Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH
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Fazit: <strong>Stimmengewirr</strong> <strong>oder</strong> <strong>Dialog</strong>?<br />
ten das grösste Potential an einer Auseinandersetzung auf der Grundlage von Argumentationen<br />
anstelle von Positionen inne und weisen diesbezüglich im Vergleich zu den traditionellen<br />
elektronischen Medien eine besondere Diskursqualität auf.<br />
Wurde also den Online-Foren im direkten intermediären Vergleich eher ein negatives<br />
Zeugnis punkto Diskursqualität ausgestellt, so lassen die detaillierten Ergebnisse doch eine<br />
optimistischere Einschätzung zu: Unter idealen Bedingungen, bei denen die Vorzüge verschiedener<br />
Foren zusammenträfen, würde der Online-Diskurs in vielen wichtigen Kategorien<br />
eine ähnliche Diskursqualität aufweisen wie die traditionellen elektronischen Medien.<br />
Bestehen bleibt indes das Problem des durchwegs hohen Anteils an One-Postern, aufgrund<br />
dessen der dialogische Charakter in Form eines kontinuierlichen Meinungsaustauschs für<br />
die Online-Kommunikation infrage gestellt werden muss.<br />
9.4 Sprachregionen<br />
Der Vergleich zwischen den Sendungen der Deutsch- und der Westschweiz zeigt bezüglich<br />
mehrerer Analysedimensionen Unterschiede. Insbesondere auf Ebene der klassischen Medien<br />
sind diese jedoch zu einem guten Teil auf eine unterschiedliche Verteilung der <strong>Dialog</strong>formate<br />
und Mediengattungen zurückzuführen: Über die Hälfte aller Sendungen in der<br />
Romandie bedienen sich des <strong>Dialog</strong>formats Interview (55.3%). Demgegenüber ist dies in<br />
der Deutschschweiz nur in 3 von 19 Sendungen (15.8%) der Fall. Bezogen auf die Untersuchungseinheiten<br />
ist das <strong>Dialog</strong>format der Debatten zwar in beiden Sprachregionen bestimmend,<br />
in der Deutschschweiz aber deutlich ausschlaggebender. Ein Grossteil aller berücksichtigten<br />
Sendungen in der Westschweiz wurden im Radio ausgestrahlt (78.1%), die<br />
Mediengattung Radio ist demgegenüber in der deutschsprachigen Schweiz weniger bestimmend<br />
(31.6%). Bezogen auf die Untersuchungseinheiten nähern sich die Werte aufgrund<br />
unterschiedlicher Sendedauer wiederum etwas an, die Gewichtung bleibt in der Tendenz<br />
indes bestehen. Ein erster sprachregionaler Unterschied besteht somit in der Präferenz<br />
bestimmter Mediengattungen für das dialogische Format generell und für bestimmte <strong>Dialog</strong>formate<br />
im Spezifischen. Um für die beiden Landesteile Besonderheiten in der Diskurskultur<br />
bestimmen zu können, gilt es folglich, vom Einfluss der unterschiedlichen Gewichtung<br />
von Radio und Fernsehen respektive von Interviews und Debatten zu abstrahieren.<br />
Auf Ebene des Online-Diskurses gilt gleiches für den Einfluss struktureller Unterschiede.<br />
Legt man hinsichtlich der Frage nach der Inklusivität der AkteurInnen das Primat auf die<br />
Einbindung peripherer AkteurInnen, kann der Diskurs in den klassischen Medien der<br />
Westschweiz als inklusiver gelten: Die AkteurInnen der Peripherie sind in der Romandie<br />
stärker vertreten als in der Deutschschweiz, sie können zudem im direkten Vergleich mehr<br />
Redeanteile beanspruchen, vor allem proportional zu den AkteurInnen des Zentrums. Insbesondere<br />
letzteres Ergebnis lässt sich nicht auf gattungsspezifische Charakteristika im<br />
Radio zurückführen und verweist daher auf eine generelle unterschiedliche Orientierung in<br />
den jeweiligen Landesteilen.<br />
Auf der Ebene der AkteurInnen besteht ein weiterer augenfälliger Unterschied im M<strong>oder</strong>ationskonzept.<br />
Die Akteursgruppe der JournalistInnen ist in der Westschweiz deutlich stärker<br />
vertreten als in der Deutschschweiz. Dies liegt mitunter daran, dass in der Romandie<br />
eine grosse Zahl an Sendungen von zwei Personen m<strong>oder</strong>iert wurde. Dieses Konzept ist in<br />
der Deutschschweiz nicht anzutreffen.<br />
Als weiteres Kriterium wurde untersucht, wie inklusiv der Diskurs bezogen auf die verschiedenen<br />
Einstellungen zur Abstimmungsvorlage ist. Insgesamt wurde festgestellt, dass<br />
die BefürworterInnen stärker am Diskurs beteiligt sind als die GeggnerInnen. Dies sowohl<br />
in den klassischen Medien als auch in den Online-Foren. Richtet man indes den Blick auf<br />
die Sprachregionen, so zeigt sich, dass der Diskurs im Internet der Westschweiz anders als<br />
in der Deutschschweiz eine Ventil-Funktion einnimmt. Die GegnerInnen melden sich hier<br />
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