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Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung

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270 10 Globale <strong>Bioenergie</strong>politik<br />

des aktuellen Dissenses in der WTO-Verhandlungsr<strong>und</strong>e<br />

über die Ausgestaltung der Ausnahmeregelungen<br />

plädiert der WBGU für einen angemessenen<br />

Spielraum, um Förderstrategien des kleinbäuerlichen<br />

Sektors absichern zu können. Jedoch sollte<br />

der Kreis der anspruchsberechtigen Länder auf die<br />

ärmsten Entwicklungsländer begrenzt werden (Rudloff,<br />

2008).<br />

Internationale Vereinbarungen zur<br />

Nutzung von Agrarflächen für die<br />

Nahrungsproduktion<br />

Konzeptionell sind internationale Abkommen denkbar,<br />

in welchen Staaten vereinbaren, für eine ausreichende<br />

Nahrungsmittelproduktion Sorge zu tragen.<br />

Dabei ginge es anders als bei der Nahrungsmittelhilfekonvention<br />

(Kap. 10.4.2.6) nicht um Quoten<br />

für Nahrungsmittelhilfen, sondern umfassender um<br />

Quoten für eine Mindestproduktion an Nahrungsmitteln<br />

oder um Zusagen, welcher Anteil an (nationalen)<br />

Flächen für die Nahrungsmittelproduktion<br />

bereitgehalten wird. Eine entsprechende Koordination<br />

könnte unter dem Dach der UN, möglicherweise<br />

der FAO, angesiedelt werden.<br />

Als Ausgangspunkt für die Verhandlung eines<br />

Nahrungsmittelabkommens, das auf Produktionsflächen<br />

abstellt, bietet es sich an, dass die internationale<br />

Staatengemeinschaft eine Mindestfläche für die<br />

Nahrungsproduktion festlegt. Dieser Wert sollte in<br />

regelmäßigen Abständen (z. B. alle 10 Jahre) je nach<br />

Entwicklung der Flächenproduktivität <strong>und</strong> der Weltbevölkerung<br />

an die ernährungspolitischen Erfordernisse<br />

angepasst werden. Wenn die für die Nahrungsmittelproduktion<br />

tatsächlich bewirtschaftete Fläche<br />

unter diese kritische Schwelle fällt, sollten Mechanismen<br />

in Kraft treten, die bewirken, dass der für<br />

die Nahrungsproduktion angenommene Mindestflächenbedarf<br />

so rasch wie möglich wieder erreicht<br />

wird. Zwar dürfte ein solcher Ansatz derzeit politisch<br />

schwer durchsetzbar sein, zumal er mit einem hohen<br />

administrativen Aufwand verb<strong>und</strong>en wäre; das Konzept<br />

könnte aber zukünftig an Bedeutung gewinnen<br />

<strong>und</strong> sollte deshalb in internationalen Politikforen<br />

frühzeitig diskutiert werden.<br />

10.4.3.4<br />

Förderung des Bewusstseins über die Folgen<br />

unterschiedlicher Ernährungsstile<br />

Die in vielen Weltregionen beobachtbare Änderung<br />

der Ernährungsgewohnheiten (Kap. 5.2.3) trägt zur<br />

Verschärfung der globalen Flächenkonkurrenzen bei.<br />

Der zunehmende Konsum von flächenintensiv produzierten<br />

Fleisch- <strong>und</strong> Milchprodukten in Industrieländern<br />

sowie zunehmend auch in Schwellenländern<br />

ist Haupttreiber dieser Entwicklung. Es wird angenommen,<br />

dass diese geänderten Ernährungsmuster<br />

bis 2030 ca. 30 % der erforderlichen Produktionssteigerungen<br />

für Nahrungsmittel absorbieren (Kap. 5.2).<br />

Es ist also absehbar, dass sich die Probleme der<br />

Ernährungssicherung in den ärmsten Ländern verschärfen,<br />

wenn sich dieser flächenintensive Ernährungsstil<br />

verfestigt <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> der wirtschaftlichen<br />

Entwicklung in schnell wachsenden Ökonomien wie<br />

China <strong>und</strong> Indien weiter verbreitet.<br />

Rückwirkungen ergeben sich auch für die energetische<br />

Biomassenutzung. Flächenintensive Ernährungsstile<br />

reduzieren bei einem angestrebten Vorrang<br />

der <strong>Landnutzung</strong> für die Nahrungsmittel produktion,<br />

die globalen, <strong>nachhaltige</strong>n Potenziale für die <strong>Bioenergie</strong>.<br />

Die wirtschaftlich starken Länder würden ihren<br />

Nahrungsbedarf auch bei steigenden Preisen decken<br />

können, aber arme Länder laufen Gefahr, zunehmend<br />

unter Ernährungskrisen zu leiden. Zwar gibt<br />

es insbesondere in Industrieländern Initiativen, um<br />

Verbraucher über die Wirkungen der Ernährung auf<br />

die persönliche Ges<strong>und</strong>heit zu informieren. Aber die<br />

Zusammenhänge zwischen der Bedeutung individueller<br />

Essgewohnheiten sowie globaler <strong>Landnutzung</strong><br />

<strong>und</strong> Ernährungssicherheit werden bislang kaum in<br />

der Öffentlichkeit kommuniziert, bzw. werden durch<br />

ges<strong>und</strong>heitliche Aspekte überlagert <strong>und</strong> dringen so<br />

auch nicht in das Bewusstsein der Verbraucher. Aufgr<strong>und</strong><br />

des gewachsenen Umweltbewusstseins ist<br />

jedoch durchaus eine Nachfrage nach Informationen<br />

über die Umweltfolgen der Nahrungsmittelproduktion<br />

entstanden. Diese Entwicklung wird durch<br />

staatliche Rahmensetzungen zur Zertifizierung von<br />

Produkten der ökologischen Landwirtschaft unterstützt.<br />

Beide Trends könnten die Basis für Strategien<br />

zur Verbraucheraufklärung über die Folgewirkungen<br />

von Ernährungsstilen bilden. Gelingt auf diesem<br />

Weg eine Bewusstseins bildung, die letztlich zur Verhaltensänderung<br />

motiviert, dann kann so den sich<br />

verschärfenden <strong>Landnutzung</strong>skonkurrenzen entgegen<br />

gewirkt werden.<br />

Aktivitäten hierzu können dezentral von privaten<br />

Akteuren, wie Einzelhandelsketten oder Nichtregierungsorganisationen,<br />

<strong>und</strong> von öffentlichen Stellen<br />

durchgeführt werden. Ebenso ist es möglich,<br />

dass Initiativen auf internationaler Ebene angestoßen<br />

werden, z. B. im Umfeld der UN-Organisationen.<br />

Aufklärungskampagnen werden indes kaum ausreichen,<br />

um weltweit <strong>nachhaltige</strong> Ernährungsmuster<br />

herbeizuführen. Daher werden mittel- bis langfristig<br />

eingriffsintensivere Instrumente auf die (internationale)<br />

Tagesordnung kommen müssen. Dazu zählen<br />

neben Standards auch Internalisierungsmaßnahmen,<br />

etwa Abgaben auf flächenintensiv produzierte Nahrungsmittel.

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