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Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung

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74 5 Nutzungskonkurrenzen<br />

Kasten 5.2-2<br />

Länderstudie China – Nutzungskonkurrenz<br />

„Food versus Fuel“<br />

China ist mit 1,3 Mrd. Einwohnern das bevölkerungsreichste<br />

Land der Erde <strong>und</strong> derzeit nach den USA der zweitgrößte<br />

Energiekonsument der Welt. Bereits im nächsten Jahrzehnt<br />

wird das energiehungrige Schwellenland die USA in der<br />

Energienutzung überholen. Im Jahr 2006 beanspruchte<br />

China ca. 15,6 % der weltweiten Primärenergienutzung für<br />

sich – hauptsächlich aus fossilen Rohstoffen (BP, 2007). So<br />

wurden im Jahr 2005 ca. 70 % der Primärenergie aus Steinkohle<br />

sowie etwas mehr als 20 % aus Öl gewonnen. Da<br />

China nach den USA <strong>und</strong> Russland über die drittgrößten<br />

Kohlereserven der Welt verfügt, wird auch in Zukunft der<br />

größte Anteil der Energie aus Kohle gewonnen werden.<br />

Gas <strong>und</strong> Atomkraft spielen mit fast 3 % bzw. 1 % Anteil an<br />

der Primärenergienutzung eine kleine Rolle. Dies gilt auch<br />

für die erneuerbaren Energien mit Ausnahme der Wasserkraft<br />

(ca. 5 % der Primärenergienutzung) <strong>und</strong> Biomasse,<br />

was jedoch hauptsächlich auf die immer noch weit verbreitete<br />

traditionelle Biomassenutzung zurückzuführen ist (BP,<br />

2007; GBEP, 2008).<br />

Chinas Energiebedarf wird sich mit zunehmendem<br />

Wirtschaftswachstum – bei Wachstumsraten der Energienachfrage<br />

von teilweise 15 % jährlich (GBEP, 2008) – bis<br />

zum Jahr 2030 trotz Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz<br />

mehr als verdoppeln. Dies hat seine Ursache<br />

nicht zuletzt im steigenden Verkehrsaufkommen (IEA,<br />

2007d; Weyerhaeuser et al., 2007). China wird versuchen,<br />

den rasant steigenden Energiebedarf auch in Zukunft<br />

möglichst durch nationale Produktion zu decken. Mit Ausnahme<br />

von Öl ist dies möglich, da die Kohlevorräte groß<br />

<strong>und</strong> andere Potenziale wie etwa Wind- <strong>und</strong> Wasserkraft bei<br />

weitem nicht ausgeschöpft sind.<br />

Die Versorgungslage bei der Stromerzeugung, welche<br />

zu 80 % auf Kohle <strong>und</strong> zu 16 % auf Wasserkraft basiert,<br />

ist strukturell bedingt sehr unterschiedlich <strong>und</strong> die Netzverluste<br />

sind hoch. Besonders ländliche Regionen sind mit<br />

Elektrizität unterversorgt. Die ländliche Energieversorgung<br />

beruht zu einem Großteil auf kleinen Wasserkraftwerken<br />

<strong>und</strong> auf traditioneller Biomassenutzung. Zur Verbesserung<br />

der ländlichen Energieversorgung wurden seit 1975 ca. 17<br />

Mio. Biogasanlagen in ländlichen Regionen installiert, die<br />

mit biologischen Abfällen betrieben werden können (GTZ,<br />

2006, 2007a). Aber auch bei der modernen Nutzung von<br />

<strong>Bioenergie</strong> ist China auf dem Vormarsch. Es gibt bereits<br />

einige Anlagen zur Stromproduktion aus Biomasse, die im<br />

Jahr 2006 insgesamt 2 GW Strom produzierten (REN21,<br />

2008). Der Strom wurde hauptsächlich aus Bagasse gewonnen<br />

<strong>und</strong> diente in vielen Fällen der Zuckerindustrie zur<br />

Selbstversorgung. Darüber hinaus gibt es Produktionsanlagen<br />

für Bioethanol aus Getreide. Insgesamt ist China der<br />

weltweit größte Nutzer von <strong>Bioenergie</strong> (9 EJ im Jahr 2005)<br />

vor Indien, den USA <strong>und</strong> Brasilien (GBEP, 2008). Dabei<br />

nutzt das Land nur einen Bruchteil seines <strong>Bioenergie</strong>potenzials.<br />

Möglichkeiten zur besseren Ausschöpfung des Potenzials<br />

bestehen vor allem bei der Nutzung von organischen<br />

Stoffen in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen mit Dampfturbinen<br />

