Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
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Kasten 8.2-1<br />
Ges<strong>und</strong>heitliche <strong>und</strong> ökologische Auswirkungen<br />
der traditionellen Biomassenutzung<br />
Die moderne Nutzung von <strong>Bioenergie</strong> verfügt über ein<br />
großes Potenzial, um ineffiziente traditionelle Biomassenutzung<br />
zurückzudrängen, die mit negativen ges<strong>und</strong>heitlichen<br />
<strong>und</strong> ökologischen Auswirkungen verb<strong>und</strong>en ist. Auf<br />
diese Weise können die Lebensbedingungen in privaten<br />
Haushalten <strong>und</strong> Kleinstbetrieben vor allem im ländlichen<br />
Raum in Entwicklungsländern erheblich verbessert werden<br />
(WBGU, 2003a). Nach wie vor wird in vielen Entwicklungsländern<br />
Biomasse überwiegend auf traditionelle,<br />
ineffiziente Weise zum Kochen <strong>und</strong> Heizen verwendet. Ca.<br />
2,5 Mrd. Menschen (52 % der Bevölkerung in den Entwicklungsländern)<br />
sind auf Biomasse als primäre Energiequelle<br />
angewiesen <strong>und</strong> verfügen nicht über effiziente Technologien.<br />
Es werden Feuerholz, Holzkohle, Agrarabfälle <strong>und</strong><br />
Tierdung zur Wärmebereitstellung verbrannt. In vielen<br />
Ländern Afrikas oder Asiens werden durch diese Energieträger<br />
bis zu 95 % der Energienachfrage der Haushalte<br />
gedeckt (Tab. 8.2-1; IEA, 2006b).<br />
Die Internationale Energieagentur (IEA) prognostiziert,<br />
dass ohne gezielte Maßnahmen die Anzahl der Menschen,<br />
die auf traditionelle Biomassenutzung sowie auf<br />
ineffiziente Nutzungsformen angewiesen sind, bis 2015 auf<br />
2,6 Mrd. <strong>und</strong> bis 2030 auf 2,7 Mrd. Menschen anwachsen<br />
wird (IEA, 2006b). Die Brennstoffe werden dabei üblicherweise<br />
höchst ineffizient auf Drei-Steine-Herden oder<br />
anderen einfachsten Herden unter schlechten stöchiometrischen<br />
Bedingungen verbrannt, was zu starker Innenraumverschmutzung<br />
durch Rußpartikel <strong>und</strong> andere Schadstoffe<br />
sowie zur Bildung des giftigen Kohlenmonoxids führt.<br />
Die hierdurch hervorgerufenen Ges<strong>und</strong>heitsschäden sind<br />
beträchtlich. Jedes Jahr sterben mehr als 1,5 Mio. Menschen<br />
an der Schadstoffbelastung in Innenräumen, zwei<br />
Drittel davon in Südostasien <strong>und</strong> Afrika südlich der Sahara<br />
(WHO, 2006). Davon haben mehr als 1,3 Mio. Todesfälle<br />
ihre Ursache in der Verwendung von Biomasse, der Rest in<br />
Biomassevergasung<br />
Biomassevergaser können Reststoffe <strong>und</strong> Abfälle wie<br />
Altholz, Kokosnussschalen, Kaffee- <strong>und</strong> Reisspreu in<br />
Rohgas verwandeln. Das Rohgas kann beispielsweise<br />
direkt zur Prozesswärmeerzeugung in Trocknungsanlagen<br />
oder Bäckereien eingesetzt werden oder<br />
in Motoren verstromt werden. Solche Holzvergaser<br />
können Generatoren in ländlichen Gebieten antreiben<br />
<strong>und</strong> die ländliche Elektrifizierung voranbringen.<br />
Laut TERI (2008) sind sie ökonomisch effizient,<br />
umweltfre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> gut geeignet für ländliche<br />
