Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
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Fazit: <strong>Stimmengewirr</strong> <strong>oder</strong> <strong>Dialog</strong>?<br />
terlagen entsprechen, dieser Faktor ist bezogen auf beide Abstimmungen jedoch nicht konstant.<br />
Demgegenüber wird die gesamte thematische Bandbreite bei den öffentlichen Anbietern<br />
etwas ausgewogener diskutiert, der Diskurs ist weniger auf ausgewählte Themen fokussiert.<br />
Über alle Analysekategorien hinweg können die Ergebnisse wie folgt zusammengefasst<br />
werden: Die ökonomische Stellung der Anbieter scheint auf die Diskursqualität in dialogischen<br />
Formaten nur einen geringen Einfluss zu nehmen. Anders als angenommen, wird der<br />
Diskurs in den Sendungen der öffentlichen Anbieter leicht stärker personalisiert als bei den<br />
privaten, auch wird der kommunikative Respekt nicht nur weniger gewahrt, sondern auch<br />
öfters explizit auf Defizite im Diskursklima hingewiesen. Dieses Ergebnis überrascht insofern,<br />
als sich diese, für das <strong>Dialog</strong>format der Debatte festgestellten Charakteristika in den<br />
Sendungen der privaten Stationen aufgrund der Verteilung etwas stärker auswirken müssten.<br />
Es scheint, als ob die dialogischen Formate bei den öffentlichen Sendern dazu genutzt<br />
würden, dem allgemeinen Trend hin zu mehr „Infotainment“ Rechnung zu tragen. An dieser<br />
Stelle hypothetisch formuliert, unterscheiden sich also die verschiedenen Sendeformate<br />
(dialogische vs. monologische) bei den Öffentlichen deutlicher, als dies bei den Privaten<br />
der Fall zu sein scheint. Während sich die dialogischen Formate bei den untersuchten Anbietern<br />
in vielerlei Hinsicht ähneln, lässt sich in Bezug auf die Inklusivität der AkteurInnen<br />
ein Qualitätsunterschied feststellen, der zugunsten der öffentlichen Sender ausfällt. Der<br />
Service Public Auftrag wird demnach nicht nur auf inhaltlicher Ebene als Mandat zur Abdeckung<br />
eine breiten Themen- und Akteursspektrums, sondern schlägt sich auch im Sendekonzept,<br />
d.h. im Format nieder. Des Weiteren unterscheiden sich die Anbieter auch mit<br />
Blick auf den Ausstrahlungszeitpunkt der Sendungen: Die öffentlichen Anbieter setzten<br />
dialogische Formate über den gesamten Untersuchungszeitraum kontinuierlicher in der<br />
Programmgestaltung ein. Als Informationsquelle stehen den RezipientInnen Debatten und<br />
Interviews bei den öffentlichen Sendern bereits in der frühen Abstimmungsphase öfters zur<br />
Verfügung.<br />
9.2.3 Radio und Fernsehen<br />
In der Untersuchung konnten insgesamt mehr dialogische Radio- als Fernsehsendungen<br />
berücksichtigt werden (36 bzw. 21 dialogische Formate). Dabei haben die öffentlichen<br />
Anbieter deutlich mehr Radiosendungen ausgestrahlt als die privaten Anbieter. Auf Ebene<br />
der jeweiligen Untersuchungseinheiten hatte dies jedoch keinen Einfluss, da die Verteilung<br />
bei den untersuchten Anbietern aufgrund der insgesamt kürzeren Sendedauer im Radio<br />
sehr ausgewogen war. Innerhalb der Mediengattungen Radio und Fernsehen nehmen die<br />
verschiedenen <strong>Dialog</strong>formate ein unterschiedliches Gewicht ein: Im Radio wurde die<br />
Mehrheit der untersuchten Sendungen als Interview konzipiert (55.6%), im Fernsehen hingegen<br />
nur gerade 19.1%. Allerdings sollte daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass<br />
das Dialgformat „Interview“ ein radiospezifisches Merkmal wäre, denn zumindest in der<br />
Deutschschweiz, wo lediglich eine von sechs Sendungen als Interview konzipiert wurde,<br />
ist dem eindeutig nicht so. Wiederum ist der Einfluss der Debatten bezogen auf die relevanten<br />
Untersuchungseinheiten insgesamt bei beiden Mediengattungen stärker zu gewichten,<br />
im Fernsehen sind die Debatten bestimmend, im Radio zumindest klar vorherrschend.<br />
Nichts desto trotz bildet der stärkere Einfluss der Interviews im Radio einen Erklärungsansatz<br />
für die qualitativen Unterschiede zwischen den Mediengattungen. Denn generell zeigt<br />
sich bezogen auf die untersuchten Kategorien ein sehr ähnliches Bild für die Vergleichsebene<br />
„Interview und Debatte“ respektive „Radio und Fernsehen“. Von besonderem Interesse<br />
sind denn auch weniger die Unterschiede als die Frage nach der Kausalität, denn über<br />
vier Fünftel aller Interviews wurden im Radio produziert.<br />
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