Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
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Fazit: <strong>Stimmengewirr</strong> <strong>oder</strong> <strong>Dialog</strong>?<br />
die vorkommenden AkteurInnen insofern inklusiver, als das mögliche Akteursspektrum<br />
ausgewogener abgebildet wird. Die Online-Foren sind indes inklusiver was die peripheren<br />
AkteurInnen angeht, die hier den <strong>Dialog</strong> ausschliesslich unter sich herstellen. Theoriegebunden<br />
entsprechen die Online-Foren somit eher dem Ideal des herrschaftsfreien Diskurses.<br />
Insgesamt tauschen sich hier deutlich mehr AkteurInnen aus als dies in den Sendungen<br />
von Radio und Fernsehen der Fall ist – es werden also potentiell mehr Meinungen vorgestellt.<br />
Dies wird indes dadurch erkauft, dass Online-Debatten insgesamt fragmentarischer<br />
sind, was Reziprozität und Reflexivität anbelangt. Zudem wird die Online-Diskussion stärker<br />
personalisiert, weniger rational geführt und die Themenrelevanz ist defizitär. Dem enger<br />
geführten Diskurs in Radio und Fernsehen steht sozusagen das virtuelle Patchwork an<br />
Meinungen und Gesprächsfetzen im Internet gegenüber. Ein deliberatives Potential der<br />
Online-Foren besteht indes darin, dass hier das Primat nicht a priori auf der Auseinandersetzung<br />
mit vorgefassten Positionen liegt, sondern – zumindest potentiell – eine unvoreingenommene<br />
Diskussion über Argumente geführt wird. Zudem weisen die Online-Foren<br />
eine breitere thematische Auseinandersetzung mit dem Diskussionsgegenstand auf. Deutliche<br />
qualitative Unterschiede innerhalb verschiedener Foren (s.u.) legen jedoch eine differenziertere<br />
Beurteilung nahe.<br />
Nachdem die Bedeutung der untersuchten Grössen hinsichtlich der Diskursqualität im<br />
Vergleich zwischen den traditionellen und neuen elektronischen Medien bereits erläutert<br />
wurde, können die Ergebnisse für die nachfolgenden Vergleichsebenen etwas knapper<br />
wiedergegeben werden. Die für die jeweilige Mediengattung herausgestellten Besonderheiten<br />
hinsichtlich der die Kommunikationssituation und -struktur gilt es dabei gedanklich<br />
miteinzubeziehen. Im Folgenden wird auf verschiedene Vergleichsebenen innerhalb der<br />
klassischen Medien eingegangen, der Fokus richtet sich dabei zuerst auf den Vergleich<br />
zwischen verschiedenen <strong>Dialog</strong>formaten.<br />
9.2 Klassische Medien<br />
9.2.1 Debatten und Interviews<br />
Das <strong>Dialog</strong>format der jeweiligen Sendungen stellt bezogen auf einige der untersuchten<br />
Analysekategorien einen wesentlichen Einflussfaktor dar. Bevor daher auf die weiteren<br />
Hauptvergleichsebenen eingegangen wird, sollen an dieser Stelle kurz die wesentlichen<br />
Merkmale von Interviews und Debatten mit Blick auf die Diskursqualität vorgestellt werden.<br />
In der vorliegenden Untersuchung wurde das Interview als Gespräch zwischen der M<strong>oder</strong>ation<br />
und einer/m TeilnehmerIn definiert. In ihrer grundsätzlichen Charakterisierung<br />
zeichnet sich das Interview als <strong>Dialog</strong>format dadurch aus, dass ein/e TeilnehmerIn die Gelegenheit<br />
erhält, ihre Meinung zur Abstimmungsvorlage <strong>oder</strong> einzelner damit verbundener<br />
Aspekte darzulegen. In solchen <strong>Dialog</strong>en werden andere Meinungen allenfalls durch die<br />
M<strong>oder</strong>ation in den Diskurs getragen, die eigentlichen MeinungsträgerInnen sind jedoch<br />
nicht zugegen. Ebenso wird die Plausibilität der Argumentation einzig durch die M<strong>oder</strong>atorInnen<br />
geprüft. Demgegenüber zeichnen sich Debatten dadurch aus, dass verschiedene<br />
MeinungsträgerInnen zu Wort kommen wollen und sollen. Die Auseinandersetzung mit<br />
verschiedenen Argumenten erfolgt hier, zumindest potentiell, direkt zwischen den Teilnehmenden,<br />
die andere Argumentationen hinterfragen und ihre eigenen verteidigen können.<br />
Hinsichtlich der Inklusivität der AkteurInnen ist das für eine jeweilige Sendung gewählte<br />
<strong>Dialog</strong>format bestimmend: Entweder ist neben der M<strong>oder</strong>ation nur eine weitere Person am<br />
Diskurs beteiligt <strong>oder</strong> aber die Akteursstruktur ist breiter angelegt, wobei potentiell ver-<br />
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