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Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung

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90 5 Nutzungskonkurrenzen<br />

gen von House et al. (2002) könnte selbst im Extremszenario<br />

(globale Aufforstung, d. h. sämtliche bis zum<br />

Jahr 2000 erfolgten historischen <strong>Landnutzung</strong>sänderungen<br />

würden wieder rückgängig gemacht) lediglich<br />

eine Reduktion um 40–70 ppm CO 2 in der Atmosphäre<br />

erreicht werden. Zum Vergleich: Die Konzentration<br />

liegt heute bereits ca. 100 ppm über dem vorindustriellen<br />

Niveau.<br />

Die Klimaschutzwirkung von Aufforstung im Vergleich<br />

zur Nutzung von Land für Energiepflanzen<br />

muss demnach sowohl nach Standort <strong>und</strong> Baumart<br />

als auch nach Nutzungspfad der <strong>Bioenergie</strong> differenziert<br />

betrachtet werden. Righelato <strong>und</strong> Spracklen<br />

(2007) vergleichen die Treibhausgaseinsparung<br />

durch Anbau <strong>und</strong> Nutzung typischer Biokraftstoffe<br />

der 1. Generation im Verkehr mit der Speicherungswirkung<br />

von Aufforstung auf derselben Fläche. Die<br />

Beispiele umfassen die Nutzung von Zuckerrohr,<br />

Weizen, Zuckerrüben <strong>und</strong> Mais für Ethanol sowie<br />

Raps <strong>und</strong> holzartige Biomasse für Diesel. Dabei liegen<br />

die von Righelato verwendeten Werte für vermiedene<br />

Emissionen zwischen 0,8 <strong>und</strong> 7,2 t CO 2 für<br />

Ethanol <strong>und</strong> bis zu 8,1 t CO 2 bei Diesel aus holzartiger<br />

Biomasse, jeweils pro ha <strong>und</strong> Jahr. Für Aufforstung<br />

(ohne jährliche Ernte) werden die natürliche<br />

Konversion von verlassenem tropischen Ackerland<br />

(CO 2-Speicherung: 15–29 t CO 2 pro ha <strong>und</strong> Jahr)<br />

<strong>und</strong> die Aufforstung von temperatem Ackerland mit<br />

Kiefern (11,7 t CO 2 pro ha <strong>und</strong> Jahr) betrachtet. Bei<br />

diesen Beispielen könnte über einen 30-Jahres-Zeitraum<br />

durch die Aufforstung zwei bis neunmal so viel<br />

CO 2 gespeichert werden wie durch die Biokraftstoffnutzung<br />

vermieden würde. Die Berechnungen beziehen<br />

allerdings mögliche Emissionen aus <strong>Landnutzung</strong>sänderungen<br />

für den Anbau von Energiepflanzen<br />

nicht mit ein, diese würden die Bilanz der <strong>Bioenergie</strong><br />

im Vergleich zu Aufforstung in der Regel<br />

eher noch verschlechtern (Righelato <strong>und</strong> Spracklen,<br />

2007). Es ist zu diskutieren, ob eine Betrachtung über<br />

längere Zeiträume die Relationen der THG-Vermeidung<br />

zugunsten der Biokraftstoffnutzung verschieben<br />

würde. Neue Studien (Luyssaert et al., 2008)<br />

zeigen allerdings, dass selbst sehr alte Wälder (200–<br />

800 Jahre) – entgegen der Lehrbuchmeinung – noch<br />

erhebliche Mengen CO 2 pro Jahr speichern können<br />

(2,4 ± 0,8 t C pro ha <strong>und</strong> Jahr, d. h., 8,8 ± 2,9 t CO 2<br />

pro ha <strong>und</strong> Jahr). Daher ist auch bei längeren Zeiträumen<br />

(größer als 30 Jahre) keine Verschiebung der<br />

Relationen zu erwarten.<br />

Aufforstung ist nicht gleichzusetzen mit der<br />

Anpflanzung von Kurzumtriebsplantagen (KUP).<br />

Dabei werden zwar schnellwachsende Baumarten<br />

