Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
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286 10 Globale <strong>Bioenergie</strong>politik<br />
10.7<br />
Staatliche Förderung der <strong>Bioenergie</strong>: Agrar- <strong>und</strong><br />
industriepolitische Maßnahmen<br />
Staatliche Förderpolitiken in Industrie- <strong>und</strong> Entwicklungsländern<br />
beeinflussen Art <strong>und</strong> Ausmaß der<br />
<strong>Bioenergie</strong>nutzung maßgeblich. Entlang der gesamten<br />
Produktions- <strong>und</strong> Wertschöpfungskette kommen<br />
verschiedene fördernde ordnungsrechtliche <strong>und</strong> fiskalische<br />
Instrumente zum Einsatz. Im Wesentlichen<br />
geht es darum, eine Förderung von nicht<strong>nachhaltige</strong>r<br />
Produktion <strong>und</strong> Nutzung von <strong>Bioenergie</strong> zu beseitigen<br />
<strong>und</strong> zugleich besonders <strong>nachhaltige</strong> Anbau-<br />
<strong>und</strong> Nutzungspfade zu fördern. Dabei sollte das<br />
Augenmerk nicht allein auf die direkte Förderung<br />
des <strong>nachhaltige</strong>n Anbaus von Energiepflanzen, die<br />
Mobilisierung von organischen Abfällen <strong>und</strong> Reststoffen<br />
sowie die Erleichterung des Marktzugangs<br />
biogener Energieträger oder bestimmter Konversions-<br />
<strong>und</strong> Nutzungstechnologien gerichtet sein. Vielmehr<br />
gilt es auch kritisch zu beleuchten, welche indirekten<br />
Anreize oder sogar Fehlanreize von anderen<br />
Politikmaßnahmen auf den Einsatz von <strong>Bioenergie</strong><br />
ausgehen. Gr<strong>und</strong>sätzlich sollte eine Vielzahl von<br />
z. B. umwelt-, energie-, agrar- <strong>und</strong> wirtschaftspolitischen<br />
Maßnahmen <strong>und</strong> Rahmensetzungen darauf<br />
hin geprüft werden, welchen Einfluss sie auf die Wahl<br />
der (Bio-)Energieträger <strong>und</strong> Nutzungspfade ausüben.<br />
Der WBGU geht dazu beispielhaft auf einige<br />
wesentliche Bereiche ein, nämlich Maßnahmen zur<br />
Internalisierung externer Klimaeffekte, speziell den<br />
Emissionshandel <strong>und</strong> den internationalen klimapolitischen<br />
Rahmen (Kap. 10.7.1) sowie auf Energiesubventionen<br />
(Kap. 10.7.7.3).<br />
10.7.1<br />
Förderung von <strong>Bioenergie</strong>pfaden durch den<br />
klimapolitischen Rahmen<br />
Im Hinblick auf die Klimaschutzwirkung der <strong>Bioenergie</strong><br />
(Kap. 7.3) sind die klimapolitischen Rahmensetzungen<br />
auf internationaler <strong>und</strong> nationaler Ebene von<br />
besonderer Bedeutung. Bisher unterliegen vor allem<br />
energieintensive Industriesektoren in Industrieländern<br />
<strong>und</strong> zunehmend auch in Schwellenländern<br />
nationalen Gesetzgebungen zum Klimaschutz. Um<br />
global <strong>und</strong> sektorübergreifend wirksame Anreize für<br />
eine effiziente Vermeidung von Treibhausgasemissionen<br />
zu setzen, müssten idealerweise alle Emissionen<br />
in allen Ländern <strong>und</strong> aus allen Sektoren erfasst werden.<br />
Außerdem müssten alle Emissionen im Rahmen<br />
von Emissionshandelssystemen begrenzt bzw. durch<br />
Abgaben so belastet werden, dass die externen Klimakosten<br />
der Emissionen vollständig internalisiert<br />
wären, d. h. die einzelnen Emittenten würden durch<br />
den Kauf von Zertifikaten oder durch Abgaben die<br />
