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Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung

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258 10 Globale <strong>Bioenergie</strong>politik<br />

individuellen Lebenszyklusbilanz beurteilt werden.<br />

Dies erfordert allgemein, dass bei der Debatte über<br />

EGS im Rahmen der WTO auch Nachhaltigkeitskriterien<br />

(im Sinne der vom WBGU in Kapitel 10.3.1<br />

formulierten) berücksichtigt werden, die zudem auch<br />

die Herstellungsprozesse einbeziehen. Allerdings ist<br />

es fraglich, ob bei der Auswahl der EGS eine Anwendung<br />

spezifischer Standards, wie sie der WBGU für<br />

notwendig hält, politisch durchsetzbar ist. Deutschland<br />

<strong>und</strong> die EU sollten sich deshalb im Rahmen der<br />

EGS-Verhandlungen für eine angemessene Berücksichtigung<br />

der Umweltschutzziele einsetzen.<br />

Falls eine Beurteilung gemäß der individuellen<br />

Lebenszyklusbilanz der Güter nicht durchgesetzt<br />

werden kann, plädiert der WBGU gegen eine Aufnahme<br />

von Biokraftstoffen in die Liste der EGS, da<br />

eine pauschale Beurteilung ihrer sozialen <strong>und</strong> ökologischen<br />

Nachhaltigkeit nicht möglich ist. Es könnte<br />

jedoch erwogen werden, bestimmte förderungswürdige,<br />

aus ausgewählten <strong>Bioenergie</strong>pfaden resultierende<br />

<strong>Bioenergie</strong>träger als EGS zu deklarieren.<br />

10.3.4<br />

WTO-Kompatibilität von Standards für<br />

<strong>Bioenergie</strong>träger<br />

Bezüglich des vom WBGU geforderten gesetzlichen<br />

Mindeststandards ist nach der Vereinbarkeit mit den<br />

relevanten Bestimmungen des WTO-Rechts zu fragen.<br />

Die vom WBGU empfohlenen Nachhaltigkeitsprinzipien<br />

des Mindeststandards beziehen sich auf<br />

die Herstellungsprozesse im Herkunftsland <strong>und</strong> sind<br />

somit als nicht produktbezogene Maßnahmen anzusehen<br />

(zur Unterscheidung zwischen produktbezogenen<br />

<strong>und</strong> nicht produktbezogenen Maßnahmen<br />

Droege, 2001; Puth, 2003; Hilf <strong>und</strong> Oeter, 2005). Während<br />

bei produktbezogenen umweltpolitisch motivierten<br />

Handelsbeschränkungen – die also auf die<br />

Eigenschaften des Produkts selbst Bezug nehmen<br />

– die Vereinbarkeit mit den Vorgaben des WTO-<br />

Rechts gr<strong>und</strong>sätzlich – unter der Voraussetzung, dass<br />

die jeweiligen Maßnahmen tatsächlich umweltpolitischen<br />

Zielen dienen – gegeben ist (Hilf <strong>und</strong> Oeter,<br />

2005), bestehen hinsichtlich der WTO-Konformität<br />

nicht produktbezogener Maßnahmen erhebliche<br />

Differenzen.<br />

10.3.4.1<br />

Relevanz des WTO-Rechts bei der Standardsetzung<br />

Bei der Beurteilung der WTO-Konformität von<br />

Standardsetzung, welche sich auf den Herstellungsprozess<br />

bezieht, muss zunächst zwischen staatlichen<br />

<strong>und</strong> rein privaten Maßnahmen unterschieden wer-<br />

den. Sowohl bei verpflichtender Zertifizierung im<br />

Rahmen gesetzlicher Standardsetzung als auch bei<br />

freiwilliger, aber vom Staat zur Verfügung gestellter<br />

Zertifizierung, besteht die Möglichkeit einer handelshemmenden<br />

Wirkung. Dagegen sind rein private<br />

Maßnahmen unter dem Aspekt der Bestimmungen<br />

des GATT, der gr<strong>und</strong>sätzlich nur Staaten berechtigt<br />

<strong>und</strong> verpflichtet, von vornherein unproblematisch<br />

(Droege, 2001; Blüthner, 2004; Hilf <strong>und</strong> Oeter,<br />

2005).<br />

Für die rechtliche Beurteilung sind in erster<br />

Linie Art. III GATT (Gebot der Inländergleichbehandlung)<br />

<strong>und</strong> Art. XI GATT (Verbot mengenmäßiger<br />

Beschränkungen des Imports oder Exports)<br />

von Bedeutung. Dabei kommt die erstgenannte Vorschrift<br />

für interne Maßnahmen, die letztgenannte<br />

für Beschränkungen <strong>und</strong> Verbote an der Grenze<br />

zur Anwendung (Puth, 2005). Sollten Handelsbeschränkungen<br />

eingeführt werden, die ausschließlich<br />

die Produkte bestimmter Länder betreffen, so wäre<br />

außerdem Art. I GATT (Prinzip der Meistbegünstigung)<br />

zu beachten.<br />

Das Gebot der Inländergleichbehandlung wird<br />

gegenüber eingeführten Produkten gemäß Art.<br />

III:4 GATT dann verletzt, wenn erstens die fragliche<br />

Maßnahme auf einer internen (nationalen) Vorschrift<br />

beruht, zweitens die betroffenen eingeführten<br />

<strong>und</strong> inländischen Produkte gleichartig (like products)<br />

sind <strong>und</strong> drittens die betroffenen eingeführten<br />

Produkte im Vergleich zu gleichartigen inländischen<br />

Produkten einer weniger günstigen Behandlung<br />

unterworfen werden (Puth, 2003).<br />

Zu einem potenziellen Konflikt zwischen Nachhaltigkeitsstandards<br />

<strong>und</strong> WTO-Recht führt dabei insbesondere<br />

das zweite Kriterium betreffend die „Gleichartigkeit“<br />

von Produkten, soweit ausländische Produkte<br />

im Vergleich zu inländischen schlechter behandelt<br />

werden, was auch dann der Fall ist, wenn eine<br />

faktische Ungleichbehandlung vorliegt, etwa weil einheimische<br />

Produkte eher bestimmte Standards erfüllen.<br />

Die Spruchpraxis der WTO-Streitbeilegungsorgane<br />

geht davon aus (wie etwa das WTO-Panel im<br />

Fall „Japan – Taxes on Alcoholic Beverages“, 1996),<br />

dass identische Güter auch dann als gleichartig zu<br />

qualifizieren sind, wenn sie mit unterschiedlichen<br />

Methoden produziert worden sind. Unterschiede in<br />

den Produktionsmethoden dürfen daher gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

nicht berücksichtigt werden, wenn das Produktionsergebnis<br />

„gleichartig“ ist (Droege, 2001). Diese<br />

Voraussetzung ist bei den hier in Frage kommenden<br />

Maßnahmen in der Regel gegeben, denn die jeweiligen<br />

Standards <strong>und</strong> Zertifizierungen stellen auf die<br />

Art <strong>und</strong> Weise der Herstellung ab.<br />

Somit muss davon ausgegangen werden, dass bei<br />

völliger physischer Übereinstimmung von Produkten,<br />

die sich nur durch die verwendeten nicht produktbe-

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