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Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH

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Zwischenfazit: Thematisierung von Geltungsansprüchen<br />

niert. Aus diesem Grund ist die Diskursqualität in den Online-Foren insgesamt als wesentlich<br />

niedriger einzustufen als in den klassischen Medien. Allerdings gilt es dabei zu beachten,<br />

dass einzelne Foren von dieser Beurteilung auszuklammern sind (s.u.).<br />

Im intermediären Vergleich stellt sich des Weiteren die Frage, ob die Stichhaltigkeit der<br />

Argumentation in einer der genannten Mediengattungen auf einen härteren Prüfstand gestellt<br />

wird, indem eine kritischere Auseinandersetzung erfolgt. Interessanterweise hat sich<br />

gezeigt, dass die Teilnehmenden in den klassischen Medien (ohne M<strong>oder</strong>ation) eine ähnlich<br />

kritische Haltung einnehmen wie jene in den Online-Foren. Da die Diskussion in den<br />

klassischen Medien – deutlicher als im Internet – zwischen BefürworterInnen und GegnerInnen<br />

der jeweiligen Abstimmungsvorlage bestritten wird, wurde in Kapitel 5 die Hypothese<br />

aufgestellt, dass der Diskurs in den klassischen Medien konfrontativer sei. Da das<br />

Mass an geäusserter Kritik in beiden Mediengattungen jedoch ähnlich hoch ausfällt, kann<br />

diese Hypothese nicht bestätigt werden. Anhand der Unterscheidung des diskursiven Verhaltens<br />

nach Positionen konnte indes eine andere Divergenz zwischen den traditionellen<br />

und den neuen elektronischen Medien festgestellt werden:<br />

Es wurde analysiert, ob es in den jeweiligen dialogischen Formaten primär darum geht, die<br />

eigene Position zu propagieren und die Gegenposition zu schwächen <strong>oder</strong> ob eine kritische<br />

Auseinandersetzung mit der Argumentation – unabhängig von der Einstellung zur Abstimmungsvorlage<br />

– in Pro-Contra-Debatten überhaupt erwartet werden kann. Die Online-<br />

Foren schneiden bezüglich dieses Punktes besser ab: Die Diskursteilnehmenden wagen<br />

sich hier eher, eine Kritik an AkteurInnen mit der gleichen Abstimmungsabsicht zu äussern<br />

als dies in den klassischen Medien der Fall ist. Dabei hat die Argumentation bzw. die<br />

Glaubwürdigkeit der Personen ihrer Äusserungen Vorrang vor der geteilten Meinung zur<br />

Abstimmungsvorlage. Allerdings kommt die Kritik an Personen „aus dem eigenen Lager“<br />

auch in den Foren eher selten vor. Ein bedeutsamer Unterschied zu den klassischen Medien<br />

liegt indes in der Besonderheit, dass in den Online-Foren ein verhältnismässig reger kritischer<br />

Austausch zwischen AkteurInnen stattfindet, deren Einstellung zum Abstimmungsgegenstand<br />

nicht bekannt ist. Hierbei kann davon ausgegangen werden, dass das diskursive<br />

Verhalten weniger auf die Festigung einer bestimmten Position als auf ein Prüfen der Argumentation<br />

abzielt. Es wurde bereits festgehalten, dass die Online-Foren aufgrund der<br />

Akteursstruktur diesbezüglich ein höheres Potential aufweisen als die klassischen Medien,<br />

ein Merkmal, dass anhand dieses Ergebnisses bestätigt werden kann.<br />

Für die Diskursqualität von zentraler Bedeutung ist jedoch, ob die KritikerInnen ihre Aussagen<br />

auch begründen und damit potentiell mit einer besseren Argumentation überzeugen.<br />

Diesbezüglich wurden nur die Gesprächsanteile der Teilnehmenden (ohne M<strong>oder</strong>ation)<br />

gewertet, die sich tatsächlich mit dem jeweiligen Abstimmungsthema auseinandersetzen.<br />

Die Qualität des Diskurses ist gemessen an diesem Kriterium in den klassischen Medien<br />

höher als im Internet. Zum einen wird die Kritik an den Aussagen anderer etwas stärker<br />

begründet als in den Online-Foren, zudem wird weniger unbegründete – und somit nicht<br />

rational nachvollziehbare – Kritik geäussert. Ebenso spricht das Verhältnis zwischen begründeter<br />

und unbegründeter Kritik für eine höhere Diskursqualität bei den klassischen<br />

Medien. Die Hypothese, dass der Diskursverlauf in den Online-Foren gegenüber Radio<br />

und Fernsehen weniger reziprok ist, d.h. dass die einzelnen AkteurInnen weniger<br />

auf die Argumente der anderen TeilnehmerInnen eingehen, kann somit bestätigt werden.<br />

Betrachtet man die Hauptaussagen, in denen Positionen und Meinungen dargelegt<br />

<strong>oder</strong> Thesen aufgestellt werden, so zeigt sich wiederum, dass in den klassischen Medien<br />

mehr argumentiert und weniger behauptet wird. Es werden mehr begründete Geltungsansprüche<br />

erhoben als unbegründete. In den Online-Foren ist dieses Verhältnis umgekehrt.<br />

Bis zu einem gewissen Mass lässt sich dieses für die Online-Foren negativere Ergebnis<br />

damit erklären, dass die Teilnehmenden hier diskursive Funktionen der M<strong>oder</strong>ation übernehmen,<br />

indem sie etwa eine neue thematische Schwerpunktsetzung vornehmen <strong>oder</strong> ande-<br />

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