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Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung

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244 10 Globale <strong>Bioenergie</strong>politik<br />

Kasten 10.3-1<br />

Möglichkeiten der Erfassung indirekter<br />

<strong>Landnutzung</strong>sänderungen in einem<br />

<strong>Bioenergie</strong>standard<br />

Indirekte <strong>Landnutzung</strong>sänderungen (iLUC, teils auch als<br />

leakage bezeichnet) können mit bestehenden Methoden in<br />

einem <strong>Bioenergie</strong>standard nur schwer erfasst werden. Dennoch<br />

gibt es einige methodische Vorschläge, wie mit diesem<br />

Problem in Zukunft verfahren werden könnte: Es könnte<br />

ein Kriterium formuliert werden, das den Anbau von<br />

Energiepflanzen auf marginale Flächen beschränkt, z. B.<br />

auf Brachflächen <strong>und</strong> Flächen mit niedriger Produktivität<br />

in der Vornutzung. Damit werden Nutzungskonkurrenzen<br />

weitgehend vermieden, aber unter Umständen das <strong>nachhaltige</strong><br />

Potenzial nicht voll ausgeschöpft. Weiterhin könnte das<br />

Vorhandensein von Regulierungen zur <strong>Landnutzung</strong>s- <strong>und</strong><br />

Schutzgebietsplanung im Erzeugerland als Voraussetzung<br />

für eine Zertifizierung gefordert werden (Fehrenbach et<br />

al., 2008). Ein solches Kriterium wäre sinnvoll, aber nicht<br />

hinreichend, weil einerseits in vielen Entwicklungs- <strong>und</strong><br />

Schwellenländern Gesetzgebungen nicht effektiv umgesetzt<br />

werden, andererseits damit lediglich lokale <strong>und</strong> nationale,<br />

nicht aber internationale Verdrängungseffekte adressiert<br />

würden.<br />

Alternativ kann ein zusätzlicher THG-Faktor in die<br />

Lebenszyklusanalyse eingeführt werden, der das Risiko<br />

einer möglichen indirekten <strong>Landnutzung</strong>sänderung erfasst<br />

<strong>und</strong> die zusätzlichen THG-Emissionen auf die THG-Bilanz<br />

durch den Anbau zu erwarten sind, etwa N 2 O-Emissionen<br />

durch den Düngemitteleinsatz, einbezogen<br />

werden.<br />

Indirekte <strong>Landnutzung</strong>sänderungen<br />

vermeiden<br />

Indirekte <strong>Landnutzung</strong>sänderungen, d. h. durch den<br />

Anbau von Energiepflanzen verursachte Verdrängung<br />

von produktiven <strong>Landnutzung</strong>en (u. a. Nahrungs-,<br />

Futtermittelanbau, Weidenutzung) in für Biodiversität<br />

<strong>und</strong> Klimaschutz wertvolle Gebiete, sollten<br />

vermieden werden. Deshalb sollten die THG-Emissionen<br />

aus indirekten <strong>Landnutzung</strong>sänderungen in der<br />

THG-Lebenszyklusanalyse eines <strong>Bioenergie</strong>trägers<br />

berücksichtigt werden. Der WBGU empfiehlt, dazu<br />

zunächst den iLUC-Faktor des Ökoinstituts (Fritsche<br />

<strong>und</strong> Wiegmann, 2008; Kasten 7.3-2) mit 50 % des theoretischen<br />

Werts zu verwenden. Kasten 10.3-1 stellt<br />

diese <strong>und</strong> andere Methoden zur Erfassung von indirekter<br />

<strong>Landnutzung</strong>sänderungen in einem <strong>Bioenergie</strong>standard<br />

vor.<br />

Schutzgebiete, natürliche Ökosysteme<br />

<strong>und</strong> Gebiete mit hohem Naturschutzwert<br />

erhalten<br />

Um biologische Vielfalt <strong>und</strong> Ökosystemleistungen<br />

zu sichern, dürfen Energiepflanzen nicht in bestehenden<br />

Schutzgebieten oder Elementen von Schutz-<br />

des <strong>Bioenergie</strong>trägers aufschlägt. Ein solcher Faktor wurde<br />

