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Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH

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Kommunikativer Respekt <strong>oder</strong> wie höflich die AkteurInnen miteinander sprechen<br />

wiederholt um klar zu machen, dass das Rederecht nicht abgegeben werden will. Sowohl<br />

am interessantesten wie auch am aussagekräftigsten ist jedoch die Thematisierung der Unterbrechung<br />

selbst. Dadurch machen die Beteiligten deutlich, dass ihnen das Rederecht<br />

zusteht, dass sie sich durch die Gesprächsschrittbeanspruchung, also versuchten Unterbrechungen<br />

gestört fühlen. Die Metakommunikation ist damit der stärkste Hinweis darauf,<br />

dass es an kommunikativem Respekt mangelt. Gleichzeitig handelt es sich um ein aktives<br />

Bemühen, die Diskursqualität zu steigern, indem andere dazu angehalten werden, die Diskursnormen<br />

zu wahren. Insgesamt müssen die Teilnehmenden ihr Rederecht häufiger verteidigen<br />

als die M<strong>oder</strong>ation, was mit deren privilegierten Stellung im Diskurs zusammenhängt.<br />

Der M<strong>oder</strong>ation wird weniger häufig das Rederecht streitig gemacht, weshalb sie es<br />

auch weniger zu behaupten braucht.<br />

Die verschiedenen Gegenstrategien zur Behauptung des Rederechts treten in den beiden<br />

Gattungen Radio und Fernsehen in ähnlicher Gewichtung auf. Allerdings finden in den<br />

Diskussionen im Fernsehen häufiger die stärkeren Formen zur Verteidigung des Rechts<br />

Anwendung als im Radio. Das deckt sich mit der Erkenntnis, dass der Diskurs im Fernsehen<br />

weniger kooperativ verläuft als im Radio. Zudem dürfte die unterschiedliche kommunikative<br />

Situation eine gewisse Rolle spielen: Den Teilnehmenden in Radiosendungen sollte<br />

bewusst sein, dass es den RezipientInnen nur schwer möglich ist, bei gleichzeitigem<br />

Sprechen mehreren SprecherInnen akustisch zu folgen. Im Radio wird denn auch knapp<br />

1.5-mal seltener der Versuch unternommen, das Gegenüber zu unterbrechen. Die Strategie<br />

einfach weiter zu sprechen <strong>oder</strong> lauter zu werden, um das Rederecht zu behaupten, ist im<br />

Radio möglicherweise wirkungsvoller als in einer kommunikativen Situation, in der die<br />

SprecherInnen auch optisch wahrgenommen werden können.<br />

Für die beiden <strong>Dialog</strong>formate konnten ebenfalls Unterschiede festgestellt werden. In den<br />

Debatten ist nicht nur die Gesprächsdisziplin niedriger als in Interviews, sondern die Beteiligten<br />

bringen sich auch weniger kommunikativen Respekt entgegen. Das Fehlen dieses<br />

kommunikativen Respekts wird denn auch angesprochen, diskursive Normen werden thematisiert.<br />

Die Metakommunikation fehlt in den untersuchten Interviewsendungen gänzlich.<br />

Die Wahl der verschiedenen Gegenstrategien zur Behauptung des Rederechts tritt unabhängig<br />

der ökonomischen Stellung der Sender in derselben Reihenfolge auf. Allerdings<br />

finden in den dialogischen Formaten der öffentlichen Anbieter häufiger die stärkeren Formen<br />

zur Verteidigung des Rederechts Anwendung als dies bei den privaten der Fall ist,<br />

obwohl in Letzteren das <strong>Dialog</strong>format Debatte ein stärkeres Gewicht einnimmt. Die AkteurInnen<br />

in den dialogischen Formaten der öffentlichen Sender greifen gar doppelt so oft auf<br />

die Metakommunikation zurück. Das deckt sich mit den Ergebnissen hinsichtlich der versuchten<br />

Unterbrechung. Dies bestätigt, dass die Wahrung der Diskursnorm, der kommunikative<br />

Respekt, in den Sendungen der privaten Stationen ausgeprägter ist, was auf eine<br />

höhere Diskursqualität hinweist.<br />

Auf Ebene der Sprachregionen kann festgestellt werden, dass in der Deutschschweiz die<br />

stärkeren Formen zur Behauptung des Rederechts leicht häufiger zur Anwendung kommen<br />

als in der Romandie. Dies mag daran liegen, dass die Debatten – in denen die Metakommunikation<br />

zum kommunikativen Respekt ausgeprägter ist als in Interviews, in denen sie<br />

gänzlich fehlt – in der Deutschschweiz ein stärkeres Gewicht einnehmen. Allerdings hätte<br />

die Gewichtung von Debatten in den Sprachregionen grössere Unterschiede erwarten lassen.<br />

8.2 Personalisierung und Beleidigung<br />

Ein weiteres Indiz für den kommunikativen Respekt – neben den Merkmalen des Sprecherwechsels<br />

– sind beleidigende Äusserungen, die auf die Person bzw. auf deren Argument<br />

abzielen. Hierbei geht es darum, herauszufinden, inwiefern sich die Beteiligten ge-<br />

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