Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Zwischenfazit: la structure fait la musique<br />
renbetreiber eröffnet und wieder geschlossen. In einigen Foren dieser Anbieter könnten<br />
auch die Teilnehmenden neue Foren eröffnen, allerdings sind diese thematisch in sich geschlossen.<br />
In einem zweiten Schritt wurde analysiert, wie sich das Untersuchungsmaterial der traditionellen<br />
elektronischen Medien über den Untersuchungszeitraum erstreckt. Dieser umfasst<br />
jeweils die letzten sechs Wochen vor der Abstimmung über das Abkommen zu<br />
Schengen und Dublin bzw. über die Ausdehnung des Personenfreizügigkeitsabkommens.<br />
Gerade im Kontext der politischen Willensbildung interessiert, wann die traditionellen<br />
elektronischen Medien ihre Sendungen ausstrahlen. Um sich politisch zu beteiligen, ist die<br />
die Zugänglichkeit zu relevanten Informationen Voraussetzung. Nicht zuletzt die Agenda-<br />
Setting-Forschung hat gezeigt, dass die Massenmedien gerade im Rahmen der politischen<br />
Berichterstattung einen Effekt auf die RezipientInnen haben. Damit in Verbindung steht<br />
die Frage, in welchem zeitlichen Rahmen das Interesse des Publikums auf bestimmte<br />
Themen gelenkt wird. Die öffentlichen und privaten Anbieter wählen für die Ausstrahlung<br />
der dialogischen Formate einen unterschiedlichen zeitlichen Rahmen: Die SRG SSR idée<br />
suisse setzt einerseits eher auf Kontinuität über die sechs Wochen vor der Abstimmung,<br />
andererseits richtet sie ihr Hauptaugenmerk auf die Zeitspanne von einem Monat vor dem<br />
Abstimmungssonntag. Die privaten Anbieter dagegen konzentrieren sich für die Ausstrahlung<br />
der dialogischen Formate auf die Zeit kurz vor der Abstimmung. Während sich der<br />
massenmediale Effekt der öffentlichen Anbieter potentiell bei allen Stimmberechtigten und<br />
Interessierten auswirkt, richtet er sich bei den privaten eher auf die – was die Abstimmung<br />
angeht – unentschlossenen WählerInnen und setzen damit auf einen kurzfristigen Effekt.<br />
Dies deutet darauf hin, dass die privaten Anbieter eher am Aktualitätsfaktor ausgerichtet<br />
sind bzw., dass die öffentlichen Sender den Service Public Auftrag nicht nur als inhaltliche,<br />
sondern wenn man so will auch als „zeitliche Ausgewogenheit“ wahrnehmen, indem<br />
die Berichterstattung über geplante Ereignisse früher als bei den privaten einsetzt.<br />
Da das Untersuchungsmaterial sehr heterogen ist wurden die beiden Mediengattungen separat<br />
genauer betrachtet. Die untersuchten Sendungen der traditionellen elektronischen<br />
Medien weisen zwei <strong>Dialog</strong>formate auf. In der einen Form findet das Gespräch als Diskussion<br />
zu einem gegebenen Thema zwischen dem/r GastgeberIn und mehreren Gästen bzw.<br />
GesprächspartnerInnen als Debatte statt. In der zweiten Form wird das Gespräch als Interview<br />
geführt. Insgesamt wurden im Rahmen der beiden Abstimmungen 33 Debatten<br />
(knapp drei Fünftel) und 24 Interviews (über zwei Fünftel) ausgestrahlt. Die klassischen<br />
Medien scheinen die Debatte für die Diskussion politischer Themen zu bevorzugen. Erneut<br />
sind interessante Unterschiede zwischen den Landesteilen feststellbar: In der Deutschschweiz<br />
liegt ein eindeutiges Gewicht auf Diskussionssendungen: Insgesamt handelt es<br />
sich bei über vier Fünftel der untersuchten dialogischen Formate um Debatten. Nur gerade<br />
drei Interviews wurden gesendet, was weniger als einem Fünftel entspricht. In der Westschweiz<br />
ist dieses Verhältnis ausgeglichener: Die Debatten machen einen Anteil von mehr<br />
als zwei Fünftel der französischsprachigen dialogischen Formate aus, die Interviews weniger<br />
als drei Fünftel. Interessant sind auch die Unterschiede zwischen den beiden Gattungen:<br />
über die Hälfte der untersuchten dialogischen Radioformate sind Interviews, was allerdings<br />
auf eine klare Dominanz der Interviews beim Westschweizer Radio zurückzuführen<br />
ist. Das Fernsehen setzt demgegenüber in beiden Sprachregionen eindeutig auf Debatten,<br />
bei über vier Fünftel aller untersuchten Fernsehsendungen handelt es sich um dieses<br />
<strong>Dialog</strong>format. Auf der Ebene der ökonomischen Stellung der Anbieter lassen sich ebenfalls<br />
Unterschiede bezüglich des <strong>Dialog</strong>formats feststellen: So sind die öffentlichen Radiosender<br />
die einzigen, die mehr Interviews als Debatten produziert haben. Die privaten Radiostationen<br />
haben dagegen kein einziges Interview gesendet. Die öffentlichen und privaten<br />
68