z. B. vom Öko-Institut vorgeschlagen <strong>und</strong> in Modellrechnungen<br />

bereits verwendet (iLUC-Faktor; Fritsche <strong>und</strong><br />

Wiegmann, 2008; Kap. 7.3). Der WBGU spricht sich für die<br />

Weiterentwicklung dieses Faktors aus. Dabei ist zu beachten,<br />

dass ein solcher Faktor neben den THG-Emissionen<br />

auch die Auswirkungen indirekter <strong>Landnutzung</strong>sänderungen<br />

für Biodiversität <strong>und</strong> Ernährungssicherheit berücksichtigen<br />

müsste. Aus Sicht des WBGU könnte dies in einem<br />

separaten Bewertungsmodell geschehen, mit dem abgeschätzt<br />

werden kann, welche Art von Fläche in welcher<br />

Region mit hoher Wahrscheinlichkeit für den Ersatz der<br />

verdrängten Nutzung konvertiert wird, was Rückschlüsse<br />

auf die Folgen für Biodiversität <strong>und</strong> Ernährungssicherheit<br />

zulässt. Anhand des Ergebnisses könnte ein <strong>Bioenergie</strong>träger<br />

in der Gesamtbewertung mit einem Bonus bzw. Malus<br />

versehen werden. Dies bedarf weiterer Forschungsanstrengungen,<br />

da konkrete Kausalitätsbeziehungen nur durch<br />

komplexe Modelle realitätsnah abgebildet werden können<br />

(Kap. 7.3 <strong>und</strong> 11.1.2).<br />

Letztendlich kann das Problem indirekter <strong>Landnutzung</strong>sänderungen<br />

beim Anbau von Energiepflanzen nur<br />

vollständig gelöst werden, wenn alle Länder <strong>und</strong> alle Arten<br />

von Biomasse unter einem einheitlichen Standard erfasst<br />

sind oder bindende internationale Vereinbarungen über<br />

Anforderungen an die nationale <strong>Landnutzung</strong>splanung<br />

(einschließlich Schutzgebietsystemen) getroffen wurden,<br />

die nachweislich von allen relevanten Biomasseerzeugerländern<br />

umgesetzt werden (Kasten 10.3-5).<br />

gebietssystemen (z. B. Korridoren) angebaut werden.<br />

Ebenso dürfen Energiepflanzen nicht in Gebieten<br />

angebaut werden, die zu einem bestimmten Stichtag<br />

(z. B. 1.1.2008) als Gebiete mit hohem Naturschutzwert<br />

gelten. Dazu gehören vor allem natürliche Ökosysteme,<br />

wie z. B. Primärwälder oder Feuchtgebiete,<br />

artenreiche Grasländer oder Savannen. Diese Ausschlussflächen<br />

müssen vor dem Anbau identifiziert<br />

werden.<br />

Anbausysteme für Energiepflanzen sollten in die<br />

Landschaft eingebettet sein (Vernetzung mit Schutzgebietssystemen,<br />

Erhaltung von Landschaftsvielfalt<br />

<strong>und</strong> Agrobiodiversität, Ausweisung ungenutzter<br />

Teilflächen). Beim Anbau von Energiepflanzen<br />

ist daher für ausreichende Pufferzonen zu Schutzgebieten<br />

bzw. Flächen mit hohem Naturschutzwert<br />

zu sorgen. In besonderen Fällen kann die Nutzung<br />

von Biomasse aus Schutzgebieten oder Gebieten mit<br />

hohem Naturschutzwert mit dem Schutzzweck vereinbar<br />

sein (Kap. 5.4.1). Vor der Nutzung potenziell<br />

invasiver, gebietsfremder Arten müssen die ökologischen<br />

Risiken geprüft werden (Kasten 5.4-2).<br />

Zur effektiven Überprüfung von <strong>Landnutzung</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Landnutzung</strong>sänderungen sollte ein globales satellitengestütztes<br />

<strong>Landnutzung</strong>skataster geschaffen werden<br />

(Kap. 12.6).

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