Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
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Schlusswort und Ausblick<br />
ne-Forum konstituiert sich somit aus dem Publikum als Medienakteur. Damit wird das<br />
tradierte liberale Ideal der räsonierenden Privatleute mit der m<strong>oder</strong>nen Funktion der Medien<br />
als Öffentlichkeit kurzgeschlossen und das ist es auch letzten Endes, was das „Neue“<br />
an den neuen Medien ausmacht. Von den klassischen Medien werden Debatten in den Online-Foren<br />
indes nur wenig – wenn überhaupt – beachtet und vermögen daher nicht, gesamthaft<br />
als (teilweise) rationalisierte Lebenswelt dem vom Zentrum dominierten Diskurs<br />
entgegenzutreten. Eine eigentliche Umstellung auf einen vermehrt deliberativen Kreislauf<br />
findet also nicht statt. Vielmehr hat das Internet eine vorwiegend verarbeitende Funktion –<br />
einerseits indem es die Diskussionen und Standpunkte aus den anderen Medien verarbeitet,<br />
andererseits indem es gegenüber den privaten Positionen und Empfindungen offen ist und<br />
im besten Fall beide Aspekte miteinander in Beziehung setzt. Dass virtuelle Diskussionsforen<br />
von offizieller Seite indes weder gefördert noch längerfristig institutionalisiert werden,<br />
scheint im Vergleich mit anderen Ländern wie Grossbritannien eine Schweizer Besonderheit<br />
zu sein. 199 Dies mag damit zusammenhängen, dass die politische Diskussionskultur in<br />
Staaten mit direktdemokratischen Partizipationsrechten gesamtgesellschaftlich ohnehin<br />
stärker verankert ist. Und auch das Milizsystem könnte dazu beitragen, dass seitens des<br />
politischen Zentrums eine „künstliche“ Diskussionsrunde gar nicht gewünscht wird, sind<br />
ParlamentarierInnen doch zumindest dem Ideal nach genügend stark in den jeweiligen lokalen<br />
Lebenswelten verankert, um sich direkt mit der „Basis“ austauschen zu können.<br />
Ausblick<br />
Welchen individuellen Nutzen die RezipientInnen/TeilnehmerInnen von Diskussionen in<br />
Radio und Fernsehen aber auch in Online-Foren haben, lässt sich anhand der vorliegenden<br />
Untersuchung nicht abschliessend sagen. Hier sind weiterführende Studien notwendig, die<br />
zudem auch die Verlaufsstruktur der Argumente in die Untersuchung miteinbeziehen. Dies<br />
könnte insbesondere Aufschluss darüber geben, wie stark der intermediäre Fluss von Positionen,<br />
Argumenten aber auch AkteurInnen ist – und in welche Richtung er läuft. Zudem<br />
wäre es dann möglich zu rekonstruieren, welche Argumente sich durchsetzen und welche<br />
entkräftet werden <strong>oder</strong> es ganz einfach nicht schaffen, genügend „uptake“ zu bekommen<br />
und so innerhalb der Diskussion aber auch über die gesamte Debatte hinweg einen peripheren<br />
Status einnehmen. Auf Medienseite hingegen wäre es in einem nächsten Schritt angezeigt,<br />
neben dialogischen Formaten auch die monologischen Sendungen wie auch Printmedien<br />
verstärkt in die Untersuchung einzubeziehen. Thematisch gesehen wäre es sodann<br />
wichtig, nicht nur die politische Kommunikation im Rahmen institutionalisierter Prozesse<br />
wie Wahlen und Abstimmungen zu untersuchen. Vielmehr wäre es auch notwendig, den<br />
„diskursiven Alltag“ genauer unter die Lupe zu nehmen, d.h. die Prozesse der Meinungsbildung<br />
im Kontext unterschiedlichster medialer Diskursfragmente, die alle um die Aufmerksamkeit<br />
der RezipientInnen kämpfen. Daran anknüpfend sind es dann insbesondere<br />
qualitativ orientierte RezipientInnenstudien etwa im Sinne der Cultural Studies, die es<br />
Ebensowenig erschöpft sich massenmediale Kommunikation gleich welchen Typs in der Selbstverständigung<br />
der AkteurInnen, wie Schönhangen in Anlehnung an Jarren referiert (vgl. Schönhagen 2004: 283), denn „Politik<br />
besteht nicht nur, und nicht einmal in erster Linie, aus Fragen der ethischen Selbstverständigung“ (Habermas<br />
1996: 283). Der Fehler solcher eher dem Republikanismus zuzurechnenden Überlegungen besteht, so<br />
Habermas, in der „ethischen Engführung politischer Diskurse“ (Habermas 1996: 283, Hervorhebung i.O.).<br />
Als Folge davon werden alle anderen Diskursmodi sowie ihre Verbindungen untereinander weitgehend ignoriert,<br />
die erst in einer deliberativen Konzeption der Politik klar hervortreten: Erst das deliberative Verfahren<br />
„stellt einen internen Zusammenhang zwischen pragmatischen Überlegungen, Kompromissen, Selbstverständigungs-<br />
und Gerechtigkeitsdiskursen her und begründet die Vermutung, dass unter Bedingungen eines problembezogenen<br />
Informationsflusses und sachgerechter Informationsverarbeitung vernünftige bzw. faire Ergebnisse<br />
erzielt werden“ (Habermas 1992: 359-360).<br />
199 Das britische Parlament wie auch etwa das schottische unterhalten Diskussionsforen zu Themen der aktuellen<br />
Politik (http://www.tellparliament.net/; http://www.communitypeople.net/interactive/, [Stand:<br />
12.02.07]).<br />
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