Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
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130 6 Modellierung des globalen Potenzials von Energiepflanzen<br />
liche Potenzial liegt in diesen Regionen somit wahrscheinlich<br />
niedriger, als von den Simulationen angezeigt<br />
(Kasten 6.7-2).<br />
Ähnlich problematisch ist die Datenlage zu marginalen<br />
Böden (Kasten 4.2-1). Hier ergibt sich darüber<br />
hinaus noch die Schwierigkeit, potenzielle Erträge<br />
von Energiepflanzen auf stark degradierten Böden<br />
abzuschätzen.<br />
6.6.6<br />
Zukünftige Möglichkeiten der Bewässerung<br />
Der Ertrag bewässerter Biomasseanbauflächen liegt<br />
deutlich über dem von unbewässerten Anbausystemen.<br />
Die angegebenen Energiepotenziale für den<br />
bewässerten Anbau beruhen auf der Annahme, dass<br />
alle Biomasseanbauflächen zu 10 % bewässert werden,<br />
während heute im globalen Durchschnitt nur<br />
etwa 5 % der Flächen bewässert werden (Portmann et<br />
al., 2008). Dabei erfolgt die Regulierung des Bodenwassergehaltes<br />
im Modell hoch effizient, wie es etwa<br />
mit der Tröpfchenbewässerung möglich ist. Die präsentierten<br />
Ergebnisse setzen also voraus, dass fortschrittliche<br />
Agrartechnologien weltweit verfügbar<br />
sind <strong>und</strong> flächendeckend eingesetzt werden. Daher<br />
ist davon auszugehen, dass das tatsächliche <strong>und</strong> <strong>nachhaltige</strong><br />
Biomassepotenzial im Bereich der unbewässerten<br />
Szenarien liegen dürfte <strong>und</strong> nur geringe Steigerungen<br />
durch teilweise Bewässerung möglich sind.<br />
So können die hohen Erntepotenziale mit Bewässerung<br />
im Übergangsbereich zwischen semi-ariden <strong>und</strong><br />
humido-ariden Gebieten Afrikas wohl kaum innerhalb<br />
weniger Jahrzehnte weiträumig realisiert werden.<br />
6.7<br />
Regionale Betrachtung<br />
Die in Kapitel 6.5.4 gezeigte räumliche Verteilung<br />
möglicher Anbauflächen von Energiepflanzen weist<br />
auf der Gr<strong>und</strong>lage der gegebenen naturräumlichen<br />
Bedingungen einige Regionen aus, die gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
für den <strong>nachhaltige</strong>n Anbau von Energiepflanzen<br />
geeignet zu sein scheinen. Eine seriöse Einschätzung<br />
der tatsächlich realisierbaren Potenziale muss aber<br />
neben den naturräumlichen Gegebenheiten auch<br />
die sozioökonomischen <strong>und</strong> politischen Rahmenbedingungen<br />
in den einzelnen Regionen berücksichtigen.<br />
Die für den Anbau von Energiepflanzen günstig<br />
gelegenen Regionen liegen überwiegend in tropischen<br />
<strong>und</strong> subtropischen Breiten. Einige dieser<br />
Länder sind durch einen niedrigen Entwicklungsstand<br />
sowie schwache <strong>und</strong> fragile staatliche Strukturen<br />
geprägt oder von andauernden Gewaltkon-<br />
flikten betroffen. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sind allzu<br />
optimistische Erwartungen bezüglich der Mobilisierung<br />
der <strong>Bioenergie</strong>potenziale in manchen Regionen<br />
zu korrigieren. Gleichwohl kann das Bemühen, die<br />
<strong>Bioenergie</strong>potenziale gerade in wenig entwickelten<br />
Regionen zu realisieren, mittel- <strong>und</strong> langfristig auch<br />
zu agrarwirtschaftlich angetriebener Entwicklungsdynamik<br />
führen <strong>und</strong> somit zu einer Verbesserung der<br />
soziökonomischen Rahmenbedingungen beitragen.<br />
In dieser Hinsicht sind nach Einschätzung des<br />
WBGU drei Faktoren von besonderer Bedeutung.<br />
Erstens erfordert eine Realisierung der theoretischen<br />
<strong>Bioenergie</strong>potenziale ein Mindestmaß an<br />
Investitionstätigkeit, die wiederum ohne ein Mindestmaß<br />
an Sicherheit <strong>und</strong> Stabilität nicht zu erwarten<br />
ist. Wo Sicherheit <strong>und</strong> Stabilität nicht gegeben<br />
sind <strong>und</strong> auch absehbar nicht gewährleistet werden<br />
können, besteht keine geeignete Gr<strong>und</strong>lage für den<br />
Aufbau einer dynamischen <strong>Bioenergie</strong>wirtschaft.<br />
Zweitens erfordert eine rasche Inwertsetzung der<br />
<strong>Bioenergie</strong>potenziale gewisse infrastrukturelle <strong>und</strong><br />
logistische Kapazitäten, die in vielen Entwicklungsländern<br />
nur schwach entwickelt sind. Auf Gr<strong>und</strong> der<br />
spezifischen Standortnachteile bleiben manche Entwicklungsländer<br />
deshalb trotz positiver Handlungsansätze<br />
interner <strong>und</strong> externer Akteure weitgehend<br />
abgekoppelt von der weltwirtschaftlichen Dynamik<br />
(Collier, 2007). Drittens ist bei der tatsächlichen Realisierbarkeit<br />
von <strong>Bioenergie</strong>potenzialen im Sinne des<br />
WBGU auch die Fähigkeit zur Einhaltung der Nachhaltigkeitsleitplanken<br />
zu berücksichtigen (Kap. 3).<br />
Dies wiederum setzt nicht nur Sicherheit <strong>und</strong> Stabilität<br />
sowie eine leistungsfähige Infrastruktur voraus,<br />
sondern erfordert darüber hinaus ein Mindestmaß an<br />
staatlicher Regulierungskompetenz, um einen angemessenen<br />
ordnungsrechtlichen Rahmen definieren<br />
<strong>und</strong> seine Einhaltung überwachen <strong>und</strong> durchsetzen<br />
zu können. In waldreichen Ländern, die schon heute<br />
hohe Entwaldungsraten aufweisen, ist das Fehlen<br />
durchsetzungsfähiger Regulierungskompetenz ein<br />
besonders kritischer Faktor. Zusätzliche ökonomische<br />
oder politische Anreize zum Anbau von Energiepflanzen<br />
könnten dort ohne wirksame Kontrolle<br />
verheerende Auswirkungen für den Schutz biologischer<br />
Vielfalt <strong>und</strong> des Klimas haben <strong>und</strong> somit einer<br />
<strong>nachhaltige</strong>n Realisierung von <strong>Bioenergie</strong>potenzialen<br />
zuwider laufen (Kap. 5.5.1.1).<br />
Zur qualitativen Bewertung der Frage, inwieweit<br />
die gegebenen politischen, institutionellen <strong>und</strong><br />
sozioökonomischen Gegebenheiten in einem Land<br />
die Realisierbarkeit der theoretisch möglichen <strong>Bioenergie</strong>potenziale<br />
einschränken, orientiert sich der<br />
WBGU konkret am „Failed State Index“ des F<strong>und</strong><br />
for Peace <strong>und</strong> der Zeitschrift Foreign Policy, am<br />
„Global Competitiveness Index“ des World Economic<br />
Forum (Kasten 6.7-1) sowie an den Erwartun-