gesamten Kosten ihrer Emissionen tragen. Damit<br />
nähme die Wettbewerbsfähigkeit von <strong>Bioenergie</strong>pfaden<br />
mit hoher Klimaschutzwirkung zu. Darüber<br />
hinausgehende Fördermaßnahmen für <strong>nachhaltige</strong><br />
<strong>Bioenergie</strong>nutzungspfade wären ebenso wie die<br />
Förderung anderer <strong>nachhaltige</strong>r erneuerbarer Energien<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich nicht erforderlich. Eine staatliche<br />
Förderung ließe sich dann lediglich in gut begründeten<br />
Einzelfällen rechtfertigen, etwa bei Technologien<br />
mit sehr hohem Treibhausgaseinsparpotenzial <strong>und</strong><br />
hohen Lernkurveneffekten, jedoch zugleich hohen<br />
Anfangskosten, die den Markteintritt hemmen. Alles<br />
in allem könnte sich der Staat aus der gezielten Förderung<br />
von klimaschutzwirksamen Energiepfaden<br />
einschließlich <strong>Bioenergie</strong>pfaden heraus halten. Die<br />
Auswahl der Energiepfade würde stattdessen maßgeblich<br />
durch die Preise auf dem (globalen) Kohlenstoffmarkt<br />
bestimmt.<br />
Die skizzierte idealtypische Umsetzung eines sektorübergreifenden<br />
internationalen Emissionshandels<br />
ist aus politischen Gründen nicht absehbar.<br />
Aber auch andere Barrieren stehen dem entgegen:<br />
Die Zuordnung aller im <strong>Bioenergie</strong>bereich anfallenden<br />
Emissionen auf einzelne Emittenten <strong>und</strong> vor<br />
allem die Integration solcher Emissionen in ein allgemeines<br />
Handelssystem, in dem Individuen Emissionsrechte<br />
handeln, dürfte kaum praktikabel sein<br />
oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten <strong>und</strong><br />
Eingriffen. Dennoch muss es das Ziel sein, langfristig<br />
einen klimapolitischen Rahmen zu schaffen, in dem<br />
die externen Kosten der Energiepfade von der Wiege<br />
bis zur Bahre der Energieträger vollständig internalisiert<br />
werden. Ein erster Schritt dorthin im Zusammenhang<br />
mit <strong>Bioenergie</strong> ist, dass Fehlanreize durch<br />
die Erfassungs- <strong>und</strong> Anrechnungsverfahren in bestehenden<br />
Systemen zur Emissionsregulierung beseitigt<br />
werden.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der derzeitigen Erfassungs- <strong>und</strong> Anrechnungsregelungen<br />
der UNFCCC, wonach Emissionen<br />
aus der Verbrennung von Energiepflanzen nicht dem<br />
Ort <strong>und</strong> Sektor der Emission angerechnet werden,<br />
ergibt sich eine indirekte Förderung von Nutzungen<br />
der <strong>Bioenergie</strong>, die klimaschädlich sind (Doornbosch<br />
<strong>und</strong> Steenblik, 2007). Um solche kontraproduktiven<br />
Förderungen von <strong>Bioenergie</strong> zurückzuführen,<br />
müssen die UNFCCC-Verfahren zur Erfassung<br />
<strong>und</strong> Anrechnung biogener CO 2 -Emissionen reformiert<br />
werden (Kap. 10.2). Auf nationaler bzw. europäischer<br />
Ebene sollten derartige Anrechnungslücken<br />
zügig geschlossen werden. Solange die Anrechnungsverfahren<br />
für biogene Treibhausgasemissionen<br />
in z. B. Emissionshandelssystemen nicht entsprechend<br />
entwickelt oder angepasst sind, sollten zumindest<br />
Nachhaltigkeitsstandards für <strong>Bioenergie</strong> konzipiert<br />
<strong>und</strong> umgesetzt werden, die sicherstellen, dass