Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
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Fazit: <strong>Stimmengewirr</strong> <strong>oder</strong> <strong>Dialog</strong>?<br />
sachliche Auseinandersetzung vorherrschend. Die subjektive Ebene findet in den Debatten<br />
etwas mehr Berücksichtigung und kommt hier v.a. in einem stärker personalisierten Diskurs<br />
zum Ausdruck. Die höhere Inklusivität der Argumente ist bei den Debatten primär<br />
dadurch gegeben, dass mehrere AkteurInnen am Diskurs teilhaben. Von der thematischen<br />
Ausrichtung her unterscheiden sich die <strong>Dialog</strong>formate bei der ersten Abstimmung kaum,<br />
bezogen auf die Abstimmung über die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit finden sich<br />
dagegen deutlich unterschiedliche Schwerpunktsetzungen. In Debatten kommen insgesamt<br />
etwas mehr Themen zur Sprache, die nicht dem Themenkatalog der Abstimmungsunterlagen<br />
entsprechen.<br />
Für die Bestimmung des deliberativen Potentials kann die unterschiedliche Diskursqualität<br />
von Debatten und Interviews wie folgt zusammengefasst werden. Interviews zeichnen sich<br />
dadurch aus, dass ein respektvolles Diskussionsklima herrscht, in dem die sachliche Auseinandersetzung<br />
im Vordergrund steht. Einzelne AkteurInnen erhalten die Gelegenheit ihre<br />
Position vorzustellen und begründen ihre Meinung in vielen Fällen. Allerdings wird die<br />
Argumentation in Interviews kaum auf ihre Plausibilität hin geprüft. Im direkten Vergleich<br />
schneiden die Debatten in diesem Punkt besser ab. Aus Sicht der RezipientInnen und mit<br />
Blick auf die Meinungs- und Willensbildung besteht ein Vorteil der Debatten darin, dass<br />
mehrere Positionen zur Diskussion stehen und sich die Diskussion somit eher auf die Präferenzordnung<br />
der RezipientInnen auswirkt. Allerdings büsst der Diskurs der Debatten<br />
durch ein höheres Mass an Personalisierung sowie durch die weniger respektvolle Interaktion<br />
als in Interviews an Qualität ein.<br />
9.2.2 Öffentliche und private Anbieter<br />
Überraschenderweise wird das dialogische Format in den Sendungen der öffentlichen Anbieter<br />
generell stärker berücksichtigt. Obschon mehr private als öffentliche Radio- und<br />
Fernsehsender in der Stichprobe berücksichtigt wurden, stammt doch ein Grossteil aller<br />
hier analysierten dialogischen Formate von öffentlichen Anbietern. Dies überrascht insofern,<br />
als das dialogische Format mit Blick auf die Produktionskosten eine attraktive Form<br />
der Sendungsgestaltung darstellt und die privaten Anbieter stärkeren ökonomischen Zwängen<br />
unterliegen. Inwiefern dieses Ergebnis allerdings durch andere marktorientierte Erwägungen<br />
begründet ist (bspw. Zuschauerzahlen) kann an dieser Stelle nicht geklärt werden.<br />
Bezüglich der Präferenz unterschiedlicher <strong>Dialog</strong>formate kann festgestellt werden, dass<br />
sich das Interview bei den öffentlichen Anbietern einer deutlich grösseren Beliebtheit erfreut<br />
als bei den privaten. In den untersuchten Sendungen wurden bei Letzteren kaum je<br />
Interviews ausgestrahlt (2 von 18 Sendungen gegenüber 22 von 39 bei den öffentlichen).<br />
Das <strong>Dialog</strong>format hat dennoch lediglich bedingt einen Einfluss auf die Ergebnisse der jeweiligen<br />
Anbieter. Bezogen auf die zentralen Untersuchungseinheiten ist das Gewicht der<br />
Debatten bei beiden Anbietern deutlich bestimmend, bei den privaten noch etwas ausgeprägter<br />
als bei den öffentlichen.<br />
Bezogen auf die Frage, wie inklusiv der Diskurs bei den jeweiligen Anbietern ist, kann<br />
zunächst festgestellt werden, dass sich an den Sendungen der öffentlichen Anbieter durchschnittlich<br />
mehr Personen beteiligen als bei den privaten. Somit werden rein quantitativ<br />
mehr unterschiedliche Meinungen präsentiert, anhand derer sich die RezipientInnen ein<br />
Bild vom Diskussionsgegenstand machen können. Der Diskurs bezogen auf die vorkommenden<br />
AkteurInnen ist bei den öffentlichen Anbietern auch mit Blick auf die Achse Zentrum<br />
– Peripherie inklusiver. Zum einen treten die peripheren AkteurInnen hier personell<br />
rund doppelt so oft in Erscheinung als bei den privaten Anbietern. Dieses Ergebnis lässt<br />
sich damit erklären, dass die Sendungen der öffentlichen Anbieter öfters das Konzept des<br />
Phone-In integrieren. Zum anderen werden aber auch VertreterInnen von zentrums- und<br />
insbesondere auch peripherienahen Verbänden stärker am Diskurs beteiligt als bei den privaten<br />
Anbietern. Bei Letzteren wird die Diskussion zu einem guten Teil von JournalistIn-<br />
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