Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
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Zwischenfazit: Thematisierung von Geltungsansprüchen<br />
bracht. Die Argumentation aus der persönlichen Perspektive findet in den Westschweizer<br />
Online-Foren auch im Vergleich zu allen übrigen Untersuchungsebenen am meisten Berücksichtigung.<br />
Bezogen auf die Unterscheidung zwischen sachlichen, normativen und<br />
subjektiven Geltungsansprüchen ist der Diskurs in der Romandie insgesamt inklusiver als<br />
in der Deutschschweiz. Gemessen an der Themenvielfalt verschiebt sich das Ergebnis hingegen<br />
zugunsten der Deutschschweiz.<br />
In den Online-Foren der Westschweiz ist die thematische Fokussierung auf die Argumentationslinien,<br />
wie sie in den Abstimmungsunterlagen vorgestellt werden, überraschenderweise<br />
sehr ausgeprägt. Es kommen praktisch keine anderen Themen vor. Die thematische<br />
Bandbreite ist in den Online-Foren der Romandie sogar enger gefasst als in den klassischen<br />
Medien. Die Werte für die Deutschschweizer Online-Foren weisen hingegen auf die<br />
breiteste thematische Auseinandersetzung mit den Abstimmungsvorlagen. Bei den klassischen<br />
Medien ist die Themenvielfalt in den Sendungen der Deutschschweiz ebenfalls etwas<br />
grösser als in der Romandie, die Unterschiede sind hier jedoch weniger ausgeprägt.<br />
Mit Blick auf die Medienleistung wurde das Gesprächsverhalten der M<strong>oder</strong>ation in der<br />
vorliegenden Untersuchung einer gesonderten Analyse unterzogen. Die M<strong>oder</strong>atorInnen<br />
stellen in den untersuchten Sendungen provokative Fragen, bedienen sich jeweils oppositioneller<br />
Meinungen und sind darum bemüht, die Teilnehmenden zu klaren Positionierungen<br />
zu bewegen. Als DiskursteilnehmerInnen beteiligen sie sich jedoch kaum und nehmen<br />
demnach in erster Linie die Rolle der Vermittlung ein. Ein Indikator dafür ist, dass sie<br />
kaum Kritik im engeren Sinne äussern, sie stellen die Plausibilität der geäusserten Argumentationen<br />
eher selten in Frage. Allerdings konnte diesbezüglich eine relativ hohe Varianz<br />
zwischen einzelnen Sendungen ausgemacht werden. Das Sendekonzept scheint hier<br />
also eine Rolle zu spielen. Die M<strong>oder</strong>atorInnen begründen ihre Geltungsansprüche in der<br />
Mehrheit nicht, was mit der von ihnen eingenommenen Rolle als GesprächsleiterInnen<br />
zusammenhängt.<br />
Im Vergleich zwischen den öffentlichen und den privaten Sendern greifen die M<strong>oder</strong>atorInnen<br />
im öffentlichen Radio und Fernsehen etwas stärker in die Debatte ein, indem sie die<br />
Argumentation kritisch beleuchten. Dieser Unterschied ist jedoch nicht sehr gross. Die<br />
M<strong>oder</strong>ation nimmt bei beiden Anbietern überwiegend die Rolle der Gesprächsleitung ein<br />
und beteiligt sich demnach nur in geringem Mass als Diskursteilnehmerin.<br />
Über die Themensetzung und die Ausrichtung der gestellten Fragen nehmen die GesprächsleiterInnen<br />
Einfluss auf den Verlauf des Diskurses. Die Schwerpunktsetzung liegt<br />
diesbezüglich eindeutig auf der Diskussion von Sachfragen. Geltungsansprüche auf der<br />
subjektiven Ebene werden von den M<strong>oder</strong>atorInnen äusserst selten thematisiert, während<br />
sich die Teilnehmenden rund sechsmal häufiger auf dieser Ebene bewegen. Die M<strong>oder</strong>atorInnen<br />
bemühen sich zudem kaum darum, den Diskurs auf diese Ebene zu leiten. Nur ein<br />
geringer Anteil aller gestellten Fragen zielt darauf ab, eine subjektive Einschätzung durch<br />
die Teilnehmenden anzustossen. In den meisten Fällen zielen die Fragen auf eine Positionierung<br />
der TeilnehmerInnen, ebenfalls relativ häufig werden die Teilnehmenden aufgefordert<br />
ihre Aussagen zu präzisieren. Die Medienleistung besteht somit darin, zu Gewährleisten,<br />
dass das Publikum die Standpunkte der AkteurInnen verorten und eine Präferenzordnung<br />
der Positionen erstellen kann. Für die Diskursqualität ist insbesondere von Bedeutung,<br />
dass Unklarheiten über Nachfragen ausgeräumt werden, die Art der gestellten Fragen<br />
verweist somit auf eine Medienleistung, die in den untersuchten Sendungen auch erbracht<br />
wird.<br />
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