Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Treibhausgasemissionen von 60 t CO 2 eq pro TJ eingesetzter<br />
Rohbiomasse einsparen kann. In besonders<br />
günstigen Fällen kann dieser Wert auch 100 t CO 2 eq<br />
pro TJ erreichen. Dies gilt unter der Voraussetzung,<br />
dass Energieträger mit hohen spezifischen Emissionen<br />
ersetzt werden. Geht man von einem maximalen<br />
<strong>Bioenergie</strong>potenzial von 80–170 EJ pro Jahr aus, von<br />
dem etwa die Hälfte realisierbar sein wird, so entspricht<br />
dies etwa 2–9 Gt CO 2 eq oder etwa 1–2 GtC<br />
pro Jahr. Dies lässt sich mit den jährlichen anthropogenen<br />
Kohlendioxidemissionen aus der Nutzung<br />
von fossilen Energieträgern <strong>und</strong> der Zementproduktion<br />
von 32 Gt CO 2 eq (8,5 GtC) bzw. aus <strong>Landnutzung</strong>sänderungen<br />
von 6 Gt CO 2 eq (1,6 GtC) im Jahr<br />
2007 vergleichen (GCP, 2008). Die jährlichen globalen<br />
Emissionen aller Treibhausgase betrugen im Jahr<br />
2004 etwa 49 Gt CO 2 eq oder etwa 13 GtC (IPCC,<br />
2007c). Projektionen für das Jahr 2050 gehen für die<br />
verschiedenen IPCC-Szenarien von jährlichen Treibhausgasemissionen<br />
von 50–100 Gt CO 2 eq (13–26<br />
GtC; IPCC, 2000) aus.<br />
Angesichts der hier für das globale Potenzial der<br />
<strong>Bioenergie</strong> ermittelten Zahlen sollte die Bedeutung<br />
der <strong>Bioenergie</strong> daher einerseits nicht überschätzt<br />
werden, andererseits ist aber die erwartete Größenordnung<br />
signifikant <strong>und</strong> sollte bei der künftigen Entwicklung<br />
der Energiesysteme keinesfalls vernachlässigt<br />
werden.<br />
Zudem könnte die Fähigkeit der Pflanzen, der<br />
Atmosphäre über die Photosynthese Kohlendioxid<br />
zu entziehen eine interessante Klimaschutzoption<br />
eröffnen. Kombiniert man die energetische Nutzung<br />
von <strong>Bioenergie</strong> mit der Abscheidung <strong>und</strong> Einlagerung<br />
von CO 2 , so könnte dieses Verfahren zur einer<br />
Verlangsamung des Anstiegs der CO 2 -Konzentration<br />
in der Atmosphäre führen oder nach dem Auslaufen<br />
der Nutzung fossiler Energieträger zu einer Reduktion<br />
der atmosphärischen CO 2 -Konzentration beitragen.<br />
Allerdings kann die atmosphärische CO 2 -Konzentration<br />
auf diesem Weg realistisch nur um etwa 0,2<br />
ppm CO 2 pro Jahr gemindert werden (Kasten 6.8-1),<br />
wohingegen der mittlere Anstieg der CO 2 -Konzentration<br />
in den letzten Jahren r<strong>und</strong> 2 ppm jährlich entspricht<br />
(GCP, 2008). Zum Vergleich: Diese technisch<br />
realisierbare Sequestrierungsrate liegt deutlich unter<br />
den Raten, mit denen die Ozeane (2,3 GtC oder 1,1<br />
ppm CO 2 pro Jahr) <strong>und</strong> die Landvegetation (3,0 GtC<br />
oder 1,4 ppm CO 2 pro Jahr) infolge der gestiegenen<br />
CO 2 -Konzentration derzeit der Atmosphäre netto<br />
Kohlendioxid entziehen (GCP, 2008).<br />
Angesichts der großen Herausforderung, eine<br />
Erwärmung von mehr als 2°C über dem vorindustriellen<br />
Niveau zu vermeiden (Kap. 3.1.1), stellt sich die<br />
Frage, ob <strong>und</strong> mit welchen Mitteln ein größeres <strong>nachhaltige</strong>s<br />
<strong>Bioenergie</strong>potenzial realisierbar ist. Aus der<br />
Diskussion in Kapitel 6.1 ist deutlich geworden, dass<br />
