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Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH

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Zwischenfazit: Kommunikativer Respekt <strong>oder</strong> wie höflich die AkteurInnen miteinander sprechen<br />

beleidigt als in den klassischen elektronischen Medien. Das ist ein deutlicher Unterschied.<br />

Interessant ist auch das Verhältnis zwischen Personalisierung und despektierlichen Äusserungen:<br />

Findet in den klassischen Medien eine Personalisierung statt, ist diese meist beleidigend.<br />

Dies ist in den Online-Foren relativ gesehen weniger deutlich der Fall. Nichts desto<br />

trotz ist der prozentuale Anteil an despektierlichen Äusserungen im direkten Vergleich<br />

mit den klassischen Medien deutlich höher. Die Hypothese, dass Gegenargumente in<br />

Online-Foren häufiger als bei Radio und Fernsehen auf den/die UrheberIn des Arguments<br />

als auf das Argument selbst zielen und dass der Diskurs weniger respektvoll<br />

als in den klassischen Medien ist, kann somit bestätigt werden. Die Möglichkeit, sich in<br />

den Online-Debatten ohne Preisgabe der eigenen Identität zu äussern sowie die Dominanz<br />

der Peripherie, deren AkteurInnen keine Zugehörigkeit zu einer Partei, Organisation <strong>oder</strong><br />

Interessensgemeinschaft aufweisen, lässt in Bezug auf die Kategorie des Respekts somit<br />

die Kehrseite zum herrschaftsfreien Diskurs erkennen. Ein weiterer Grund für das Resultat<br />

dürfte in der – zwar in Aussicht gestellten – faktisch aber inexistenten Sanktionierung<br />

durch die Betreiber liegen. Die M<strong>oder</strong>ation in den klassischen Medien scheint indes ebenfalls<br />

nur ansatzweise regulierend zu wirken, denn die von ihr angestossene Metakommunikation<br />

über den mangelnden kommunikativen Respekt hält sich in Grenzen. Die Teilnehmenden<br />

selber zeigen sich diesbezüglich engagierter. Dabei gilt es zu bedenken, dass der<br />

Verweis auf einzelne Personen, die die Diskursnormen verletzen, diese nicht unbedingt im<br />

besten Licht erscheinen lässt.<br />

Bei den Online-Foren wird zwischen google.groups und Foren von Medienverlagshäusern<br />

unterschieden. Die Untersuchung hat gezeigt, dass in den Foren der google.groups<br />

1.8-mal häufiger eine Personalisierung des Diskurses stattfindet, nämlich in über einem<br />

Viertel aller Geltungsansprüche, als in denjenigen der Medienverlagshäuser. Zudem äussern<br />

sich die Beteiligten bei den google.groups 1.5-mal häufiger despektierlich über eine/n<br />

andere/n UserIn als in den übrigen Foren. Dieses Resultat kann damit begründet werden,<br />

dass die UserInnen in den google.groups offensichtlich ein anderes Diskussionsverhalten<br />

an den Tag legen; es wird eher ein chat-ähnliches Kommunikationsverhalten gepflegt, in<br />

dem gegenseitige Frotzeleien an der Tagesordnung sind. Zudem tauschen sich oft dieselben<br />

Teilnehmenden in verschiedenen Foren aus: So gibt es bspw. sechs UserInnen, die sich<br />

an zehn bis fünfzehn der untersuchten Foren beteiligen. Diese UserInnen verhalten sich<br />

wie eine Community, die sich in verschiedenen Foren unterhalten, relativ unabhängig davon,<br />

welches Thema behandelt wird. Neben dem Diskussionsverhalten der UserInnen<br />

könnte ein weiterer Aspekt für die Differenz zwischen den Anbietern eine Rolle spielen:<br />

Bei den Foren der Medienverlagshäuser werden so genannte „Spielregeln“ für die Teilnahme<br />

an den Foren publiziert. Die Betreiber stellen bei Zuwiderhandlung in Aussicht, die<br />

aufgeschalteten Posts auf Regelverletzungen hin zu prüfen – sei es vorbehaltlich wie bei<br />

espace.ch und 24heures.ch <strong>oder</strong> systematisch wie bei baz.ch 182 und tdg.ch. Bei den<br />

google.groups wird dies nicht in Aussicht gestellt. Die Untersuchung hat gezeigt, dass die<br />

Ankündigung, einzelne Posts zu editieren bzw. zu löschen wahrscheinlich nicht umgesetzt<br />

wird, sie könnte aber dennoch Einfluss auf das Diskussionsverhalten der UserInnen haben.<br />

In den google.groups wird der Diskurs also nicht nur eher personalisiert, die Teilnehmenden<br />

setzen einander auch häufiger herab als in den anderen Foren. Die Hypothese, dass<br />

der Diskurs in den Online-Foren der Medienverlagshäuser respektvoller ist als in den<br />

google.groups, hat sich bestätigt.<br />

In den traditionellen elektronischen Medien gibt neben den explizit respektverletztenden<br />

Äusserungen der Sprecherwechsel Auskunft über den kommunikativen Respekt. Es konnte<br />

182 Die Ankündigung bei baz.ch, dass einzelne Posts in der Zeitung veröffentlicht werden könnten, könnte<br />

zudem ein positiver Anreiz darstellen.<br />

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