Um detailliertere Aussagen über die Inklusivität der Argumente machen zu können, wird<br />
in einem zweiten Schritt untersucht, welche Themen in den verschiedenen Diskussionsplattformen<br />
konkret zur Sprache kommen und inwiefern diese der erwarteten inhaltlichen<br />
Auseinandersetzung entsprechen. 151<br />
151 Anhand der Abstimmungsunterlagen und einzelner Stichproben wurde für beide Abstimmungen ein Katalog<br />
an Themen aufgestellt, von denen erwartet werden konnte, dass sie zur Sprache kommen würden.<br />
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