Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
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Inklusivität <strong>oder</strong> wer überhaupt zu Wort kommt<br />
beteiligen sich die Teilnehmenden im Durchschnitt mit 11.7 Redebeiträgen, die Beteiligung<br />
ist somit konstanter als in den Online-Foren. Bezüglich der Dominanz einzelner Teilnehmenden<br />
lässt sich feststellen, dass insbesondere die M<strong>oder</strong>atorInnen Extremwerte mit<br />
vielen Redebeiträgen erzielen, was aufgrund ihrer Funktion nicht erstaunt. Geht man davon<br />
aus, dass eine Dominanz wiederum bei mehr als doppelt so vielen Redebeiträgen wie dem<br />
Durchschnittswert ansetzt (30 und mehr), so wird der Diskurs in den untersuchten dialogischen<br />
Radio- und Fernsehformaten von 8.1% aller Teilnehmenden dominiert. Bezüglich<br />
dieses Wertes unterscheiden sich die Online-Foren somit nur unwesentlich von den klassischen<br />
Medien.<br />
Kurzzusammenfassung: Die Ergebnisse hinsichtlich der Dominanz einzelner AkteurInnen<br />
lassen zwei Folgerungen zu. Erstens findet in Online-Foren trotz ihrer offenen Struktur<br />
kein ausgewogener Meinungsaustausch statt. Einzelne TeilnehmerInnen weisen eine sehr<br />
viel höhere Präsenz auf als der Durchschnitt, wodurch die Kommunikation asymmetrisch<br />
verläuft. Bei den klassischen Medien konnte eine überproportionale Präsenz (insbesondere<br />
der M<strong>oder</strong>ation) eher erwartet werden, die Werte sind im Vergleich zu den Online-Foren<br />
jedoch ähnlich. Zweitens ist die Zahl derjenigen Teilnehmenden, die sich nur mit einem<br />
Beitrag an der Diskussion beteiligen, mit mehr als der Hälfte in den Online-Foren sehr<br />
hoch und deutlich höher als in den klassischen Medien. Hinsichtlich der Diskursqualität<br />
stellt sich somit die grundsätzliche Frage, ob bei den Online-Foren überhaupt von einer<br />
Diskussion gesprochen werden kann. Zwar ist es möglich, dass der Diskurs von wechselnden<br />
UserInnen fortgesetzt wird, bezüglich des Meinungsbildungsprozesses ist dieser Umstand<br />
aber zumindest als problematisch zu bezeichnen.<br />
Klassische Medien<br />
An dieser Stelle interessiert die Frage nach der Ausgewogenheit des Diskurses in den traditionellen<br />
elektronischen Medien hinsichtlich der unterschiedenen Akteursgruppen. Vergleicht<br />
man, wie stark einzelne Akteursgruppen in den klassischen Medien rein personell<br />
vertreten sind mit der Anzahl Redebeiträge, die die einzelnen Akteursgruppen in die Diskussion<br />
einbringen, werden einige Verschiebungen in der Verteilung deutlich.<br />
Wie bereits festgestellt wurde, sind die AkteurInnen des Zentrums (PolitikerInnen und BehördenvertreterInnen)<br />
zusammen mit den zentrumsnahen VertreterInnen von Spitzenverbänden<br />
mit insgesamt 45.2% stärker vertreten als die AkteurInnen der Peripherie (einzelne<br />
BürgerInnen) und VertreterInnen von peripherienahen Verbänden und Organisation mit<br />
30.9%. Die Schere zwischen Zentrum/zentrumsnah und Peripherie/peripherienah wird jedoch<br />
um einiges grösser, wenn man die jeweiligen Gesprächsanteile am Diskurs betrachtet:<br />
Die Anzahl Redebeiträge liegt für Erstere bei 47.6% gegenüber 9.0% für Letztere. Anders<br />
formuliert: Das Zentrum kommt gemeinsam mit den zentrumsnahen AkteurInnen fast<br />
fünfmal mehr zu Wort als die Peripherie zusammen mit den peripherienahen AkteurInnen.<br />
Diese Verschiebung erfolgt zugunsten der JournalistInnen, die mit 42.6% einen fast ebenso<br />
hohen Anteil an Redebeiträgen aufweisen wie das Zentrum. Personell sind sie jedoch nur<br />
mit 21.9% der AkteurInnen am Diskurs beteiligt. Die hohen Gesprächsanteile der JournalistInnen<br />
begründen sich dadurch, dass diese in der Mehrheit als M<strong>oder</strong>atorInnen der Diskussion<br />
fungieren (nur vier der insgesamt 73 JournalistInnen agieren als VertreterInnen der<br />
Medien und wurden in dieser Funktion in eine Sendung eingeladen). Wie noch zu zeigen<br />
ist, erfolgt der Diskursverlauf zu einem grossen Teil über die Drehscheibe „M<strong>oder</strong>ation“: 102<br />
Die Medien übernehmen die Aufgabe der Gesprächsführung, indem sie einzelne Statements<br />
an andere Teilnehmende weitergeben, Fragen stellen usw. Aufgrund dieser Funktion<br />
verzeichnen die JournalistInnen einen überproportional hohen Anteil an Redebeiträgen.<br />
102 Vgl. Kapitel 6.1.<br />
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