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Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung

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232 10 Globale <strong>Bioenergie</strong>politik<br />

Kasten 10.2-1<br />

Harvested Wood Products<br />

In einem Technical Paper, das das UNFCCC-Sekretariat<br />

im Jahr 2003 verfasst hat, werden die Möglichkeiten der<br />

Anrechnung von Emissionen aus der Nutzung von Holzprodukten<br />

erörtert (UNFCCC, 2003). Die diskutierten<br />

Nutzungen schließen explizit auch die Nutzung von Holz<br />

als Brennstoff ein. Es werden folgende alternative Anrechnungsmethoden<br />

vorgestellt:<br />

IPCC‑Default‑Methode<br />

Bei dieser gegenwärtig praktizierten Methode wird angenommen,<br />

dass die jeweils vorhandene Menge an Holzprodukten<br />

konstant bleibt. Es werden daher nur (positive oder<br />

negative) CO 2 -Emissionen bei der Abholzung oder (Wieder-)Aufforstung<br />

von Wald gezählt. Die Emissionen aus der<br />

Abholzung (oder Ernte) werden im Jahr der Abholzung<br />

dem Land zugerechnet, in dem sie erfolgt. In den Treibhausgasinventaren<br />

wird die Abholzung bzw. Ernte also als<br />

unmittelbare Emission behandelt, unabhängig davon, ob<br />

die entstehenden Produkte (Holz) zunächst noch gelagert,<br />

exportiert usw. werden. Um eine doppelte Zählung<br />

zu vermeiden, werden deshalb CO 2 -Emissionen, die aus<br />

der Verbrennung von Holzprodukten entstehen (energetische<br />

Nutzung, Abfall) gr<strong>und</strong>sätzlich nicht als Emission<br />

gezählt. Dies hat insbesondere Auswirkungen, wenn Holzprodukte<br />

aus einem Land ohne Kioto-Verpflichtungen für<br />

die energetische Nutzung in ein Land mit Verpflichtungen<br />

exportiert werden. Diese Methode bietet besonders hohe<br />

Anreize, Holz zur Energieerzeugung zu verwenden, da das<br />

Holz bei der Ernte als Emission gezählt wird (wogegen es<br />

in einem Land ohne Verpflichtungen keinen Anreiz gibt),<br />

während das importierende Land so eine gemäß den Kioto-<br />

Regelungen (aber nicht in der realen Welt) emissionsfreie<br />

Energiequelle erhält.<br />

Stock‑change‑Ansatz<br />

Eine Alternative zur IPCC-Default-Methode ist der Stockchange-Ansatz:<br />

Hierbei werden sowohl Änderungen des<br />

Forstbestandes als auch des Bestandes an Holzprodukten<br />

gezählt, wobei erstere dem Land zugerechnet werden, in<br />

dem sich der Wald befindet (produzierendes Land), letztere<br />

dem Land, in dem die Holzprodukte konsumiert werden<br />

(konsumierendes Land). Die mit den Änderungen verb<strong>und</strong>enen<br />

Emissionen werden dann jeweils dem Land zugerechnet,<br />

in dem sie erfolgen, <strong>und</strong> zwar zu dem Zeitpunkt, zu<br />

dem sie erfolgen. Gegenüber der IPCC-Default-Methode<br />

10.2.2.2<br />

Kriterien <strong>und</strong> Möglichkeiten für die<br />

Weiterentwicklung der Regelungen<br />

Aus den dargestellten Problemen ergibt sich die Notwendigkeit,<br />

die <strong>Bioenergie</strong>produktion <strong>und</strong> -nutzung<br />

dringend auf die Tagesordnung der UNFCCC-Gremien<br />

zu setzen, die Anrechnungsmodalitäten für die<br />

Verpflichtungen im Rahmen des Kioto-Protokolls zu<br />

reformieren <strong>und</strong> die Zuordnung der Emissionen in<br />

den Treibhausgasinventaren anzupassen.<br />

erscheint hier die energetische Nutzung weniger attraktiv.<br />

Beispielsweise kann ein Land mit Kioto-Verpflichtungen<br />

