19.11.2013 Views

PIANO MUSIC - Abeille Musique

PIANO MUSIC - Abeille Musique

PIANO MUSIC - Abeille Musique

SHOW MORE
SHOW LESS

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

am Ende des Pilgermarschs in Harold. Übrigens wurde<br />

der ganze Schlußteil erst später an die Romance oubliée<br />

angehängt. Sie selbst ist nämlich aus einer älteren<br />

Klavierromanze von 1848 hervorgegangen (die in einem<br />

weiteren Teil der vorliegenden Serie erscheinen wird), und<br />

diese wiederum aus dem Lied O pourquoi donc von 1843.<br />

Mit der Romance oubliée reagierte Liszt 1880 auf die Bitte<br />

um eine Neuauflage des älteren Klavierstücks. Er<br />

bearbeitete es für den Bratschenvirtuosen Hermann Ritter<br />

und schuf gleichzeitig Versionen für Violine und Cello (mit<br />

jeweils anderem Klavierpart) sowie eine neue<br />

Klaviertranskription (enthalten im 11. Teil dieser Serie).<br />

Die übrigen Werke dieser einspielung sind die wenigen<br />

Transkriptionen außerhalb des Gebiets der Oper, die Liszt<br />

von Werken der berümtesten Landsleute und Zeitgenossen<br />

von Berlioz angefertigt hat; gemeint sind<br />

Charles Gounod (1818–1893) und Giacomo Meyerbeer<br />

(1791–1864), der wegen seines Wohnsitzes und des Einflusses,<br />

den er auf die französische Grand opéra ausgeübt<br />

hat, als Franzose gelten muß.<br />

Gounods Hymne war eigentlich kein Vokalwerk; es<br />

war für Solovioline, Harfen, Pauken und Blasinstrumente<br />

angelegt, beziehungsweise für Violine, Orgel und Klavier.<br />

Soweit mir bekannt, ist in diesem Jahrhundert keine<br />

dieser ungewöhnlich instrumentierten Fassungen aufgeführt<br />

worden (auch nicht die spätere Version mit dem<br />

hinzugefügten Text des Ave verum). Liszts Transkription,<br />

in Windeseile erstellt, wurde in Windeseile wieder<br />

vergessen, und zwar, wie es scheint, von Liszt selbst. Das<br />

(im Goethe-Schiller-Archiv in Weimar aufbewahrte)<br />

Manuskript ist mit Anweisungen an den Graveur versehen,<br />

wurde jedoch nie veröffentlicht; eine Fotokopie<br />

davon hat als Vorlage für diese Einspielung gedient. Es<br />

handelt sich um ein wunderschönes Werk, das sich durch<br />

eine der schönsten Melodien Gounods auszeichnet, und<br />

seine mangelnde Bekanntheit ist gänzlich unverdient.<br />

Meyerbeer, der Liederkomponist, beginnt erst seit<br />

kurzem aus der Versenkung aufzutauchen. Das ist vorrangig<br />

den Bemühungen einfallsreicher Begleitpianisten<br />

wie Geoffrey Parsons zu verdanken. Zu ihrer Zeit wurden<br />

Meyerbeers Lieder in ganz Europa in den Salons<br />

gesungen, und dramatische Nummern wie Le moine, die<br />

von der Glaubenskrise eines Mönchs erzählt, waren<br />

außerordentlich populär. Liszt folgt allen drei Strophen<br />

von Meyerbeers Lied—der Mönch preist abwechselnd<br />

und immer ekstatischer die Wonnen der Welt und<br />

individuellen Genuß, um dann die Jungfrau Maria um<br />

Hilfe anzuflehen. Liszt zeigt den Höhepunkt der Zügellosigkeit<br />

des Mönchs mit dämonischem Feuerzauber an<br />

und läßt das Gebet noch asketischer erscheinen als im<br />

Lied. Man kann sich unschwer vorstellen, daß die<br />

Thematik für Liszts damaligen Lebensstil bedeutsam war.<br />

(Übrigens geben viele Werkslisten an, daß Liszts Stück<br />

zwei weitere Melodien von Meyerbeer enthalte. Dem ist<br />

nicht so. Die Originalausgabe trägt den Vermerk „Suivi de<br />

deux mélodies“ bezieht, die Meyerbeer kurz zuvor veröffentlicht<br />

hatte; nur wurden diese Transkriptionen nie<br />

vorgenommen.)<br />

In ihrer Begeisterung für Schiller waren sich Meyerbeer<br />

und Liszt einig. Liszt vertonte Schillers Gedichte,<br />

schrieb unter dem Titel Die Ideale eine von ihm<br />

inspirierte sinfonische Dichtung, lebte in seiner Stadt<br />

(Weimar) und pflegte sein Andenken. Daher ist die Sorgfalt,<br />

mit der er sich der Bearbeitung von Meyerbeers großartigem<br />

Orchestermarsch zu Schillers 100jahrfeier<br />

widmete, keine Überraschung. Wie die meisten Werke<br />

zu einem bestimmten Anlaß und praktisch alle<br />

„klassischen“ Märsche ist dieses Werk in beiden<br />

Fassungen so gut wie unbekannt. Ein Jammer, denn das<br />

Stück ist über das rein Festliche hinaus wahrhaft<br />

herausragend. LESLIE HOWARD © 1992<br />

Übersetzung ANNE STEEB / BERND MÜLLER<br />

7

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!