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Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH

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Kommunikativer Respekt <strong>oder</strong> wie höflich die AkteurInnen miteinander sprechen<br />

Klassische Medien: Sprachregionen<br />

Auf der Ebene der Sprachregionen sind ebenfalls Unterschiede feststellbar. In der Deutschschweiz<br />

wird in 20.7% aller Redebeiträge versucht zu unterbrechen, in der Westschweiz in<br />

26.5%. Die TeilnehmerInnen verhalten sich in beiden Sprachregionen relativ ähnlich. Der<br />

Hauptunterschied ist bei der M<strong>oder</strong>ation feststellbar: Die Gesprächsleistung beansprucht in<br />

der Romandie knapp dreimal öfter das Rederecht als dies in der Deutschschweiz der Fall<br />

ist. Bezüglich der erfolgreichen Unterbrechungen liess sich – was die M<strong>oder</strong>ation betrifft –<br />

kein nennenswerter Unterschied feststellen; die Teilnehmenden in der Romandie übernehmen<br />

demgegenüber das Wort häufiger unter Missachtung der Diskursnormen als jene in<br />

der Deutschschweiz. Das deutet darauf hin, dass in den dialogischen Formaten der<br />

Deutschschweiz die Teilnehmenden freier sprechen können, die Diskussionsleitung weniger<br />

stark ins Gespräch eingreift bzw. die Teilnehmenden die Funktion der M<strong>oder</strong>ation<br />

stärker berücksichtigen. Dies ist insofern auffällig, als die Redebeiträge in der Deutschschweiz<br />

zu einem grösseren Teil aus Debatten stammen (93.8% vs. 77.8% in der Romandie),<br />

in welchen es häufiger zu versuchten Unterbrechungen kommt als in Interviews.<br />

Kurzusammenfassung: Insgesamt wird in rund einem Viertel aller Redebeiträge dem/r aktuellen<br />

SprecherIn ins Wort gefallen und damit das Rederecht streitig gemacht. Je höher<br />

dieser Wert liegt, desto aufgeriebener ist der Diskurs. Folglich können die versuchten Unterbrechungen<br />

als Aktivität gewertet werden, die den kommunikativen Respekt unterminiert.<br />

Setzt man nun die Anzahl der Sprecherwechsel durch Unterbrechung und die Anzahl<br />

der versuchten Unterbrechungen zueinander in Bezug, kann festgehalten werden, dass in<br />

den dialogischen Formaten der traditionellen elektronischen Medien häufig ein Kampf ums<br />

Wort ausbricht. In gut der Hälfte aller Redebeiträge werden die Gesprächsregeln und damit<br />

der kommunikative Respekt verletzt: In einem Viertel der Sprecherwechsel wird das Rederecht<br />

mittels Unterbrechung faktisch übernommen, in einem weiteren Viertel wird dem/der<br />

aktuellen SprecherIn das Rederecht zumindest streitig gemacht <strong>oder</strong> es wird ihm/ihr durch<br />

einen Einwurf dazwischen geredet. Dabei ist interessant festzustellen, dass die M<strong>oder</strong>ation<br />

häufiger unterbricht und damit dem/der Sprechenden das Rederecht aberkennt, die Teilnehmenden<br />

dagegen häufiger versuchen, das Rederecht streitig zu machen. Das zeigt die<br />

privilegierte Stellung des/r M<strong>oder</strong>atorIn im Diskurs. Versucht sie einen Gesprächsschritt<br />

zu übernehmen, gelingt ihr dies oft.<br />

Im Radio wird in knapp einem Fünftel aller Redebeiträge dem/r SprecherIn dazwischen<br />

geredet, im Fernsehen ist dies sogar in mehr als einem Viertel der Fall. Wie bereits festgestellt<br />

wurde, wird in den untersuchten Fernsehsendungen das Wort häufiger durch die<br />

nicht-kooperative Form des Sprecherwechsels (Redeunterbrechungen) übernommen als im<br />

Radio, es kommt demnach häufiger zu einem Kampf um das Wort. So kann insgesamt<br />

festgehalten werden, dass die dialogischen Fernsehformate einen weniger kooperativen<br />

Verlauf aufweisen als diejenigen im Radio. Im rein akustischen Medium ist die Gesprächsdisziplin<br />

höher als im audio-visuellen, was wiederum zum Teil mit den vorherrschenden<br />

<strong>Dialog</strong>formaten erklärt werden kann.<br />

In den untersuchten Debatten entbrennt häufiger Streit um das Rederecht als in den Interviews.<br />

Schliesslich stehen sich in Debatten auch mehrere Teilnehmende gegenüber, die<br />

alle gerne zu Wort kommen möchten. Interviews sind von diesem Gesichtspunkt her klarer<br />

strukturiert, die Gesprächsdisziplin ist entsprechend höher. Die M<strong>oder</strong>ation startet allerdings<br />

in beiden <strong>Dialog</strong>formaten ähnlich oft den Versuch, einen Gesprächsschritt zu übernehmen.<br />

Eine mögliche Erklärung hierfür liegt in der durchschnittlich kürzeren Sendedauer<br />

der Interviews.<br />

Die Untersuchung hat des Weiteren gezeigt, dass die Gesprächsbeteiligten in den Sendungen<br />

der öffentlichen Anbieter in über einem Viertel aller Gesprächsschritte versuchen, das<br />

Gegenüber zu unterbrechen. Bei den Privaten ist dies lediglich in knapp einem Fünftel der<br />

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