Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
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Thematisierung von Geltungsansprüchen <strong>oder</strong> wie begründet und worüber die AkteurInnen sprechen<br />
gen der anderen Gesprächsbeteiligten keine grösseren Unterschiede. In der Tendenz ist der<br />
Diskurs bei den öffentlichen Radio- und Fernsehsendungen etwas kritischer ausgerichtet,<br />
was sowohl für die M<strong>oder</strong>ation als auch die Teilnehmenden gilt. Anders ausgedrückt, erhalten<br />
die Teilnehmenden in den Sendungen der Privaten mehr Gelegenheit ihre Meinung<br />
auszuführen, während die kritische Auseinandersetzung trotz eines höheren Anteils an Debatten,<br />
etwas weniger ausgeprägt ist. Die Ergebnisse im Vergleich zwischen den beiden<br />
Sprachregionen lassen den Schluss zu, dass aufgrund unterschiedlicher <strong>Dialog</strong>formate die<br />
kritische Auseinandersetzung in der Deutschschweiz stärker begünstigt wird. In der Westschweiz<br />
hingegen, erhalten einzelne AkteurInnen öfters die Gelegenheit ihre Ansichten<br />
und Argumente ohne stärkere Gegenrede auszuführen. Entscheidend für die Diskursqualität<br />
ist jedoch, ob die erhobenen Geltungsansprüche bzw. die Kritik an denselben begründet<br />
wird <strong>oder</strong> nicht. 142<br />
Online-Foren: Anbieter<br />
An dieser Stelle interessiert, ob die ökonomische Stellung der Forenanbieter Einfluss auf<br />
die geäusserten Geltungsansprüche hat.<br />
Geltungsanspruch Online total Google Medienverlagshäuser<br />
Erheben 46.0% 28.6% 56.0%<br />
Kritisieren 39.7% 41.7% 38.5%<br />
Kein GA 0.0% 0.1% 0.0%<br />
GA themenfremd 13.5% 29.0% 4.5%<br />
GA themenfremd "entschuldigt" 0.2% 0.2% 0.2%<br />
GA Zitat 0.6% 0.4% 0.7%<br />
Untersuchungseinheiten n = 4347 n = 1589 n = 2758<br />
Tabelle 19: Art des Geltungsanspruchs nach Forenanbieter<br />
Wie erwähnt ist der Anteil an themenfremder Diskussion in einzelnen Online-Foren sehr<br />
hoch. Während vier der fünf untersuchten Online-Anbieter eine thematisch fokussierte<br />
Diskussion zu gewährleisten vermögen, nämlich die Foren der Medienverlagshäuser, ist<br />
dies bei den google.groups nicht der Fall, bei denen 29.2% aller Geltungsansprüche themenfremd<br />
143 sind. Aus der Perspektive der RezipientInnen heisst das, dass unter Umständen<br />
eine Vielzahl an Aussagen und ganzen Posts gelesen werden muss, die für die politische<br />
Meinungsbildung aufgrund ihrer thematischen Ausrichtung gänzlich irrelevant sind.<br />
Steht das politische Interesse im Vordergrund, so ist die Qualität der Diskussion in solchen<br />
Fällen unbefriedigend, denn z.T. werden diese Foren eher im Sinne eines Chats verwendet:<br />
Einzelne TeilnehmerInnen tauschen sich im Sekunden- und Minutentakt über persönliche<br />
Alltagsinteressen aus <strong>oder</strong> verlieren sich in Frotzeleien. Dies führt in einzelnen Fällen zu<br />
metakommunikativen Beiträgen, in denen sich andere NutzerInnen über diese Art von<br />
Kommunikationsverhalten beschweren, worauf sie in der Regel selber kritisiert werden. Es<br />
ist daher durchaus vorstellbar, dass sich potentielle UserInnen, die an einer „ernsthaften“<br />
Diskussion interessiert wären, in solchen Foren nicht <strong>oder</strong> nicht mehr beteiligen.<br />
Interessanterweise handelt es sich bei Google um jenen Anbieter, bei dem keinerlei M<strong>oder</strong>ation<br />
in Aussicht gestellt wird. Im Gegensatz zu den anderen Online-Foren findet sich<br />
kein Hinweis, dass rassistische, themenfremde <strong>oder</strong> beleidigende Posts gelöscht werden<br />
142 Vgl. dazu Kapitel 7.2, S. 136.<br />
143 Bei der Codierung wurde zwischen „themenfremden“ und „entschuldigt themenfremden“ Geltungsansprüchen<br />
unterschieden. Bei Letzteren wird die geltende Diskursnorm (sich zum Thema zu äussern) explizit<br />
anerkannt. Allerdings konnten insgesamt nur 9 „entschuldigte themenfremde“ Geltungsansprüche gezählt<br />
werden, was einem Anteil von 0.2% entspricht und somit vernachlässigt werden kann.<br />
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