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PIANO MUSIC - Abeille Musique

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Materials, auf einmal subtiler und die technischen<br />

Schwierigkeiten eher bezaubernd als unbändig darstellend,<br />

verdient zu Recht das Attribut einer seiner<br />

beliebtesten Arbeiten.<br />

Byrons Childe Harold versorgte Liszt nochmals mit<br />

einer Einleitung, dieses Mal für Orage („Sturm“):<br />

Aber wo, O ihr Stürme! ist das Ziel?<br />

Sind sie wie jene in der menschlichen Brust?<br />

Oder finden sie, auf die Dauer, wie die Adler, ein hohes Nest?<br />

Viele Kritiker haben zu Recht die Ähnlichkeit der herausfordernden<br />

Eröffnung mit jener des frühen Konzerts für<br />

Klavier und Streicher, Malédiction, bemerkt. Obgleich<br />

Liszt denkwürdige musikalische Darstellungen manch<br />

eines Sturmes schuf—und es werden in der gegenwärtigen<br />

Reihe einige Beispiele gegeben—war er in<br />

seinen Arbeiten nie so unnachgiebig und zielstrebig wie<br />

in diesem Werk, das im besten Sinne beinahe eine Studie<br />

ist, und von seiner ausgeglichenen Darstellung der Pracht<br />

und Wut her kaum seinesgleichen findet.<br />

Vallée d’Obermann („Obermanns Tal“) ist ein<br />

weiteres von Liszts feinsten Werken, und Liszt selbst<br />

entschuldigte das Aufnehmen des Stücks in eine Sammlung<br />

Schweizer Impressionen, indem er unterstrich, daß<br />

der französische Roman (Senancours Obermann), der<br />

ihn inspiriert hatte, sich in der Schweiz abspielte. Die<br />

vielen Änderungen zwischen den beiden Versionen des<br />

Stücks (das Liszt während seiner letzten Jahre auch für<br />

Klaviertrio umschrieb und ihm in seiner letzten Version<br />

den Titel Tristia hinzufügte) sind zu vielzählig, als daß sie<br />

hier näher erläutert werden könnten: das Material ist<br />

weitgehend ähnlich, wenn auch die formale Reihenfolge<br />

geändert ist, jedoch verleihen die zugefügten rhetorischen<br />

Gesten dem Stück hier ein besseres Tempo. Das<br />

ursprüngliche zweiseitige Vorwort von Senancour ist auf<br />

ein Dutzend Linien reduziert worden—„Que veux-je ?<br />

9<br />

Que suis-je ? Que demander à la nature ? …“ („Was will<br />

ich? Was bin ich? Was von der Natur verlangen? …“), und<br />

weitere neun Zeilen aus dem Childe Harold leiten das<br />

ausdrucksvolle Stück ein:<br />

Könnte ich nun verkörpern und offenbaren<br />

was in mir am meisten ist,—ließe ich,<br />

meine Gedanken über den Ausdruck heraus, und würfe somit<br />

Seele, Herz, Verstand, Leidenschaft, Gefühle, stark und schwach,<br />

all das, das ich suchte, und das ich suche,<br />

ertragen, wissen, fühlen und doch atmen—in ein Wort.<br />

Und das eine Wort wäre Blitz. Ich spräche:<br />

Aber wie es ist, lebe ich und sterbe ungehört<br />

Mit einem stimmlosesten Gedanken, ihn in die Scheide<br />

steckend wie ein Schwert.<br />

Sollte die Schmeichelung mittels Imitation ein Ideal<br />

darstellen, dann bewunderte Tschaikowski sicherlich<br />

Vallée d’Obermann in ausreichendem Maße, indem er<br />

nämlich die Hauptmelodie zu Lenskys Arie in Eugen<br />

Onegin verwendete.<br />

Bezeichnenderweise leitet die nächste Strophe des<br />

Childe Harold das Eglogue ein:<br />

Der Morgen ist wieder da, der taufeuchte Morgen,<br />

Mit Atem so weihräuchern, und mit rosigen Wangen,<br />

Die Wolken fortlachend mit spielerischem Hohn,<br />

und lebend, als hätt’ die Erde kein Grab—<br />

Ein befreiteres Werk Liszts ist kaum vorstellbar, und seine<br />

zarte Einfachheit bildet einen perfekten Hintergrund für<br />

das vorherige Stück. (Tschaikowski zeigt Anklänge an diese<br />

Arbeit in seiner berühmten Troïka, Opus 37 bis/11).<br />

Le mal du pays (Heimweh) ist ein hervorragendes<br />

Beispiel der Fähigkeit Liszts, ein Werk wie eine freie<br />

Improvisation erklingen zu lassen, während es gleichzeitig<br />

einer recht strengen Kontrolle unterliegt. Der Erfolg dieses<br />

grübelnden Stückes ist in Anbetracht der verschiedenen<br />

Ursprünge seiner Melodien um so eindrucksvoller:

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