Interpretation <strong>und</strong> Folgerungen 6.8<br />
andere Studien vor allem dann zu deutlich höheren<br />
<strong>Bioenergie</strong>potenzialen gelangen, wenn sie hohe<br />
Ertragssteigerungen auf bestehenden Ackerflächen<br />
annehmen <strong>und</strong> dadurch einen Teil dieser Flächen<br />
für den Energiepflanzenanbau verwendbar machen.<br />
Zudem definieren die meisten anderen Studien<br />
weniger strenge Kriterien für den Naturschutz als<br />
der WBGU (Kap. 3.1.2). Ein signifikant höheres <strong>Bioenergie</strong>potenzial<br />
ist also nur dann nachhaltig realisierbar,<br />
wenn bislang für die Nahrungsmittelproduktion<br />
genutzte Flächen durch Effizienzsteigerungen<br />
oder weniger flächenintensive Ernährungsgewohnheiten<br />
für den Anbau von Energiepflanzen nutzbar<br />
werden. Dies müsste allerdings in einer Weise erfolgen,<br />
die die Ernährungssicherheit der wachsenden<br />
Weltbevölkerung nicht gefährdet <strong>und</strong> die Leitplanken<br />
für Boden- <strong>und</strong> Biosphärenschutz nicht verletzt.<br />
Der Flächenbedarf für die künftige Ernährung<br />
der Menschheit ist sehr unsicher. Er hängt nicht<br />
nur vom Bevölkerungswachstum ab sondern auch<br />
von der Entwicklung der Ernährungsgewohnheiten,<br />
vom technologischen Fortschritt sowie vom Grad<br />
der Intensivierung der Agrarproduktion (Kap. 5.2).<br />
Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Intensivierung<br />
der landwirtschaftlichen Produktion mit erhöhten<br />
Treibhausgasemissionen (beispielsweise aus der<br />
Stickstoffdüngung <strong>und</strong> aus dem Einsatz von Landmaschinen)<br />
einhergeht <strong>und</strong> sich damit klimaschädlich<br />
auswirken wird. Zudem erscheint es plausibel,<br />
dass für die Sicherung der Ernährung einer wachsenden<br />
Weltbevölkerung eher noch zusätzliche Anbauflächen<br />
nötig werden könnten, wie dies beispielsweise<br />
die FAO prognostiziert (FAO, 2003a).<br />
Eine signifikante Erhöhung des globalen <strong>nachhaltige</strong>n<br />
<strong>Bioenergie</strong>potenzials wäre also beispielsweise<br />
durch deutliche Effizienzsteigerungen bei der Produktion<br />
von Nahrungs- <strong>und</strong> Futtermitteln (die nachhaltig<br />
<strong>und</strong> umweltverträglich sein müsste), vor allem<br />
aber durch einen Umstieg auf eine Ernährung mit<br />
weniger Fleisch- <strong>und</strong> Milchprodukten möglich. So<br />
sind 69 % der landwirtschaftlich genutzten Flächen<br />
Weideland. Berücksichtigt man zudem den Anbau<br />
von Futtermitteln, so werden insgesamt r<strong>und</strong> 80 %<br />
der Landwirtschaftsflächen für die Viehhaltung verwendet<br />
(Kap. 5.2). Eine weniger flächenintensive<br />
Ernährungsweise könnte daher im Rahmen der hier<br />
vorgestellten Modellierung nicht berücksichtigte<br />
Ackerflächen frei machen, die für einen <strong>nachhaltige</strong>n<br />
Anbau von Energiepflanzen genutzt werden könnten.<br />
Derzeitige Ernährungstrends laufen allerdings<br />
in die entgegengesetzte Richtung (Kap. 5.2.3).<br />
Insgesamt können die hier vorgestellten Potenziale<br />
für die energetische Nutzung von Biomasse also<br />
keinen großen, aber doch einen signifikanten Teil<br />
der zukünftigen Energieversorgung der Menschheit<br />
decken. <strong>Bioenergie</strong> ist zudem eine interessante<br />
137