Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
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Kasten 4.1-3<br />
Aktuelle <strong>Bioenergie</strong>nutzung <strong>und</strong> -förderpolitik<br />
in der EU<br />
Mit dem Entwurf für eine EU-Richtlinie zur Förderung<br />
von erneuerbaren Energien legte die Europäische Kommission<br />
Anfang des Jahres 2008 einen Richtlinienentwurf<br />
zur Umsetzung der Anfang 2007 von Kommission <strong>und</strong> Rat<br />
festgelegten Ziele <strong>und</strong> Strategien zum Ausbau der Nutzung<br />
erneuerbarer Energien vor. Danach ist bis zum Jahr 2020<br />
ein Anteil erneuerbarer Energien an der gesamten Energienutzung<br />
in Höhe von 20 % sowie ein Anteil von Biokraftstoffen<br />
am EU-weiten Kraftstoffverbrauch in Höhe<br />
von 10 % vorgesehen. In erster Linie möchte die EU damit<br />
einen Beitrag zum Klimaschutz leisten (EU-Kommission,<br />
2008a).<br />
Derzeit beträgt der Anteil von <strong>Bioenergie</strong> an der Primärenergienutzung<br />
in der EU ca. 4 % (EEA, 2007b). Biokraftstoffe<br />
machen etwa 1 % des gesamten Kraftstoffverbrauchs<br />
aus (EU-Kommission, 2006a; REN21, 2008). Die<br />
EU-interne Biokraftstoffproduktion wird in vielen Mitgliedsstaaten<br />
durch Steuererleichterungen gefördert. Insgesamt<br />
produzierte die EU im Jahr 2007 6,1 Mrd. l Biodiesel,<br />
was 59,9 % der weltweiten Biodieselproduktion entsprach.<br />
Innerhalb der EU zählten Deutschland, Frankreich, Italien,<br />
Tschechien <strong>und</strong> Spanien zu den wichtigsten Produzentenländern<br />
(Licht zitiert in OECD, 2008). Ethanol wird in der<br />
EU in deutlich kleinerem Umfang produziert, hauptsächlich<br />
aus Getreide <strong>und</strong> Zuckerrüben. Hauptproduzentenländer<br />
in der EU sind Deutschland <strong>und</strong> Spanien. Mit einer<br />
Menge von 2,3 Mrd. l kam die gesamte EU im Jahr 2007 auf<br />
einen Anteil von 4,4 % an der Weltethanolproduktion (Zarrilli,<br />
2006; Licht zitiert in OECD, 2008; REN21, 2008).<br />
Für einen weiteren Ausbau des Biokraftstoffanteils<br />
gemäß der im Richtlinienentwurf geforderten Quote von<br />
trag zum Klimaschutz zu leisten, unter Umständen<br />
nicht erreicht werden kann. So schätzt das Londoner<br />
Beratungsunternehmen Europe Economics, dass die<br />
Erreichung des 10 %-Ziels der EU für Biokraftstoffe<br />
jährliche gesamtwirtschaftliche Transferzahlungen in<br />
den Biokraftstoffsektor in Höhe von 11–23 Mrd. €<br />
erfordert (Europe Economics, 2008). Verschiedene<br />
Studien, u. a. des Joint Research Centre (JRC) der<br />
Europäischen Kommission <strong>und</strong> der OECD, kommen<br />
gleichzeitig zu dem Ergebnis, dass die Erfüllung des<br />
10 %-Beimischungsziels mit großer Wahrscheinlichkeit<br />
nicht zu einer signifikanten Verringerung der<br />
Treibhausgasemissionen im Transportsektor beitragen<br />
wird. In Bezug auf den Klimaschutz <strong>und</strong> die Kosten<br />
pro Tonne vermiedener Treibhausgasemissionen<br />
haben Biokraftstoffe bisher in der Regel unterdurchschnittliche<br />
Resultate gezeigt: Mit Vermeidungskosten<br />
von z. T. deutlich über 100 € pro Tonne ist die<br />
Verwendung von Biokraftstoffen wesentlich teurer<br />
als alternative Vermeidungsoptionen (Doornbosch<br />
<strong>und</strong> Steenblik, 2007; de Santi, 2008; OECD, 2008;<br />
Kap. 7.3; Kasten 4.1-3). Auch bezüglich der Politikziele<br />
Erhöhung der Energiesicherheit sowie Förde-<br />
<strong>Bioenergie</strong> in den globalen Energiesystemen 4.1<br />
10 % ist die EU, insbesondere bei Ethanol, auf Importe<br />
angewiesen (REN21, 2008). Wichtigste Importländer für<br />
