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Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH

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Thematisierung von Geltungsansprüchen <strong>oder</strong> wie begründet und worüber die AkteurInnen sprechen<br />

Der Anteil an Äusserungen, die nicht als Geltungsansprüche gewertet wurden, ist in Radio<br />

und Fernsehen höher als bei den Online-Foren, bei denen solche Äusserungen kaum vorkamen.<br />

Mit knapp 2% ist dieser Wert bei den klassischen Medien allerdings nicht sehr<br />

hoch und erklärt sich zu einem guten Teil durch die vielen Begrüssungen und Verabschiedungen<br />

der M<strong>oder</strong>ation und der Teilnehmenden. 135<br />

Aus deliberativer Sicht wichtiger ist der Anteil an themenfremden Geltungsansprüchen.<br />

Dieser ist bei den klassischen Medien mit insgesamt knapp 1% äusserst gering, während er<br />

bei den Online-Foren 13.5% ausmacht. Bei den google.groups steigt er gar auf 29.2% an –<br />

knapp ein Drittel des Meinungsaustausches in den Foren von Google hat mit dem Abstimmungsthema<br />

also gar nichts zu tun. In einzelnen Diskussionsforen der google.groups 136 ist<br />

die Diskussion gemessen an allen Geltungsansprüchen gar zu 70% bzw. mehr als 80%<br />

themenfremd. Der hohe Anteil an themenfremden Geltungsansprüchen bei den Online-<br />

Foren erklärt sich also z.T. durch Extremwerte. Betrachtet man die Foren der Medienverlagshäuser<br />

gesondert, beträgt der Anteil an themenfremden Geltungsansprüchen nur noch<br />

4.8% und nähert sich damit dem Wert bei den privaten Fernseh- und Radiosendungen<br />

(2.1%) an. Dies deutet auf markante Unterschiede innerhalb der Online-Foren hin (s.u.).<br />

Weiter fällt auf, dass der Anteil an kritisierenden Geltungsansprüchen bei den Online-<br />

Foren mit 39.7% höher ist, als bei den klassischen Medien mit 28%. Dies hängt mit der<br />

Rolle der M<strong>oder</strong>ation zusammen (s.u.). Betrachtet man nämlich das Mass an Kritik in den<br />

klassischen Medien ohne M<strong>oder</strong>ation, so nähern sich die Werte zwischen den Mediengattungen<br />

an; Fernsehen und Radio weisen ohne M<strong>oder</strong>ation im Schnitt 40.8% Kritik auf.<br />

Um Aussagen über das Diskussionsklima machen zu können, interessiert in diesem Zusammenhang,<br />

an wessen Argumentationsweise Kritik geübt wird. Gemäss der Vorstellung<br />

eines idealen Diskurses orientiert sich die Meinungsbildung an der Überzeugungskraft der<br />

Argumentation. Aus dieser Perspektive steht die Stichhaltigkeit des Arguments im Vordergrund.<br />

Die Aufgabe der Diskursteilnehmenden ist es, diese im Wechsel der Rollen zwischen<br />

HörerIn und SprecherIn zu prüfen, wobei sie eine bereits gefasste Meinung im Falle<br />

einer „besseren“ Argumentation idealerweise ändern. Bei den untersuchten Diskussionssendungen<br />

und Online-Foren interessiert diesbezüglich, ob eine Meinungsänderung überhaupt<br />

erwartet werden kann und wer ein Interesse bekundet, geäusserte Argumentationen<br />

auf deren Stichhaltigkeit hin zu prüfen. Üben einzelne GesprächsteilnehmerInnen auch<br />

Kritik an der Argumentation von AkteurInnen, die hinsichtlich der Abstimmungsvorlage<br />

die gleiche Position einnehmen wie sie selbst <strong>oder</strong> zielt die Kritik grundsätzlich nur auf die<br />

Gegenposition?<br />

Wie bereits dargelegt wurde 137 handelt es sich bei den Diskursteilnehmenden in den dialogischen<br />

Formaten der klassischen Medien vornehmlich um positionierte AkteurInnen. Der<br />

Anteil jener Gesprächsteilnehmenden, deren Einstellung zur Abstimmungsvorlage entweder<br />

unbekannt <strong>oder</strong> noch offen ist, ist eher klein (9.8% ohne M<strong>oder</strong>ation). In den Online-<br />

Foren dagegen ist dieser Anteil mit 42% wesentlich höher, allerdings beteiligen sich die<br />

nicht positionierten AkteurInnen mit 28% aller Posts weniger rege an der Debatte als die<br />

identifizierbaren GegnerInnen und BefürworterInnen der Vorlage. Daraus konnte geschlossen<br />

werden, dass sowohl in den traditionellen als auch in den neuen elektronischen<br />

Medien die Pro-Contra-Debatte im Vordergrund steht. Betrachtet man nun, wer an wel-<br />

135 Solche Äusserungen wurden nicht als nicht als Geltungsanspruch gewertet wurden, da sie in Bezug auf<br />

die eigentliche Thematik nicht sinnstiftend wirken.<br />

136 Das Forum der Usenet Group „ch.soc.politics“ mit dem Titel „Kollegialitätsprinzip“, aufgeschaltet am<br />

12.05.2005, http://groups.google.ch/group/ch.talk/browse_frm/thread/b7c298b3a34b92c5, [Stand:<br />

15.12.2005] bzw. unter der Gruppe „ch.talk“ das Forum „ Vorteile der erweiterten Personenfreizügigkeit“,<br />

aufgeschaltet am 09.09.2005, http://groups.google.ch/group/ch.talk/browse_frm/thread/<br />

3ec2ca7be356476f/9785714dac5e5117 [Stand: 12.12.2005].<br />

137 Vgl. Kapitel 5.<br />

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