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Stimmengewirr oder Dialog? - Bakom - CH

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Zwischenfazit: Kommunikativer Respekt <strong>oder</strong> wie höflich die AkteurInnen miteinander sprechen<br />

8.3 Zwischenfazit: Kommunikativer Respekt <strong>oder</strong> wie höflich die AkteurInnen<br />

miteinander sprechen<br />

In diesem Teil der Untersuchung wurde der Frage nachgegangen, wie respektvoll die AkteurInnen<br />

der Medienarena miteinander sprechen. Dabei geht es um den kommunikativen<br />

Respekt, der über die Diskursstruktur Auskunft zu geben vermag. Der kommunikative Respekt<br />

betrifft „the treatment of other participants in the debate and are especially important<br />

for deliberation. In particular, respect toward counterarguments is a necessary condition<br />

for the weighting of alternatives, which some view as an essential element of deliberation.“<br />

(Steenbergen et al. 2003: 26, Hervorhebung v. Verf.). Bringt man den Aussagen seines<br />

Gegenübers bzw. dem Gegenüber selber keinen Respekt entgegen, wird man sich auch<br />

nicht von dessen Argumenten überzeugen lassen. Soll die Auseinandersetzung förderlich<br />

für die Meinungs- und Willensbildung sein, ist eine thematisch sachbezogene Diskussion<br />

angezeigt. Das Gespräch sollte kooperativ gestaltet werden und zwar insofern, als unterschiedliche<br />

Positionen Geltung haben dürfen. Aller Strittigkeit des Themas zum Trotz<br />

können die Standpunkte gegeneinander abgegrenzt werden, ohne den kommunikativen<br />

Respekt zu verletzen. Beleidigungen sollten um der Argumente willen vermieden werden.<br />

Nur so können die RezipientInnen die verschiedenen Vorstellungen, Auffassungen und<br />

Meinungen gegeneinander abwägen.<br />

Kommunikativer Respekt zeigt sich auf verschiedene Weise. In der gesprochenen Sprache<br />

weist bspw. der Umgang mit dem Rederecht eines/r SprecherIn auf sein Vorkommen respektive<br />

Fehlen hin. Die Organisation des Sprecherwechsels nimmt in einem Gespräch<br />

eine wichtige Rolle ein und gibt Auskunft über das Diskussionsklima. In einem ersten<br />

Schritt wurde dieser Aspekt in den traditionellen elektronischen Medien anhand der (versuchten)<br />

Unterbrechungen analysiert. Da in den Online-Foren kein Rederecht umkämpft<br />

werden muss – jede/r kann so viele Beiträge von beliebiger Länge verfassen wie er/sie will<br />

– wurde die intermediäre Vergleichbarkeit mittels einer anderen Kategorie gewährleistet:<br />

In einem zweiten Schritt wurden für beide Mediengattungen die explizit respektverletzenden<br />

Äusserungen untersucht und in Bezug zur generelleren Personalisierung des Diskurses<br />

gesetzt. Wird eine Person bzw. deren kommunikative Kompetenz kritisiert, indem sich<br />

lustig gemacht und beleidigt wird, ist dies eine Verletzung des Respekts und der deliberativen<br />

Auseinandersetzung abträglich. Jedoch nicht nur Beleidigungen sind für den Verständigungsprozess<br />

hinderlich, auch eine Personalisierung der Diskussion stellt eine Form der<br />

kommunikativen Respektlosigkeit dar, denn schliesslich postuliert das deliberative Ideal<br />

den „zwanglosen Zwang des besseren Arguments”. Bei einer Personalisierung hingegen<br />

treten die sachbezogenen Argumente in den Hintergrund, die Diskussion dreht sich um die<br />

Person selbst. Der/die Sprechende nimmt eine Reduktion bzw. eine Verschiebung des<br />

komplexen Sachthemas auf ein Individuum vor.<br />

Im Vergleich zwischen den traditionellen und den neuen elektronischen Medien interessiert<br />

zunächst der Grad der Personalisierung, also die personenbezogenen Aussagen der<br />

Diskussion. Insgesamt kann festgestellt werden, dass in den Foren rund dreimal häufiger<br />

eine Personalisierung vorgenommen wird als in den klassischen Medien und die sachliche<br />

Auseinandersetzung damit an Bedeutung verliert. Konkret dienen in den Online-Foren<br />

über ein Viertel aller Geltungsansprüche der Personalisierung. Das ist ein sehr hoher Wert,<br />

findet dabei doch jeweils eine Verkürzung des Politischen auf das Persönliche und damit<br />

auf Kosten von Themen-, Problem- <strong>oder</strong> Sachbezügen statt.<br />

Beleidigende Äusserungen deuten ebenfalls auf einen Mangel an kommunikativem Respekt<br />

hin. In den Online-Foren enthalten rund ein Sechstel aller Geltungsansprüche respektlose<br />

Äusserungen. Damit wird im Internet das Gegenüber knapp dreimal häufiger<br />

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