Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
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stoffe oder Holzpellets als auch die Art der Anwendung,<br />
etwa in der Mobilität, in der Heizung oder in<br />
der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), einen wichtigen<br />
Einfluss. Dieser fällt allerdings in der Regel<br />
weniger ins Gewicht als der Beitrag, der durch<br />
direkte oder indirekte <strong>Landnutzung</strong>sänderungen<br />
als Folge der Produktion der <strong>Bioenergie</strong>träger ausgelöst<br />
werden. Bei der Anwendung im Energiesystem<br />
ist entscheidend, welcher Energieträger durch<br />
die Biomasse ersetzt wird <strong>und</strong> wie groß die Verluste<br />
im Konversionspfad sind. Die geschickte Einbindung<br />
der <strong>Bioenergie</strong> in die bestehenden Energiesysteme<br />
<strong>und</strong> deren Beitrag zu einem <strong>nachhaltige</strong>n Umbau<br />
der Energiesysteme ist also von großer Bedeutung.<br />
Die Maximierung der Klimaschutzwirkung sollte<br />
vor allem in Industrieländern, aber auch in den sich<br />
rasch entwickelnden urbanen <strong>und</strong> industrialisierten<br />
Regionen von Schwellen- <strong>und</strong> Entwicklungsländern<br />
im Vordergr<strong>und</strong> stehen, eingeschränkt aber auch in<br />
Entwicklungsländern. Zwar haben Entwicklungs-<br />
<strong>und</strong> Schwellenländer noch keine internationalen<br />
Verpflichtungen zur quantitativen Begrenzung ihrer<br />
Treibhausgasemissionen. Trotzdem ist auch in diesen<br />
Ländern der Aufbau möglichst moderner, energieeffizienter<br />
<strong>und</strong> kostengünstiger Technologien voranzutreiben<br />
<strong>und</strong> damit der Klimaschutz eine wichtige<br />
Richtschnur.<br />
Für die Überwindung der Energiearmut (Kap.<br />
9.2.2) geht es zunächst um die Modernisierung<br />
der traditionellen <strong>Bioenergie</strong>nutzung <strong>und</strong> um den<br />
Zugang zu modernen Energieformen wie Strom<br />
<strong>und</strong> Gas. Beides sind Herausforderungen, die vor<br />
allem in den ländlichen Regionen von Entwicklungsländern<br />
im Vordergr<strong>und</strong> stehen. Eine positive Klimaschutzwirkung<br />
kann <strong>Bioenergie</strong> auch in diesem<br />
Umfeld erreichen.<br />
9.2.1<br />
Klimaschutz<br />
9.2.1.1<br />
Minderung von Treibhausgasen durch<br />
<strong>Bioenergie</strong>nutzung: Messung <strong>und</strong> Standardsetzung<br />
Zur Messung des Beitrags der <strong>Bioenergie</strong> zum Klimaschutz<br />
wird bislang vielfach der Parameter „prozentuale<br />
Treibhausgasminderung gegenüber einem<br />
Referenzsystem bezogen auf die End- bzw. Nutzenergie“<br />
verwendet (z. B. in den vom Rat der Europäischen<br />
Union vorgeschlagenen Nachhaltigkeitskriterien<br />
für flüssige Biokraftstoffe im Rahmen der<br />
geplanten EU-Richtlinie zur Förderung erneuerbarer<br />
Energien; Kasten 10.3-2). Dieser Parameter<br />
beschreibt die Klimaschutzwirkung, die durch die<br />
Wandlung, Anwendung <strong>und</strong> Einbindung von <strong>Bioenergie</strong> 9.2<br />
Produktion einer bestimmten Menge an Energie<br />
durch Biomasse erzielt werden kann, ohne zu hinterfragen,<br />
welche Menge an Biomasse zur Erzeugung<br />
dieser Energie notwendig ist. Der begrenzende Faktor<br />
für den Klimaschutz durch Biomasse ist jedoch<br />
nicht die nachgefragte Energie, die potenziell durch<br />
<strong>Bioenergie</strong> ersetzt werden könnte, sondern die<br />
Menge an nachhaltig verfügbarer Biomasse.<br />
Der WBGU hält für den Vergleich der Klimaschutzwirkung<br />
verschiedener Nutzungsoptionen<br />
von Biomasse daher das absolute Treibhausgasminderungspotenzial<br />
bezogen auf die Anbaufläche bzw.<br />
bezogen auf die Menge an eingesetzter Biomasse für<br />
maßgeblich (Abb. 7.3-3a,b <strong>und</strong> 7.3-4). Diese beiden<br />
Parameter bilden auch eine gute Gr<strong>und</strong>lage für die<br />
Standardsetzung (Kap. 7.3.2). Konkret empfiehlt der<br />
WBGU, dass <strong>Bioenergie</strong> nur dann genutzt werden<br />
sollte, wenn über den gesamten Lebenszyklus, einschließlich<br />
der Emissionen aus direkten <strong>und</strong> indirekten<br />
<strong>Landnutzung</strong>sänderungen, eine Treibhausgasminderung<br />
von mindestens 30 t CO 2 eq pro TJ eingesetzter<br />
Rohbiomasse erreichbar ist (Kap. 10.3.1.1;<br />
Tab. 9.2-1). Im Biokraftstoffbereich entspricht eine<br />
solche Vorgabe in etwa der Anforderung, die Emissionen<br />
bezogen auf die Endenergie um 50 % gegenüber<br />
dem fossilen Referenzsystem zu senken. Als<br />
Voraussetzung für eine staatliche Förderung schlägt<br />
der Beirat den doppelten Wert von mindestens 60 t<br />
CO 2 eq pro TJ eingesetzter Rohbiomasse vor (Kap.<br />
10.3.1.2). Dieser Zahlenwert entspricht gut der<br />
Hälfte der nach heutigen Technologien erreichbaren<br />
Klimaschutzwirkung (Kap. 7.3.2). Der WBGU<br />
betont, dass ein Standard, der eine bestimmte Klimaschutzwirkung<br />
von <strong>Bioenergie</strong>nutzung vorschreibt,<br />
als eine Übergangslösung zu betrachten ist. Nicht<br />
zuletzt haftet solchen quantitativen Vorgaben eine<br />
gewisse Willkür in der Festlegung des Zahlenwerts<br />
an. Gr<strong>und</strong>sätzlich ist daher ein globales System verpflichtender<br />
Begrenzungen von Treibhausgasemissionen<br />
anzustreben, das alle relevanten Quellen inklusive<br />
aller Emissionen aus <strong>Landnutzung</strong> <strong>und</strong> <strong>Landnutzung</strong>sänderungen<br />
umfasst (Kap. 10.2).<br />
9.2.1.2<br />
Berücksichtigung indirekter<br />
<strong>Landnutzung</strong>sänderungen<br />
Der Beirat hält die Berücksichtigung der Emissionen<br />
aus indirekten <strong>Landnutzung</strong>sänderungen bei der<br />
Bilanzierung der Klimaschutzwirkung von <strong>Bioenergie</strong><br />
für unverzichtbar. Die Quantifizierung dieser<br />
Effekte steht wissenschaftlich noch am Anfang, so<br />
dass es derzeit noch keine anerkannte Methode gibt,<br />
die auf einem wissenschaftlichen Konsens beruht.<br />
Dennoch ist es notwendig, die Emissionen aus indi-<br />
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