Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
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68 5 Nutzungskonkurrenzen<br />
5.2.4.2<br />
Einfluss des Klimawandels auf<br />
Produktionspotenziale<br />
Die globale landwirtschaftliche Produktion wird<br />
voraussichtlich bei einer Temperaturerhöhung von<br />
1–3°C (gegenüber 1990) zunächst insgesamt zunehmen,<br />
weil Rückgänge in vielen Entwicklungsländern<br />
durch höhere Erträge in Regionen höherer<br />
Breitengrade überkompensiert werden können<br />
(WBGU, 2007). Besonders starke Rückgänge werden<br />
in Afrika zu verzeichnen sein, weil die landwirtschaftlich<br />
nutzbaren Flächen in ariden <strong>und</strong> semi-ariden<br />
Gebieten abnehmen <strong>und</strong> die Länge der Anbauperiode<br />
sowie die potenziellen Erträge zurückgehen<br />
werden. In einigen Ländern südlich der Sahara können<br />
die Erträge des Regenfeldbaus bis 2020 um bis<br />
zu 50 % sinken (Lal et al., 2005; IPCC, 2007b). Ab<br />
einer Erwärmung der globalen Mitteltemperatur von<br />
2–4°C wird die landwirtschaftliche Produktivität voraussichtlich<br />
weltweit zurückgehen. Ab einer Temperaturerhöhung<br />
von mehr als 4°C ist schließlich mit<br />
erheblichen Beeinträchtigungen der globalen Landwirtschaft<br />
zu rechnen (IPCC, 2007b). Dies bedeutet,<br />
dass ein ungebremst voranschreitender Klimawandel<br />
den Druck auf die nutzbaren Agrarflächen deutlich<br />
erhöhen wird. Fast alle Projektionen gehen davon<br />
aus, dass die Weltmarktpreise für Getreide spätestens<br />
ab einer Erwärmung von 2°C steigen werden<br />
(z. B. Adams et al., 1995; Fischer et al., 2002; IPCC,<br />
2007b).<br />
5.2.5<br />
Wirkungen des <strong>Bioenergie</strong>booms auf die<br />
Ernährungssicherheit<br />
Der Anbau von Biomasse für energetische Zwecke<br />
konkurriert mit der Nahrungs- <strong>und</strong> Futtermittelpro-<br />
Kasten 5.2-1<br />
Ist das Phosphatfördermaximum („peak<br />
phosphorus“) bereits überschritten?<br />
Phosphor (P) ist neben Stickstoff (N) <strong>und</strong> Kalium (K)<br />
einer der drei Hauptbestandteile von Kunstdüngern, die<br />
daher stets nach ihren N-P-K-Anteilen gekennzeichnet<br />
sind. Während Stickstoff über das Haber-Bosch-Verfahren<br />
in praktisch unbegrenzten Mengen aus der Luft gewonnen<br />
werden kann, ist Phosphor eine endliche Ressource <strong>und</strong><br />
kann nicht, wie etwa Öl, durch andere Energieträger oder<br />
Stoffe ersetzt werden. Phosphor ist als Nährstoff eine unersetzliche<br />
Gr<strong>und</strong>lage für die angesichts einer wachsenden<br />
Weltbevölkerung notwendige Steigerung der Flächenproduktivität.<br />
Tabelle 5.2-6<br />
Aneignung der Nettoprimärproduktion natürlicher<br />
Ökosysteme durch den Menschen (HANPP): Regionale<br />
Verteilung.<br />
Quelle: Haberl et al., 2007<br />
Region HANPP [%]<br />
Nordafrika <strong>und</strong><br />
westliches Asien<br />
42<br />
Afrika südlich der Sahara 18<br />
Zentralasien <strong>und</strong> Russland 12<br />
Ostasien 35<br />
Südasien 63<br />
Südostasien 30<br />
Nordamerika 22<br />
Lateinamerika <strong>und</strong> Karibik 16<br />
Westeuropa 40<br />
Südosteuropa 52<br />
Ozeanien <strong>und</strong> Australien 11<br />
duktion um Flächen <strong>und</strong> andere landwirtschaftliche<br />
Produktionsfaktoren. Durch die Nutzungsalternative<br />
<strong>Bioenergie</strong> steigen die Preise (unter sonst gleichen<br />
Bedingungen) für Agrarrohstoffe, so dass Gr<strong>und</strong>nahrungsmittel<br />
teurer werden (FAO, 2008c; Kasten<br />
5.2-1). Dies stellt eine Mehrbelastung für die Konsumenten<br />
dar, bietet aber den Bauern, die für den<br />
Markt produzieren Einkommensperspektiven. Die<br />
energetische Nutzung der Biomasse bzw. der Anbau<br />
von Energiepflanzen kann auch zur ländlichen Entwicklung<br />
beitragen, etwa durch eine verbesserte<br />
dezentrale Energieversorgung oder einkommensgenerierende<br />
Beschäftigungseffekte. Welche Gesamtwirkung<br />
zu erwarten ist, ist länder- <strong>und</strong> fallspezifisch<br />
unterschiedlich (Länderstudien: Kästen 4.1-2, 4.1-<br />
3, 5.2-2, 5.4-2, 6.7-2, 8.2-2, 8.2-4 <strong>und</strong> 10.8-1) <strong>und</strong> u. a.<br />
abhängig von den naturräumlichen, agrarwirtschaft-<br />
Déry <strong>und</strong> Anderson (2007) gehen davon aus, dass der<br />
globale Abbau von Phosphor, in der Regel als Phosphat,<br />
bereits 1989 sein Fördermaximum überschritten hat („peak<br />
phosphorus“). Wie aus der Debatte um das Fördermaximum<br />
für Öl („peak oil“) bekannt, beginnt das Problem<br />
nicht, wenn eine Ressource zu versiegen beginnt, sondern<br />
wenn das Fördermaximum erreicht wird. Von diesem Punkt<br />
an wird der Abbau schwieriger <strong>und</strong> teurer.<br />
Im Gegensatz zu Öl können Phosphate aber „rückgewonnen“<br />
werden. Daher muss eine der Antworten auf das<br />
Erreichen des Phosphatfördermaximums die Schließung<br />
von Nährstoffzyklen in der landwirtschaftlichen Produktion<br />
sein, insbesondere durch die Düngung der Agrarflächen<br />
mit organischem Dünger. Eine andere Möglichkeit<br />
ist die Rückgewinnung von Nährstoffen aus Klärschlamm<br />
sowie eine effizientere Anwendung von Dünger in der<br />
Landwirtschaft.