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Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung

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die dann unter Art. 3.3 zwingend anzurechnen wäre,<br />

oder wann es sich um Forstbewirtschaftung handelt,<br />

die nur anzurechnen ist, wenn sich ein Land für diese<br />

Aktivität unter Art. 3.4 entschieden hat. Jedes Land<br />

muss hier jedoch eine klare Regelung vorschlagen<br />

(Höhne et al., 2007).<br />

In der Summe führen diese Regelungen <strong>und</strong> ihr<br />

Nebeneinander dazu, dass in Annex-I-Staaten nicht<br />

zwingend alle Emissionen, die durch Anbau <strong>und</strong><br />

Ernte von <strong>Bioenergie</strong> bzw. durch mit dem Anbau verb<strong>und</strong>ene<br />

direkte oder indirekte <strong>Landnutzung</strong>sänderungen<br />

entstehen, angerechnet werden (Tab. 10.2-1).<br />

Gleichzeitig wird aber das während der energetischen<br />

Nutzung freigesetzte CO 2 mit Null angesetzt, die Substitution<br />

anderer Emissionen durch <strong>Bioenergie</strong>nutzung<br />

kann also als vollständig vermiedene Emission<br />

angerechnet werden. Es ist daher davon auszugehen,<br />

dass die durch den Einsatz von <strong>Bioenergie</strong> anrechenbare<br />

Emissionsreduktion in der Regel größer ausfällt<br />

als die tatsächlich erzielte Reduktion.<br />

Fehlende Anreize<br />

Die gr<strong>und</strong>sätzliche Nullanrechnung von CO 2 -Emissionen<br />

bei der <strong>Bioenergie</strong>nutzung führt weiterhin<br />

dazu, dass verschiedene Aktivitäten, die zu einer<br />

realen Emissionsreduktion beitragen würden, nicht<br />

angerechnet werden können. Als erstes ist hier die<br />

stoffliche Nutzung von Holzprodukten zu nennen<br />

(Kasten 10.2-1). Da der im Holz enthaltene Kohlenstoff<br />

bereits bei der Ernte als emittiert gilt, wird eine<br />

verzögerte CO 2 -Freisetzung durch eine langfristige<br />

Nutzung der Holzprodukte unter den bestehenden<br />

Regelungen nicht honoriert, obwohl sie aus Klimaschutzgründen<br />

wünschenswert wäre (Kap. 5.3 <strong>und</strong><br />

5.5). Ein weiteres Beispiel ist die Abtrennung <strong>und</strong><br />

Speicherung von CO 2 bei der Erzeugung von Energie<br />

aus Biomasse. Eine solche Technologie würde<br />

die Möglichkeit bieten, der Atmosphäre CO 2 netto<br />

zu entziehen (Kap. 6; Kasten 6.8-1). Da das CO 2<br />

aber auch ohne Speicherung bei der Anrechnung so<br />

behandelt wird, als wäre es gar nicht emittiert worden,<br />

gehen vom gegenwärtigen Anrechnungsverfahren<br />

in der ersten Verpflichtungsperiode des Kioto-<br />

Protokolls keinerlei Anreize zur Sequestrierung von<br />

biogenem CO 2 aus (Grön kvist et al., 2006).<br />

Handel mit Biomasse für die energetische<br />

Nutzung<br />

Wird <strong>Bioenergie</strong> in einem Nicht-Annex-I-Staat produziert<br />

<strong>und</strong> anschließend in einem Annex-I-Staat<br />

genutzt, wird das Problem der unvollständigen<br />

Anrechnung verschärft. In diesem Fall werden die<br />

bei der Produktion anfallenden Emissionen innerhalb<br />

des Kioto-Regimes überhaupt nicht angerechnet,<br />

so dass die anrechenbare Emissionsreduktion<br />

fast immer größer ausfällt als die tatsächlich erzielte<br />

Internationale Klimapolitik 10.2<br />

Reduktion. Insbesondere die Umwandlung tropischer<br />

Wälder in <strong>Bioenergie</strong>plantagen kann zu sehr hohen<br />

Emissionen führen <strong>und</strong> damit zu einer deutlich negativen<br />

THG-Bilanz der <strong>Bioenergie</strong>nutzung (Kap. 7.3).<br />

Ohne zusätzliche Maßnahmen könnte daher selbst<br />

eine Nutzung von <strong>Bioenergie</strong>, die netto zu einer Steigerung<br />

der Emissionen führt, von einem Annex-I-<br />

Staat als Emissionsminderung verbucht werden. Das<br />

gegen wärtige Anrechnungssystem unterstützt damit<br />

den Import von <strong>Bioenergie</strong> aus Entwicklungsländern<br />

unabhängig davon, ob Emissionen damit vermieden<br />

oder gesteigert werden.<br />

Konflikte mit anderen Klimaschutz‑<br />

maßnahmen im <strong>Landnutzung</strong>sbereich<br />

Die oben beschriebenen Zusammenhänge zeigen,<br />

dass die direkten <strong>und</strong> indirekten Anreize innerhalb<br />

der Klimarahmenkonvention die <strong>Bioenergie</strong>nutzung<br />

in für den Klimaschutz ungünstige Bahnen<br />

lenken kann. Darüber hinaus ist mit weiteren indirekten<br />

Effekten durch eine verstärkte <strong>Bioenergie</strong>nutzung<br />

zu rechnen, die andere Klimaschutzbemühungen<br />

gefährden (Kap. 5.5). Hier ist besonders die<br />

Entwaldung in Entwicklungsländern zu nennen, die<br />

gegenwärtig mehr als 20 % der globalen anthropogenen<br />

CO 2 -Emissionen ausmacht (IPCC, 2007c), aber<br />

auch die Umwandlung von Grasland für den Anbau<br />

von Energiepflanzen (Kap. 4.2.3.3). Selbst wenn hierfür<br />

nicht direkt Waldfläche gerodet oder Grasland<br />

umgebrochen wird, dürfte die mittelbare Umwandlung<br />

solcher Flächen zunehmen, da die Produktion<br />

von Energiepflanzen andere Nutzungen von Flächen<br />

verdrängt, so dass nun der Anbau von anderen Nutzpflanzen<br />

oder die Weidelandnutzung auf bislang relativ<br />

unberührtes oder weniger intensiv genutztes Land<br />

ausweicht (Searchinger et al., 2008; Kap. 5.5). Gegenwärtig<br />

bietet die Klimarahmenkonvention Entwicklungsländern<br />

keine unmittelbaren Anreize, die Konversion<br />

von Wald- oder Grasflächen in Ackerland zu<br />

reduzieren. Der sich abzeichnende <strong>Bioenergie</strong>boom<br />

macht es somit noch dringlicher, dass im Rahmen der<br />

UNFCCC bzw. der (Post-)Kioto-Mechanismen alle<br />

Emissionen aus dem Bereich <strong>Landnutzung</strong>, <strong>Landnutzung</strong>sänderungen<br />

<strong>und</strong> Forstwirtschaft (land use,<br />

land-use change and forestry, LULUCF) angerechnet<br />

<strong>und</strong> hinreichend Anreize für Entwicklungsländer<br />

implementiert werden, die terrestrischen Kohlenstoffvorräte<br />

zu schützen <strong>und</strong> der Entwaldung entgegenzuwirken.<br />

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