<strong>und</strong> bei der Verstromung von Biogas in Gasmotoren<br />

(GTZ, 2007a).<br />

Offizielles Ziel der Regierung ist es, bis 2020 15 % der<br />

Primärenergie aus regenerativen Energien (ohne tradi-<br />

tionelle Biomasse) zu erzeugen. Strom aus Biomasse soll<br />

einen Beitrag von 20 GW zur Erreichung des Ziels leisten<br />

(GBEP, 2008). Bis 2020 sollen außerdem 13 Mrd. l Bioethanol<br />

<strong>und</strong> 2,3 Mrd. l Biodiesel pro Jahr produziert werden, um<br />

die Importabhängigkeit von Rohöl zu reduzieren. China ist<br />

mit ca. 1–3 Mrd. l Bioethanol im Jahr 2006 der drittgrößte<br />

Ethanolproduzent nach den USA <strong>und</strong> Brasilien. Biodiesel<br />

wurde im Jahr 2006 in weitaus geringerem Umfang (etwa<br />

70–100 Mio. l) produziert, vorwiegend aus Altöl (GBEP,<br />

2008; REN21, 2008). Der Grossteil des Ethanols (über<br />

80 %) wird aus Mais gewonnen, aber auch Maniok, Reis,<br />

Zucker <strong>und</strong> Zellstoffabfälle dienen als Rohstoffe. Für die<br />

Biodieselproduktion bieten sich neben Altöl noch Raps-,<br />

Sonnenblumen-, Soja- <strong>und</strong> Erdnussöl an (GTZ, 2006). Im<br />

Südwesten des Landes in den Provinzen Guizhou, Sichuan<br />

<strong>und</strong> Yunnan ist zudem der Anbau von Jatropha zur Biodieselerzeugung<br />

auf bis zu 15 Mio. Hektar geplant (Weyerhaeuser<br />

et al., 2007). Zusätzliche 3 Mio. t Biodiesel könnten<br />

künftig auch aus Altöl bzw. minderwertigen Nebenprodukten<br />

aus der Speiseölherstellung gewonnen werden, wobei<br />

kurzfristig nicht mit einer ausreichenden Logistik zur Nutzung<br />

dieser Rohstoffe zu rechnen ist (GTZ, 2006). Weiterhin<br />

plant China, künftig Biodiesel aus holzartiger Biomasse<br />

zu gewinnen (GBEP, 2008).<br />

China ist flächenmäßig das viertgrößte Land der Erde.<br />

Allerdings sind nur 10 % der Landfläche landwirtschaftlich<br />

nutzbar. 27 % des Landes sind Wüsten <strong>und</strong> ein weiterer<br />

großer Teil sind marginale Bergregionen. Wälder machen<br />

16,5 % des Landes aus. Die Desertifikation nimmt aufgr<strong>und</strong><br />

von Übernutzung stetig zu. Die Bewässerungseffizienz<br />

liegt in China noch immer bei 45 % im Vergleich zu<br />

70 % in Industrieländern (GTZ, 2006). Daraus kann ein<br />

Konflikt der <strong>Bioenergie</strong>förderung mit der Nahrungsversorgung<br />

<strong>und</strong> der Wasserverfügbarkeit erwachsen. Momentan<br />

kann sich China noch selbst mit Getreide versorgen, könnte<br />

aber schon bald auf Importe angewiesen sein, wie es heute<br />

bereits bei Soja – aufgr<strong>und</strong> der steigenden Nachfrage nach<br />

Fleisch – der Fall ist. Vorrangiges Ziel Chinas ist deshalb<br />

auch in der <strong>Bioenergie</strong>politik die Nahrungsmittelsicherheit,<br />

da trotz gestiegener Produktivität die Nachfrage ansteigt<br />

<strong>und</strong> Versorgungsengpässe absehbar sind (GTZ, 2006).<br />

Da die Getreidepreise in China extrem gestiegen waren,<br />

hat die Regierung die Ethanolproduktion aus Getreide im<br />

Jahr 2007 verboten, um einen weiteren Preisanstieg zu verhindern<br />

(Weyerhaeuser et al., 2007). Stattdessen sollen neue<br />

Quellen für die Ethanolerzeugung genutzt werden, wie etwa<br />

Hirse, Maniok <strong>und</strong> Zellulose. Die Anstiege der Getreidepreise<br />

trugen jedoch auch zur Verbesserung landwirtschaftlicher<br />

Einkommen bei. Zudem wird angenommen, dass die<br />

energetische Nutzung land- <strong>und</strong> forstwirtschaftlicher Produkte<br />

in China 9,2 Mio. Arbeitsplätze schaffen könnte, was<br />

die Einkommenssituation der ländlichen Bevölkerung <strong>und</strong><br />

damit auch deren Zugang zu Nahrungsmitteln verbessern<br />

würde (GTZ, 2006). Gemäß Abschätzungen der GTZ (2006)<br />

stehen für die Biokraftstoffproduktion zudem Landflächen<br />

zur Verfügung, die nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion<br />

stehen. Für die Bioethanolproduktion sind in<br />

einem optimistischen Szenario 7,6 Mio. ha <strong>und</strong> für die Biodieselproduktion<br />

67,5 Mio. ha Land geeignet. Somit kann<br />

<strong>Bioenergie</strong> zumindest teilweise zur Deckung des steigenden<br />

Energiebedarfs in China beitragen. Die Nutzungskonkurrenz<br />

zwischen <strong>Bioenergie</strong> <strong>und</strong> Nahrungsmittelproduktion<br />

muss jedoch sorgfältig beobachtet werden.

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