Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
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Kommunikativer Respekt <strong>oder</strong> wie höflich die AkteurInnen miteinander sprechen<br />
genseitig herabsetzen. Nach der Theorie des deliberativen Diskurses wägen die AkteurInnen<br />
die Argumente solange ab, bis sie sich – verkürzt gesagt – auf eines einigen können.<br />
Dabei geht es jeweils um Sachargumente. Bei der Findung des besten Arguments ist es<br />
somit nicht hilfreich, wenn die Diskussion personalisiert wird, also personenbezogene Argumente<br />
in den Vordergrund treten. Um herauszufinden, inwiefern dies trotzdem geschieht,<br />
wurde das Argumentum ad hominem codiert. Damit wird zum einen erfasst, ob der<br />
Diskurs auf Personen ausgerichtet ist, zum anderen ob die Personalisierung über die Person<br />
bzw. über deren Argumentation erfolgt. 176<br />
Ein Argumentum ad hominem ist eine Stilfigur, die sich nicht auf die zur Diskussion stehende<br />
Behauptung, sondern auf den Menschen bezieht, der diese aufgestellt hat. Es geht<br />
nicht mehr in erster Linie um das Thema der Diskussion <strong>oder</strong> darum einen Sachverhalt zu<br />
klären. Dabei kann sich eine Äusserung „wertfrei“ auf eine Person bzw. auf deren Argumentation<br />
beziehen. Oft wird das Argumentum ad hominem allerdings als verbaler Angriff<br />
auf eine Person, als Beleidigung eingesetzt. Es gibt verschiedene Formen des Argumentum<br />
ad hominem: (a) Man unterstellt der Person allgemein, dass ihr die Fähigkeit zum korrekten<br />
Argumentieren <strong>oder</strong> das Fachwissen fehlt und damit ihre Schlüsse allgemein ungültig<br />
sind. Ein Infragestellen der Kommunikationsfähigkeit einer Person fällt automatisch auf<br />
diese zurück und wird daher auch als Personalisierung gewertet. (b) Man zweifelt die<br />
Glaubwürdigkeit der Person an und damit die Glaubwürdigkeit und Wahrheit der von Ihr<br />
benutzten Quellen und Schlussfolgerungen. (c) Man versucht, Leute zum Fehlschluss zu<br />
verleiten, dass irrelevante, aber allgemein negativ besetzte Eigenschaften der Person (Geschlecht,<br />
Profession, politische Orientierung etc.) etwas mit dem Wahrheitsgehalt der Argumentation<br />
zu tun haben. (vgl. Walton 2001: 209f., Kienpointner 1983).<br />
Klassische Medien und Online-Foren<br />
Es gilt die Annahme zu überprüfen, ob der Diskurs im Internet weniger respektvoll ist als<br />
in Radio und Fernsehen. Die zweite Annahme besagt, dass Gegenargumente in Online-<br />
Foren häufiger auf den Urherber des Arguments zielen als auf das Argument selbst, dass<br />
also verstärkt eine Personalisierung stattfindet. Unten stehende Grafik zeigt das Verhältnis<br />
der Geltungsansprüche, in denen eine Personalisierung stattfindet und zugleich den Anteil<br />
derer, die nicht respektvoll sind.<br />
prozentuale Häufigkeit<br />
30.00<br />
25.00<br />
20.00<br />
15.00<br />
10.00<br />
5.00<br />
0.00<br />
Klassisch Online<br />
n = 4895 n = 1124<br />
Personalisierung<br />
respektlose Äusserungen<br />
Grafik 57: Personalisierung und respektlose Äusserungen nach Mediengattung<br />
176 Anhand der Daten könnte dies spezifiziert werden, erfolgt jedoch zur Beantwortung der hier gestellten<br />
Frage nach dem Grad der Personalisierung nicht. Anstelle des Argumentum ad hominem wäre auch eine<br />
Einteilung der Äusserungen in negativ, neutral <strong>oder</strong> positiv denkbar, wie es in anderen Untersuchungen gemacht<br />
wurde (Jensen 2003).<br />
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