Holzprodukte importieren <strong>und</strong> sich dies als CO 2 -Senke<br />

anrechnen lassen. Erst bei der energetischen Nutzung oder<br />

dem Zerfall als Abfall wird ihm das entstehende CO 2 wieder<br />

als Emission angerechnet.<br />

Production‑Ansatz<br />

Hierbei werden wie beim Stock-change-Ansatz sowohl<br />

Änderungen des Forstbestandes als auch des Bestandes<br />

an Holzprodukten jeweils zum Zeitpunkt ihres Auftretens<br />

gezählt, jedoch beide dem produzierenden Land zugerechnet.<br />

Dieser Ansatz unterscheidet sich von der IPCC-Default-<br />

Methode nur durch den Zeitpunkt der Anrechnung der<br />

Emissionen aus der Nutzung von Holzprodukten. Bei dieser<br />

Zählmethode ist (wie bei der IPCC-Default-Methode)<br />

der Anreiz für verpflichtete Länder besonders hoch, importierte<br />

Biomasse energetisch zu nutzen, da die entstehenden<br />

Emissionen ihnen nicht zugerechnet werden. Das exportierende<br />

Land sollte dagegen mehr an dem Export für langlebige<br />

Produkte interessiert sein, da ihm in diesem Fall die<br />

Emissionen erst später zugerechnet werden.<br />

Atmospheric‑flow‑Ansatz<br />

Bei diesem Ansatz werden die Emissionen an dem Ort <strong>und</strong><br />

zu dem Zeitpunkt gezählt, an dem das CO 2 in die Atmosphäre<br />

gelangt. Dem produzierenden Land werden dann<br />

nur die direkten Emissionen zugerechnet, die bei der Ernte<br />

in die Atmosphäre gelangen. Die bei der Nutzung oder dem<br />

Zerfall von Holzprodukten entstehenden Emissionen werden<br />

dem konsumierenden Land zugerechnet. In diesem Fall<br />

würde importierte Biomasse zur energetischen Nutzung für<br />

das konsumierende Land genau wie die Nutzung fossiler<br />

Energieträger angerechnet <strong>und</strong> könnte daher nicht zur<br />

Reduktion von Emissionen verwendet werden, wodurch<br />

der Anreiz zur <strong>Bioenergie</strong>nutzung in verpflichteten Ländern<br />

entfiele. Allerdings generiert dieses Verfahren in der<br />

von der UNFCCC beschriebenen Form Anreize für einen<br />

ebenfalls klimaschutzpolitisch fragwürdigen Export von<br />

<strong>Bioenergie</strong>trägern in Entwicklungsländer: Ein verpflichtetes<br />

Land könnte sich den Aufwuchs eines Waldes als Senke<br />

anrechnen lassen, das geerntete Holz in ein nicht verpflichtetes<br />

Land exportieren, das die Emissionen mangels<br />

Verpflichtungen nicht kompensieren muss. Der WBGU<br />

macht dazu einen modifizierten Vorschlag, der den Handel<br />

zwischen verpflichteten <strong>und</strong> nicht verpflichteten Ländern<br />

betrifft (Kap. 10.2.2.2).<br />

Cap and trade for all countries and all<br />

emissions<br />

Viele der beschriebenen Probleme ließen sich theoretisch<br />

elegant beheben, indem Emissionsobergrenzen<br />

für alle Länder, Sektoren <strong>und</strong> Emissionen einschließlich<br />

aus dem Bereich LULUCF vereinbart<br />

würden. Kommt es zu einem „cap and trade for all<br />

countries and emissions (and sectors)“, würde der<br />

Anreiz zur Emissionsminderung auf einem globalen<br />

Kohlenstoffmarkt über den Preis für Emissionsrechte<br />

erfolgen. Soweit alle Emissionen weitestgehend<br />

zeitpunktgetreu angerechnet werden, wäre ein<br />

solcher Ansatz effektiv <strong>und</strong> zugleich volkswirtschaftlich<br />

effizient, <strong>und</strong> zwar zunächst unabhängig davon,

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