mit hohem Speicherpotenzial genutzt, aber durch<br />

die regelmäßigen Ernten können erhebliche Mengen<br />

an Bodenkohlenstoff verloren gehen <strong>und</strong> zusätzlich<br />

Emissionen durch Düngemitteleinsatz entstehen<br />

(Kap. 4.2). Je höher die bestehenden Kohlenstoffvorräte<br />

im Boden sind, umso höher ist auch die Gefahr,<br />

diese durch häufige Ernten <strong>und</strong> daher Bodenbearbeitung<br />

oder -störung freizusetzen, vor allem in den<br />

ersten Jahren bis Dekaden der KUP-Nutzung. Für<br />

den Erhalt des Bodenkohlenstoffs ist damit eine Aufforstung<br />

für die dauerhafte Waldnutzung einer KUP-<br />

Nutzung klar vorzuziehen. Ob allerdings die Klimaschutzwirkung<br />

von KUP insgesamt niedriger oder<br />

höher ist als die der Aufforstung hängt auch von der<br />

Nutzung der KUP im Energiesystem <strong>und</strong> den dadurch<br />

substituierten fossilen Energieträgern ab (Kap. 7.3).<br />

Generell ist bei der Abwägung der Klimaschutzwirkung<br />

zwischen verschiedenen Optionen (z. B. einjährige<br />

Energiepflanzen, KUP, Aufforstung) die Zeitdynamik<br />

bei einzelnen Maßnahmen in Betracht zu ziehen<br />

(Kap. 5.5.4).<br />

Die geschätzten Kosten der Aufforstung bzw. Wiederaufforstung<br />

schwanken deutlich in Abhängigkeit<br />

der Region <strong>und</strong> der bestehenden <strong>Landnutzung</strong>. Verschiedene<br />

Studien haben Vermeidungskosten von 22<br />

US-$ pro t CO 2 <strong>und</strong> weniger identifiziert (Nabuurs<br />

et al., 2007; Benitez et al., 2005 zitiert in Stern, 2006).<br />

Wie van Kooten et al. (2004) zeigen, können die Kosten<br />

deutlich darüber liegen, wenn weitere Schutzaktivitäten<br />

des Waldmanagements durchgeführt werden.<br />

Abschätzungen des globalen ökonomischen Potenzials<br />

für Aufforstung bis 2100 auf der Basis verschiedener<br />

CO 2 -Preise ergeben eine Spannbreite zwischen<br />

0,57 <strong>und</strong> 4,03 Gt CO 2 pro Jahr, wofür bis zu 231 Mio.<br />

ha Fläche benötigt würden (Canadell <strong>und</strong> Raupach,<br />

2008).<br />

Großskalige Aufforstung kann negative ökologische<br />

<strong>und</strong> sozioökonomische Auswirkungen haben,<br />

etwa eine Reduktion der Ernährungssicherheit,<br />

Reduktion des Wasserabflusses, den Verlust von<br />

Biodiversität oder Einkommensverluste (Canadell<br />

<strong>und</strong> Raupach, 2008). Waldpflanzungen haben z. B.<br />

in der Regel einen höheren Wasserbedarf als Gras-<br />

oder Ackerland <strong>und</strong> können so den lokalen Wasserhaushalt<br />

erheblich beeinträchtigen. Je nach Standort<br />

<strong>und</strong> Art der Bepflanzung können aber auch positive<br />

Effekte erreicht werden (Jackson et al., 2005). Aufforstungsmaßnahmen<br />

sind daher über die Treibhausgasbilanz<br />

hinaus in Bezug auf ihre Nachhaltigkeit<br />

ebenso differenziert zu betrachten wie der Anbau<br />

von Energiepflanzen.<br />

5.5.1.3<br />

Forstmanagement <strong>und</strong> <strong>nachhaltige</strong> Forstwirtschaft<br />

Eine weitere Möglichkeit Klimaschutzes im Waldbereich<br />

ist die Erhöhung der Kohlenstoffspeicher<br />

in bestehenden Wäldern durch veränderte Managementtechniken,<br />

etwa eine Verlängerung von Ernte

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