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Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH

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Fazit: <strong>Stimmengewirr</strong> <strong>oder</strong> <strong>Dialog</strong>?<br />

deln und deren kommunikatives Verhalten somit nicht auf eine bestimmte Behörde, Organisation<br />

<strong>oder</strong> Interessensgemeinschaft zurückfallen könnte. 189 Demgegenüber gilt es bei<br />

den klassischen Medien zu beachten, dass hier auch andere Formen des respektverletzenden<br />

Verhaltens zum Zuge kommen können. So eröffnet das direkte mündliche Gespräch<br />

die Möglichkeit, andere zu unterbrechen und ihnen damit das Rederecht abzuerkennen<br />

<strong>oder</strong> zumindest streitig zu machen. In rund einem Viertel aller Sprecherwechsel ergreifen<br />

die Teilnehmenden das Wort, indem sie es jemand anderem abschneiden. In einem weiteren<br />

Viertel wird zumindest ein solcher Versuch gestartet bzw. der/die aktuell Sprechende<br />

wird mittels Dazwischenreden gestört.<br />

Eine weitere Einschränkung der Diskursqualität ergibt sich für die Online-Foren über den<br />

Umstand, dass ein wesentlicher Teil der Auseinandersetzung gar nicht auf das zur Diskussion<br />

stehende Thema ausgerichtet ist. Solche Äusserungen wurden bei der Untersuchung<br />

verschiedener Kategorien ausser Acht gelassen, da sie für die politische Meinungs- und<br />

Willensbildung schlicht keine Relevanz aufweisen. Sie sind für die Diskursqualität insofern<br />

zusätzlich abträglich, als die in den Online-Foren ohnehin mangelnde Kontinuität des<br />

Diskurses durch derlei Exkurse weiter unterminiert wird. Die Diskussionen in den klassischen<br />

Medien sind von diesem Problem kaum betroffen, sei es, weil die M<strong>oder</strong>ation hier<br />

die Fokussierung auf das Thema durch eine entsprechende Kommentierung gewährleistet,<br />

sei es, weil die debattiergewohnten AkteurInnen dem Anspruch auf Themenrelevanz von<br />

sich aus genügen.<br />

Nach der Frage des Wie, stellt sich somit die Frage, worüber sich die DiskursteilnehmerInnen<br />

austauschen. Die Untersuchung hat gezeigt, dass der themenrelevante Diskurs in beiden<br />

Mediengattungen mehrheitlich auf der sachlichen Ebene verläuft. Insbesondere normative<br />

Äusserungen wurden generell kaum vorgebracht und sind für den intermediären Vergleich<br />

daher wenig aussagekräftig. Demgegenüber wurde erwartet, dass die subjektive<br />

Ebene bei den Online-Foren eine grössere Rolle spielen würde als in den klassischen Medien,<br />

da die peripheren AkteurInnen potentiell eher aus einer lebensweltlichen Perspektive<br />

argumentieren. Das Individuum nimmt im Diskurs der Online-Foren tatsächlich einen höheren<br />

Stellenwert ein, allerdings dergestalt, dass der Diskurs v.a. stärker personalisiert<br />

wird. In den Online-Foren dreht sich die Diskussion rund dreimal mehr als in den klassischen<br />

Medien um Personenfragen, bei denen die Sachargumente nachrangig sind. Nicht<br />

selten werden die Äusserungen dabei beleidigend. Die Lebenswelt der AkteurInnen, die<br />

Begründung der thematisierten Geltungsansprüche aufgrund der eigenen Erfahrung <strong>oder</strong><br />

des persönlichen Umfelds, nimmt in beiden Mediengattungen in etwa ein ähnliches Gewicht<br />

ein. Gemessen an diesen Kriterien unterscheidet sich die Inklusivität der Argumente<br />

also kaum. Hingegen weisen die Online-Foren eine grössere thematische Vielfalt auf als<br />

die Diskussionen in Radio und Fernsehen. In Letzteren werden vornehmlich die Hauptargumentationslinien<br />

diskutiert, wie sie den Abstimmungsunterlagen entnommen werden<br />

können. Themen, die von diesem Katalog abweichen, werden in den Online-Foren gut<br />

dreimal öfter diskutiert. Innerhalb des genannten Themenkatalogs erfolgt die Schwerpunktsetzung<br />

indes überaus ähnlich. Auch in dieser Hinsicht kann demnach gefolgert werden,<br />

dass die Online-Foren keine Ventil-Funktion einnehmen, sondern eher ergänzend wirken,<br />

indem hier weitere Themen zur Sprache kommen, die in Radio und Fernsehen nicht<br />

gleichermassen diskutiert werden.<br />

Fasst man die Ergebnisse des intermediären Vergleichs für die Hauptanalysekategorien<br />

zusammen, kann Folgendes festgehalten werden: Die klassischen Medien sind bezogen auf<br />

189 Die Betreiber der Online-Foren stellen zwar bei regelwidrigem Verhalten, worunter teilweise auch respektverletzende<br />

Äusserungen gezählt werden, eine Sanktionierung in Aussicht. Faktisch konnte eine Überprüfung<br />

des Geschriebenen durch die Forenanbieter jedoch nur in Ausnahmefällen festgestellt werden.<br />

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