Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
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Fazit: <strong>Stimmengewirr</strong> <strong>oder</strong> <strong>Dialog</strong>?<br />
Im Folgenden werden die Ergebnisse der Untersuchung entlang genannter Hauptunterscheidungsebenen<br />
zusammengefasst vorgestellt.<br />
9.1 Klassische Medien und Online-Foren<br />
Der Vergleich zwischen den traditionellen und den neuen elektronischen Medien verweist<br />
auf deutlich unterschiedliche Diskursstrukturen und -kulturen in den jeweiligen Mediengattungen.<br />
Der erste augenfällige Unterschied betrifft die Frage, wer in den Radio- und<br />
Fernsehsendungen bzw. in den Online-Foren überhaupt am Diskurs teilnimmt. In den klassischen<br />
Medien sind AkteurInnen aus dem gesamten Spektrum von Zentrum bis Peripherie<br />
vertreten: PolitikerInnen, VertreterInnen von Organisationen und Interessensverbänden<br />
sowie ExpertInnen und VerteterInnen der Medien treten ebenso in Erscheinung wie Einzelpersonen<br />
aus der Zivilgesellschaft. Die heterogene personelle Struktur verweist darauf,<br />
dass in der Diskussion potentiell stark divergierende Sichtweisen vertreten sind und – aus<br />
Sicht der RezipientInnen – die Meinungs- und Willensbildung auf einer breiten argumentativen<br />
Basis erfolgen kann. Faktisch können die verschiedenen Akteursgruppen ihre Meinungen<br />
jedoch keineswegs gleichberechtigt in den Diskurs einbringen. In den klassischen<br />
Medien wird die Rolle des Sprechens überwiegend von AkteurInnen des Zentrums bzw.<br />
von zentrumsnahen Organisationen und Verbänden eingenommen, während die Peripherie<br />
vornehmlich auf die Rolle des Zuhörens reduziert bleibt: Zivilgesellschaftliche AkteurInnen<br />
kommen selten und wenn, nur für kurze Zeit zu Wort. Insbesondere die AkteurInnen<br />
der Peripherie – „normale“ BürgerInnen – können ihre eigene Sichtweise kaum darlegen.<br />
Ihnen kommt vielmehr die Aufgabe zu, Fragen zu stellen, die zumindest potentiell die Perspektive<br />
der eigenen Lebenswelt stärker einbringen als dies bei den Fragen der M<strong>oder</strong>ation<br />
der Fall ist.<br />
Demgegenüber erfolgt der Meinungsaustausch im Internet nahezu ausschliesslich zwischen<br />
AkteurInnen der Peripherie. Insofern komplementieren die Online-Foren die übrige mediale<br />
Arena, indem die im Radio und Fernsehen unterrepräsentierten peripheren AkteurInnen<br />
in den Foren eine Öffentlichkeit herstellen, in der ihren Meinungen zentrale Aufmerksamkeit<br />
zukommt. Nichts desto trotz kann dabei aus verschiedenen Gründen lediglich von einer<br />
Teilöffentlichkeit die Rede sein: Erstens weist das Internet technische Zugangsbeschränkungen<br />
auf, zweitens nehmen Personen aus anderen Akteursgruppen am Diskurs<br />
nicht erkennbar teil und drittens bilden die engagierten NutzerInnen der verschiedenen<br />
Plattformen eingeschränkte Communities. Dies zeigt sich bspw. daran, dass Frauen – sofern<br />
das Geschlecht der Teilnehmenden überhaupt ermittelt werden kann – in den untersuchten<br />
Online-Foren nur vereinzelt am Diskurs teilnehmen. In den klassischen Medien<br />
sind Frauen zwar ebenfalls deutlich unterrepräsentiert, sogar deutlicher als bspw. im Nationalrat,<br />
sie sind aber um einiges stärker vertreten als in den Online-Foren. Während der<br />
Diskurs in den klassischen Medien also pauschal gesprochen von Vertretern des Zentrums<br />
und der M<strong>oder</strong>ation dominiert wird, sind in den Online-Foren die Vertreter der Peripherie<br />
bestimmend. Wie stark die Beteiligung einzelner Personen am <strong>Dialog</strong> ist, kann anhand<br />
weiterer Grössen festgemacht werden, die auf eine unterschiedliche Kommunikationsstruktur<br />
in den beiden Mediengattungen verweisen: Sowohl in den klassischen Medien als auch<br />
in den Online-Foren zeichnen sich einzelne Personen durch eine höhere kommunikative<br />
Präsenz aus als der Durchschnitt, wodurch die Kommunikation asymmetrisch verlaufen<br />
kann. In Radio und Fernsehen sind es neben den M<strong>oder</strong>atorInnen, die v.a. durch viele, eher<br />
kürzere Redebeiträge auffallen, insbesondere die BundesrätInnen, die sich gegenüber dem<br />
Durchschnittswert sowohl deutlich öfter als auch länger einbringen können als andere AkteurInnen.<br />
Die diskursive Dominanz einzelner DiskussionsteilnehmerInnen ist im direkten<br />
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