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PIANO MUSIC - Abeille Musique

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nur ihre verstärkende Wirkung anstelle ihres harmonischen<br />

oder melodischen Gehalts gefragt ist. Dies geschieht zum<br />

ersten Mal im 17. Takt, wo ihre Einbeziehung von den<br />

klaren Oktaven des übrigen Orchesters ablenken würde.<br />

Es ist erstaunich, daß sowenige Dirigenten je die<br />

grauenhaft falsch klingende Note in der Melodie des<br />

zweiten Themas entdeckt haben. Sie taucht beispielsweise<br />

in Furtwänglers Einspielung auf, in der von Karajan und in<br />

praktisch jeder anderen auch. Der Fehler geht auf eben<br />

jene Breitkopf-Ausgabe zurück, die Liszt in dem Glauben<br />

transkribiert hat, daß alle früheren Fehler korrigiert<br />

worden wären. Wenn man sich dagegen Beethovens (im<br />

Faksimile erhältliche) Urschrift ansieht, die frühen Schott-<br />

Editionen oder gar George Groves wunderbares Buch über<br />

die Sinfonien, wird deutlich, daß beim Tonartwechsel im<br />

80. Takt die Bläsermelodie lauten müßte: D, G, F, höheres<br />

D und herunter nach A. Bei Breitkopf dagegen ist die vierte<br />

Note eine Terz tiefer auf B angesetzt, und so haben wir es<br />

in aller Unschuld für richtig gehalten. Entsprechend hat<br />

auch Liszl, der in der Fassung für zwei Klaviere ganz richtig<br />

das D hingeschrieben hatte, in der Soloversion ein B<br />

eingefügt. Natürlich wurde hier das D wiederhergestellt.<br />

(Bei der Reprise sieht die Vorlage selbstverständlich<br />

ohnehin anders aus, und die vierte Note ist dort eindeutig<br />

ein D, nicht ein falsch interpretiertes Fis.) Die Lösungen,<br />

die Liszt für seine Übertragung findet, sind immer<br />

interessant, und wenn er es für nötig hält, mittendrin<br />

Akkorde einzufügen, um das Gefüge der letzten<br />

Partiturseiten (ab dem 531. Takt) angemessen aufzufüllen,<br />

kommen wir nicht umhin, dies für absolut stimmig<br />

zu halten. Allerdings nehmen wir uns die Freiheit, Liszts<br />

Interpretation der Harmonie im 538. Takt zu korrigieren<br />

(die auch in der Version für zwei Klaviere fehlerhaft ist,<br />

aber in der alten Ausgabe der Liszt-Stiftung richtiggestellt<br />

wurde). Außerdem übernimmt die vorliegende<br />

Darbietung Liszts oktavische Alternative für die letzte Zeile.<br />

38<br />

Der Text des Scherzos ist weniger problematisch, und<br />

Liszts Ansicht, daß alle Wiederholungen zu beachten seien,<br />

kommt hier zum Zuge—besonders reizvoll ist die zweite<br />

Wiederholung im Scherzo. Die zwölf Takte, die wir nur zu<br />

hören bekommen, wenn diese Wiederholung ausgeführt<br />

wird, lassen den Einsatz einer ganz anderen Harmoniefolge<br />

zu. Die strittige Frage der Metronomanweisung beim Trio<br />

läßt sich wahrscheinlich nicht zur allgemeinen Zufriedenheit<br />

beantworten. Breitkopf sieht 116 ganze Noten vor, die<br />

Originalausgabe 116 halbe Noten, allerdings eindeutiger<br />

über der Partitur als darunter. Beethovens Briefe zum<br />

Thema, die nicht handschriftlich vorliegen, sprechen<br />

beide von 116 punktierten halben Noten. (Hinzu kommt<br />

Beethovens irgendwann gefaßter Entschluß, im Manuskript<br />

die Zeitangaben für den ganzen Abschnitt im<br />

Verhältnis 2: 1 zu ändern.) Die letztgenannte Anweisung<br />

ist eindeutig falsch, da die Passage in einer geradzahligen<br />

Taktart steht, und wenn Beethoven seinem Neffen etwas<br />

Falsches diktiert hat, könnte die richtige Zahl eine ganz<br />

andere sein. 116 halbe Noten nehmen dem vorangehenden<br />

Stringendo jeglichen Sinn, und 116 ganze Noten<br />

bedeuten rasend schnelles Spiel. Liszts Transkriptionen<br />

sind in diesem Tempo nicht spielbar und legen aus dem<br />

Zusammenhang heraus einen Mittelweg nahe, der hier<br />

gewählt wurde. Beethoven schreibt zwar ans Ende des<br />

Trios „Da capo tutto“, meint damit jedoch nur, daß das<br />

Scherzo wiederholt werden und dann die Coda folgen soll.<br />

Von der vernünftigen Entscheidung abgesehen, die<br />

Streicherpizzicati auf ein eigenes, nicht zu spielendes<br />

Notensystem zu setzen (so geschehen ab dem 85. Takt, wo<br />

das tückische Solo für das vierte Hörn anfangt), verarbeitet<br />

Liszt einen großzügigen Anteil vom Material dieses<br />

schönsten aller langsamen Sätze, und das Ergebnis ist ein<br />

Klavierstück, das den Vergleich mit dem herrlich<br />

getragenem langsamem Satz aus Beethovens Klaviersonate<br />

Op. 106 aushält.

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