Gemeinschaften, weil lokale Abfälle verwertet <strong>und</strong><br />
die Technologie selbständig gewartet werden kann.<br />
Für Haushalte stehen auch kleine Vergaser zur Verfügung.<br />
Werden Reststoffe auf diese Weise genutzt,<br />
entsteht weniger Ruß <strong>und</strong> die Innenluftverschmutzung<br />
wird reduziert. Besonders erfolgreiche <strong>und</strong> beispielhafte<br />
Programme werden in Indien durchgeführt,<br />
wo bis zu 1 Mio. Kleinst- <strong>und</strong> Kleinunternehmen<br />
von dieser Technologie profitieren (Mande <strong>und</strong><br />
Kishore, 2007).<br />
<strong>Bioenergie</strong> als Teil einer <strong>nachhaltige</strong>n Energieversorgung in Entwicklungsländern 8.2<br />
Tabelle 8.2-1<br />
Menschen, die auf Biomasse als primäre Energiequelle<br />
zum Kochen angewiesen sind.<br />
Quelle: verändert nach IEA, 2006b<br />
Land Stadt<br />
[%] Mio. [%] Mio.<br />
Südliches Afrika 93 413 58 162<br />
Nordafrika 6 4 0,2 0,2<br />
Indien 87 663 25 77<br />
China 55 428 10 52<br />
Indonesien 95 110 45 46<br />
Rest von Asien 93 455 35 92<br />
Brasilien 53 16 5 8<br />
Rest von<br />
Lateinamerika<br />
62 59 9 25<br />
Summe 83 2.147 23 461<br />
der Kohlenutzung (IEA, 2006b). Damit fordert die traditionelle<br />
Biomassenutzung jährlich mehr Tote als Malaria (ca.<br />
1,2 Mio. pro Jahr).<br />
Hinzu kommt, dass für die Brennstoffbeschaffung häufig<br />
lange Wege zurückgelegt werden müssen. Dies betrifft<br />
in der Regel Mädchen <strong>und</strong> Frauen, die dabei oft Gefahren<br />
ausgesetzt sind <strong>und</strong> viel Zeit aufwenden müssen, die dann<br />
für Bildung oder erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten nicht<br />
mehr verfügbar ist. Außerdem trägt diese Art der Biomassenutzung<br />
durch die zunehmende Abholzung der Wälder<br />
<strong>und</strong> die Zerstörung der Steppen zur Degradation natürlicher<br />
Ökosysteme <strong>und</strong> zum Klimawandel bei <strong>und</strong> mindert<br />
langfristig die Entwicklungschancen dieser Regionen<br />
(WBGU, 2003a).<br />
Biomasseverbrennung<br />
In vielen Industriezweigen der Entwicklungsländer<br />
fallen große Mengen Reststoffe an. Rückstände <strong>und</strong><br />
Abfälle wie Bagasse aus der Zuckerherstellung oder<br />
Altholz können direkt in der KWK zur Stromerzeugung<br />
<strong>und</strong> Trocknungswärmebereitstellung genutzt<br />
werden. Weitere Industriezweige mit biogenen Reststoffen<br />
sind Brennereien, Textil- <strong>und</strong> Papierfabriken<br />
oder Betriebe zur Nahrungsmittelherstellung.<br />
Kleine KWK-Anlagen können Abfälle wie Maiskolben,<br />
Erdnussschalen, Reis- <strong>und</strong> Kaffeespreu oder<br />
Sägemehl zu Strom <strong>und</strong> Wärme wandeln. In Indien<br />
<strong>und</strong> anderen Ländern gibt es derartige Anlagen etwa<br />
in Zuckerfa briken, die durch geschickte Integration<br />
den Eigenstrombedarf decken (MEMD, 2007). Wird<br />
die Effizienz dieser Anlagen gesteigert <strong>und</strong> ein kleines<br />
elektrisches Netz aufgebaut, könnten auch die<br />
umliegenden Haushalte mit Strom versorgt werden.<br />
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