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PIANO MUSIC - Abeille Musique

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L<br />

ISZTS SPÄTE KLAVIERWERKE weisen Eigenschaften<br />

auf, wie man sie im großartigen Musikschaffen<br />

des 19. Jahrhunderts sonst nicht antrifft. Die<br />

stilistische Ausdünnung bis an die Grenzen bewußter<br />

Öde und der gleichzeitige Eindruck avantgardistischen,<br />

bahnbrechenden Schaffens, sowie die unbeeinflußte<br />

Abwägung, die mit dem Alter einhergeht, sind<br />

Besonderheiten von Liszt. Die Kompromißlosigkeit eines<br />

Großteils seiner Musik hatte zur Folge, daß sie augenblicklich<br />

vernachlässigt und in vielen Fällen erst im Laufe<br />

des 20. Jahrhunderts veröffentlicht wurde.<br />

Andere Teile dieser Serie befassen sich mit den späten<br />

Walzern, drei umfangreichen Stücksammlungen (Via<br />

Crucis, Weihnachtsbaum und die Choräle) und den<br />

einzelnen Charakterstücken der letzten Schaf fensperiode<br />

Liszts. Einige der späten Transkriptionen, die letzten<br />

Rhapsodien und die übrigen späten Tänze und Märsche<br />

stehen noch zur Veröffentlichung an. Daß vorliegende<br />

Programm ist den verbleibenden Stücksammlungen<br />

gewidmet (nicht Zyklen, obwohl sie wer weiß wie oft so<br />

benannt wurden), und zwei weiteren Raritäten aus den<br />

80er Jahren des 19. Jahrhunderts.<br />

Heftige Kritik wurde gegen Liszt laut, weil er in vielen<br />

seiner früheren Werke mit offenkundig ungarischem<br />

Charakter nicht zwischen Zigeuner und Kaffeehausmusik<br />

oder professionell komponierter Musik einerseits und<br />

ungarischer Volksmusik andererseits unterschieden hatte.<br />

(Mir erscheint es immer als kolossale Ungerechtigkeit,<br />

daß andere Komponisten jener Zeit—zum Beispiel<br />

Brahms mit seinen Ungarischen Tänzen—nicht im<br />

mindesten dafür gegeißelt wurden, daß sie ihren volksmusikalischen<br />

Vorlagen ernsthafte Verstümmelungen<br />

zufügten, während Liszt verurteilt wurde, obwohl er mit<br />

seinen Quellen gewiß liebevoll und geistreich umging,<br />

egal, wo sie entsprungen waren.) Es mutet fast schon als<br />

bewußte Sühnetat an, daß Liszt fünf „echte“ ungarische<br />

Volkslieder für Klavier arrangiert hat und sogar<br />

Wiederholungen entsprechend der Strophenzahl des<br />

ursprünglichen Liedes vorsah wie er es bereits in seinen<br />

Choralarrangements getan hatte. Hier wie dort stehen<br />

diese Wiederholungen in keinem Zusammenhang mit der<br />

musikalischen Struktur und werden im allgemeinen nicht<br />

gespielt. Sogar die Texte stellte er in ungarischer Sprache,<br />

die er selbst nicht einmal fließend lesen konnte, diesen<br />

charmanten Miniaturen voran.<br />

Von einem Thema aus der ungarischen Nationalhymne<br />

Szózat es Hymnus abgesehen enthalten die Historischen<br />

Ungarischen Porträts keinerlei volksmusikalisches<br />

Material. Wer sich für die vollständige Vorgeschichte dieser<br />

Werke interessiert, wird in den Anmerkungen zu Band<br />

I/10 der ausgezeichneten Neuen Liszt-Ausgabe zahlreiche<br />

Informationen finden. Für unsere Zwecke soll genügen,<br />

daß Liszt sich vornahm, musikalische Nachrufe auf sieben<br />

berühmte ungarische Staatsmänner und Künstler des 19.<br />

Jahrhunderts zu schreiben, bzw. Charakterbilder von<br />

ihnen zu erstellen. Die Nummern 1, 2, 3 und 5 wurden<br />

1885 komponiert, und dann nahm die ganze Serie Gestalt<br />

an: Die Nr. 4 entstand durch Kürzen des Marsches aus<br />

dem ebenfalls 1885 geschriebenen Trauervorspiel und<br />

Trauermarsch, und durch Verwendung eines vier Noten<br />

umfassenden Basso ostinato aus einem Klavierstück von<br />

Mosonyi mit dem Titel Trauermusik auf den Grafen I.<br />

Széchenyi. Die Nr. 6 ist eine erweiterte Version von Dem<br />

Andenken Petöfis, einem 1877 komponierten Stück, das<br />

wiederum aus Liebe des toten Poeten, einem Vortragsstück<br />

für Gesang und Klavier aus dem Jahr 1874 hervorgegangen<br />

ist. Die Nr. 7 ist eine leicht erweiterte Fassung<br />

des um 1870 entstandenen Stücks Mosonyis Grabgeleit.<br />

Liszt hatte offenbar vor, die Serie zu orchestrieren, doch<br />

diese Aufgabe wurde 1886 von seinem Schüler Arthur<br />

Friedheim übernommen, und der ganze Zyklus blieb bis<br />

l956 unveröffentlicht. Die Nr. 1 gedenkt eines heraus-<br />

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