Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
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Zwischenfazit: Kommunikativer Respekt <strong>oder</strong> wie höflich die AkteurInnen miteinander sprechen<br />
brechung verletzt werden als in Interviews. Dies ist verständlich, da sich in Debatten mehrere<br />
GesprächspartnerInnen gegenüber stehen und die Regeln des Rollenwechsels weniger<br />
fest gefügt sind als etwa in Interviews. Interviews sind von diesem Gesichtspunkt her klarer<br />
strukturiert, die Gesprächsdisziplin ist entsprechend höher.<br />
In über einem Viertel aller Redebeiträge in Debatten versuchen die AkteurInnen erfolglos,<br />
das Rederecht zu übernehmen, mehr als doppelt so häufig wie in Interviews. In den untersuchten<br />
Debatten entbrennt also häufig Streit um das Rederecht. Doch nicht nur die Gesprächsdisziplin<br />
ist niedriger als in Interviews, sondern die Beteiligten bringen sich auch<br />
weniger kommunikativen Respekt entgegen. Das Fehlen dieses kommunikativen Respekts<br />
wird denn auch angesprochen, diskursive Normen werden thematisiert. In den Interviews<br />
dagegen wird nicht auf die Metakommunikation zurückgegriffen, die Angriffe auf das Rederecht<br />
werden nie explizit thematisiert.<br />
In den untersuchten Debatten findet häufiger eine Personalisierung des Diskurses statt als<br />
in Interviews. Das war zu erwarten, stehen sich doch in Interviews lediglich zwei Personen<br />
gegenüber, wovon eine die M<strong>oder</strong>ation darstellt. M<strong>oder</strong>atorInnen tragen potentiell zwar<br />
opponierende Ansichten in den Diskurs hinein – allen Beteiligten ist dabei jedoch klar,<br />
dass dies funktionale Gründe hat und die M<strong>oder</strong>ation nicht ihre persönliche Meinung vertritt.<br />
Entsprechend wird der Diskurs in Bezug auf diese spezifische Akteursgruppe weniger<br />
personalisiert. Insgesamt werden in den Debatten viermal häufiger despektierliche Äusserungen<br />
getätigt als in den Interviews, ein deutlicher Unterschied. Die Hypothesen, dass in<br />
Debatten häufiger personenbezogene Argumente vorgebracht werden als in Interviews<br />
und dass der kommunikative Respekt in Interviews höher als in Debatten ist,<br />
können bestätigt werden.<br />
Eine weitere Vergleichsebene bildete die Unterscheidung zwischen Radio und Fernsehen.<br />
Die Untersuchung hat gezeigt, dass im Radio der Anteil an Sprecherwechseln durch Unterbrechung<br />
insgesamt niedriger ist als im Fernsehen. Der Anteil an „entschuldigten“ Unterbrechungen<br />
ist ungefähr gleich gross. Diese Unterschiede zwischen den Gattungen können<br />
durch das <strong>Dialog</strong>format erklärt werden. Da das Fernsehen mehr Debatten ausstrahlt<br />
und in diesen der glatte Sprecherwechsel seltener vorkommt als in Interviews, ist der Anteil<br />
an Unterbrechungen im Fernsehen höher als im Radio.<br />
Im Radio fallen sich die AkteurInnen in knapp einem Fünftel aller Redebeiträge gegenseitig<br />
ins Wort und versuchen erfolglos, das Rederecht zu übernehmen, im Fernsehen ist dies<br />
sogar in mehr als einem Viertel der Fall. Nun können die Anzahl der Sprecherwechsel<br />
durch Unterbrechung und die Anzahl der versuchten Unterbrechungen zueinander in Beziehung<br />
gesetzt werden. Dabei kann festgestellt werden, dass im Fernsehen die nichtkooperativen<br />
Formen des Sprecherwechsels, also Redeunterbrechungen stärker vertreten<br />
sind als im Radio. Zudem kommt es im Fernsehen häufiger zu einem Kampf um das Wort<br />
als in Radiosendungen. Im rein akustischen Medium ist damit die Gesprächsdisziplin höher<br />
als im audio-visuellen.<br />
In den beiden Gattungen fällt die Wahl der Gegenstrategien zur Behauptung des Rederechts<br />
ähnlich aus. In rund drei Viertel der versuchten Unterbrechung wird einfach weiter<br />
gesprochen. In knapp einem Fünftel wird der betroffene Redeteil wiederholt. Ein Unterschied<br />
ist bei der dritten Gegenstrategie zur Behauptung des Rederechts auszumachen: Die<br />
versuchte Unterbrechung wird im Radio weniger oft explizit thematisiert als im Fernsehen.<br />
Diese Ergebnisse unterstützen die bereits getroffene Aussage, dass der Diskurs im Radio<br />
kooperativer verläuft als im Fernsehen. Ein weiterer Grund hierfür könnte allerdings auch<br />
in der jeweiligen kommunikativen Situation liegen: Weiter- bzw. Lauterreden, um das Rederecht<br />
zu behaupten, stellt im rein auditiven Medium eine wirksamere Strategie dar als im<br />
audio-visuellen Medium Fernsehen.<br />
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