Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
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Zwischenfazit: Inklusivität <strong>oder</strong> wer überhaupt zu Wort kommt<br />
5.4 Zwischenfazit: Inklusivität <strong>oder</strong> wer überhaupt zu Wort kommt<br />
In diesem Teil der Untersuchung wurde analysiert, ob sich in Bezug auf die Inklusivität der<br />
AkteurInnen Unterschiede zwischen den verschiedenen Mediengattungen, -anbietern und<br />
Sprachregionen feststellen lassen. Zu diesem Zweck wurde erhoben, wie stark die verschiedenen<br />
Akteursgruppen rein personell in den jeweiligen Sendungen und Online-Foren<br />
vertreten sind und wie oft und wie lange sie sich in den Diskurs einbringen können. Ein<br />
besonderes Augenmerk galt dabei der Frage, ob entlang der Achse „Zentrum – Peripherie“<br />
ein egalitärer Zugang zum Diskurs gewährleistet ist <strong>oder</strong> die Diskussion von einzelnen<br />
Akteursgruppen dominiert wird. Um festzustellen, inwiefern differierende Argumente potentiell<br />
Eingang in die Diskussion finden, wurde zudem das Verhältnis zwischen TeilnehmerInnen<br />
mit unterschiedlichen Positionen zur jeweiligen Abstimmungsvorlage analysiert.<br />
Ausgehend von den erkenntnisleitenden Hypothesen richtet sich der Fokus insbesondere<br />
auf den Vergleich zwischen den öffentlichen und den privaten Anbietern. Es konnten indes<br />
auch Erkenntnisse bezüglich der unterschiedlichen Diskursqualität in den klassischen Medien<br />
und den Online-Foren sowie sprachregionale Besonderheiten festgestellt werden, die<br />
im Folgenden zusammenfassend vorgestellt werden.<br />
Der Vergleich zwischen Radio und Fernsehen sowie den Online-Foren verweist auf wesentliche<br />
Unterschiede zwischen den klassischen und den neuen elektronischen Medien.<br />
Zieht man ausschliesslich das Kriterium der Inklusivität anhand der vorkommenden AkteurInnen<br />
heran, so weisen die klassischen Medien in diesem Punkt eine höhere Diskursqualität<br />
auf als die Online-Foren, denn die Teilnehmenden gehören unterschiedlichen Akteursgruppen<br />
an, die in Bezug auf die Abstimmung potentiell unterschiedliche Argumentationslinien<br />
verfolgen. So sind hier neben den Medien selber Personen aus der Politik, von Spitzenverbänden<br />
der Wirtschaft und der ArbeitnehmerInnen, von einzelnen Interessengruppen<br />
sowie vereinzelt ExpertInnen am Diskurs beteiligt. Einzelne Bürgerinnen und Bürger bringen<br />
sich in den dialogischen Radio- und Fernsehformaten ebenfalls ein, sind aber mit<br />
knapp einem Fünftel aller am <strong>Dialog</strong> beteiligten Personen relativ schwach vertreten. Entlang<br />
der Achse „Zentrum – Peripherie“ sind die AkteurInnen des Zentrums in den klassischen<br />
Medien doppelt so stark vertreten wie die peripheren AkteurInnen. Ein ganz anderes<br />
Bild zeichnet sich dagegen bei den Online-Foren. Hier wird der Diskurs von den zivilgesellschaftlichen<br />
AkteurInnen dominiert. Lediglich wenige Ausnahmen gehören einer anderen<br />
Akteursgruppe an. Die peripheren AkteurInnen, die den politischen Prozess mehrheitlich<br />
als stimmberechtigte Bevölkerung herstellen, sind für den Diskurs in den Online-Foren<br />
also bestimmend, allerdings findet hier kein Meinungsaustausch mit anderen, am politischen<br />
Prozess massgeblich beteiligten Personen statt. Vielmehr stellen die Online-Foren<br />
eine Plattform der politischen Meinungs- und Willensbildung dar, die den medialen Diskurs<br />
komplementieren und bezüglich der Beteiligung der Peripherie kompensatorisch wirken.<br />
Gleichwohl handelt es sich auch hier um eine Teilöffentlichkeit, die auf einen Kreis<br />
interessierter NutzerInnen beschränkt bleibt. Insgesamt tauschen sich absolut gesehen in<br />
den Online-Foren zwar deutlich mehr Personen aus als in den klassischen Medien, um wen<br />
es sich dabei handelt bleibt jedoch weitgehend verborgen. Ein mögliches Identifikationsmerkmal<br />
bildet das Geschlecht der UserInnen, das etwas mehr als der Hälfte aller Teilnehmenden<br />
zugeordnet werden konnte. Anhand dieser Kategorie konnte exemplarisch gezeigt<br />
werden, dass die Online-Foren keinesfalls gesamtgesellschaftliche Repräsentanz für<br />
sich beanspruchen können. So ist der weibliche Teil der Bevölkerung in den untersuchten<br />
Plattformen mehr als deutlich unterrepräsentiert. Die klassischen Medien, deren Akteursstruktur<br />
einen hohen Anteil an PolitikerInnen aufweist, vermögen die realen Verhältnisse<br />
eher zu widerspiegeln. Zwar sind Frauen – gemessen beispielsweise an der Verteilung im<br />
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