Ethanol sind Brasilien <strong>und</strong> Pakistan. Palmöl für die Biodieselproduktion<br />
wird überwiegend aus Malaysia importiert<br />
(Zarrilli, 2006). Allerdings mehren sich derzeit Zweifel an<br />
der ökologischen <strong>und</strong> ökonomischen Nachhaltigkeit einer<br />
10 %-Beimischungsquote für Biokraftstoffe. Während das<br />
Erreichen der mit der Beimischung verfolgten Ziele, wie<br />
Klimaschutz, Versorgungssicherheit <strong>und</strong> Schaffung von<br />
Arbeitsplätzen, ungewiss ist, werden die geschätzten Kosten<br />
für staatliche Fördermaßnahmen mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
die erhofften Nutzen übersteigen (de Santi, 2008). Der<br />
Industrieausschuss des Europäischen Parlaments stellte<br />
deshalb eine Modifikation der 10 %-Quote zur Diskussion.<br />
Demnach sollten mindestens 40 % der Quote mit der Nutzung<br />
von Biokraftstoffen der 2. Generation, Wasserstoff<br />
oder Elektromobilität erreicht werden (EU-Parlament,<br />
2008). Eine endgültige Festlegung der Quote wird bis Ende<br />
2008 erwartet.<br />
Die Stromproduktion aus Biomasse ist ein weiterer wichtiger<br />
Pfeiler des 20 %-Ziels der EU. Als Fördermaßnah men<br />
werden in den einzelnen Mitgliedsstaaten u. a. Einspeisetarife,<br />
Renewable Energy Certificates (RECs), steuerliche<br />
Anreize oder Subventionen für Produktionskapital angewendet,<br />
wobei sich Einspeisetarife <strong>und</strong> RECs bisher als die<br />
wirkungsvollsten Instrumente erwiesen. 21 Mitgliedsstaaten<br />
nehmen an einem intereuropäischen Transfersystem<br />
für RECs teil, dem „European Energy Certificate System“<br />
(EECS; EU-Kommission, 2005b; REN21, 2008). Für die<br />
Wärmeproduktion aus Biomasse gibt es im Vergleich zu<br />
Elektrizität <strong>und</strong> Kraftstoffen bisher noch keine konkreten<br />
Zielvorgaben. U. a. soll künftig die Energieeffizienz von<br />
Gebäuden verbessert <strong>und</strong> Fernwärmeanlagen gefördert<br />
werden (EU-Kommission, 2005a). Zudem soll das Potenzial<br />
hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung in den Mitgliedsstaaten<br />
besser ausgeschöpft werden (GBEP, 2008).<br />
rung der ländlichen Entwicklung wird vom JRC kein<br />
wesentlicher Nutzen aus der Biokraftstoffpolitik der<br />
EU festgestellt. Vielmehr errechnet das JRC, dass<br />
durch die Biokraftstoffförderung für die EU-25 zwischen<br />
2007 <strong>und</strong> 2020 mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
(80 %) gesamtwirtschaftlich Nettokosten verursacht<br />
werden. Die Berechnungen gehen von 33–65 Mrd. €<br />
gemessen in Gegenwartswerten aus (de Santi, 2008).<br />
Einige Entwicklungsländer, vor allem in Afrika<br />
<strong>und</strong> Südamerika, besitzen zwar ein hohes Potenzial<br />
zur Biomasseproduktion für energetische Zwecke,<br />
haben jedoch teilweise noch keine entsprechenden<br />
Politikziele formuliert. Falls Ziele formuliert wurden,<br />
wurde noch keine konkrete Förderpolitik umgesetzt,<br />
wie z. B. in Chile, El Salvador <strong>und</strong> Panama (Jull et<br />
al., 2007). Die notwendigen Investitionen in Infrastruktur<br />
<strong>und</strong> Technologie stellen eine Hürde für<br />
diese Länder beim Aufbau eines <strong>Bioenergie</strong>marktes<br />
dar. Auch der Export ist aufgr<strong>und</strong> der Subventions-<br />
<strong>und</strong> Handelspolitik vieler Industrieländer<br />
für Entwicklungsländer erschwert. Handelsbarrieren<br />
ergeben sich für Entwicklungsländer außerdem<br />
aus den international nicht harmonisierten techni-<br />
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