Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Einleitung<br />
langen Tradition des Forschungszweiges insgesamt in der Schweiz nicht besonders stark<br />
etabliert – trotz <strong>oder</strong> vielleicht gerade wegen des Reichtums an politischen Institutionen<br />
und Diskussionen, die den politischen Alltag bestimmen.<br />
Wie auf internationaler Ebene, so sind auch in der Schweiz Themengebiete und Untersuchungsansätze<br />
uneinheitlich. Befragungen zum Medienkonsum stehen etwa neben Untersuchungen<br />
zur Themenstruktur von Nachrichtensendungen und dem allgemeinen strukturellen<br />
Wandel der Politikvermittlung durch Massenmedien (vgl. Kamber, Imhof 2004;<br />
Windisch 1996; Corboud-Fumagalli 1996). So untersucht etwa Bonfadelli (1995) in einer<br />
Befragung die Informationsleistungen der Schweizer Medien vor der Abstimmung über<br />
den Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und kommt dabei zum Schluss,<br />
dass es offensichtlich nicht gelang, die weniger gebildeten und politisch kaum motivierten<br />
Bürgerinnen und Bürger über das komplexe Thema ausreichend zu informieren. Aus Perspektive<br />
der Medien und der RezipientInnen beleuchtet Longchamp (2000) das Zusammenwirken<br />
zwischen Medien- und Bevölkerungsagenda, deren Interaktion bei den Nationalratswahlen<br />
1983-1995 wesentlich von einem durch ereignishafte Dramaturgie aufgebauten<br />
„Klima“ bestimmt wird. Suter et al. (1999) hingegen untersuchen nicht die Dramaturgie<br />
des medialen Diskurses als solchem, sondern gehen der Bedeutung einer bestimmten<br />
Akteursgruppe, den ExpertInnen, in der Berichterstattung zur so genannten Gen-Schutz-<br />
Initiative nach und konzentrieren sich dabei insbesondere auf die vermittelten Wert- und<br />
Normvorstellungen.<br />
Die KommunikatorInnen im engeren Sinn, d.h. die JournalistInnen, stehen hingegen bei<br />
Nyffelers (2000) Studie im Zentrum, die sich u.a. mit der Frage beschäftigt, welchen Stellenwert<br />
die Schweizer Aussenpolitik bei den Schweizer JournalistInnen hat und anhand<br />
welcher journalistischen Konzepte die Aussenpolitik vermittelt wird. Zwar kommt der<br />
Aussenpolitik im Vergleich zu anderen Politikfeldern lediglich eine geringe Bedeutung zu,<br />
so die Schlussfolgerungen, indes sind die JournalistInnen in der Themenselektion relativ<br />
frei, wobei auffällig ist, dass sie sich überwiegend bei Schweizer Printmedien – insbesondere<br />
NZZ und Tages-Anzeiger – informieren. Bonfadellis (2000) Beitrag ergänzt diesen<br />
Blick durch eine Inhaltsanalyse von Schweizer Tageszeitungen und Fernsehnachrichten,<br />
die u.a. ergibt, dass die Informationstätigkeit des Eidgenössischen Departements für auswärtige<br />
Angelegenheiten (EDA) überwiegender Auslöser für die aussenpolitische Berichterstattung<br />
ist.<br />
Sprachregionale Unterschiede in der Aufbereitung und Vermittlung politischer Kommunikation<br />
werden von Corboud-Fumagalli (1996) thematisiert, die den Unterschieden und<br />
Gemeinsamkeiten von Fernsehnachrichtensendungen zwischen Deutschschweiz, Romandie<br />
und dem Tessin nachgeht, wobei die Selektionsmechanismen der einzelnen JournalistInnen<br />
und Redaktionen im Vordergrund stehen. Themenpräferenz und Gestaltung machen<br />
deutlich, dass die Nachrichtensendungen keineswegs zu einer einheitlichen Schweizer<br />
Identität beitragen. Nachrichtenformate stehen auch im Zentrum der Studie von Kamber et<br />
al. (2002), die allerdings nicht so sehr sprachregionale Unterschiede als Unterschiede zwischen<br />
öffentlichen und privaten Radio- und Fernsehanbietern hinsichtlich ihrer Leistungen<br />
für den Service Public untersuchen. Bei Stalders (2004) Untersuchung zur Berichterstattung<br />
von Radio und Fernsehen vor den eidgenössischen Wahlen 2003 stehen Gender-<br />
Aspekte im Vordergrund. Eine durchwegs schlechtere Medienpräsenz der Kandidatinnen<br />
im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen sowie die stärkere Betonung sozialpolitischer<br />
Themen sind neben geschlechtertypischem Konversationsverhalten die Hauptbefunde. In<br />
diesem Zusammenhang ist auch die Studie von Hardmeier und Klöti (2004) zum „Doing<br />
Gender“ bei den eidgenössischen Wahlen 2003 zu nennen, die u.a. zum Schluss kommt,<br />
dass Geschlechterfragen in der Beichterstattung zu den verschiedenen politischen Themenbereichen<br />
wie Wirtschafts- und Umweltpolitik, aber auch bei klassischen Themen der<br />
Gleichstellung wie der Mutterschaftsversicherung, eine untergeordnete Rolle spielen – auf<br />
7